Was du nicht weißt: Roman (German Edition)
hatte er sich auf ein fachmännisches Scharmützel gefreut, doch dafür war Detective Inspector Waterhouse in ihrer undurchdringlichen Art wohl ungeeignet. Mit dieser Frau machte es einfach keinen Spaß. Also musste er sie nun doch so lange einer Kanonade von Paragrafen aussetzen, bis sie nachgab.
»Juristisch gesehen müssen Sie die beiden Ermittlungsteile sogar voneinander trennen«, belehrte er sie mit geschliffener Eloquenz. »Die Rolle der erwähnten Zeugen lässt sich in diesem Zusammenhang problemlos vereinzeln. Damit später ein Verfahrensfehler Ihrerseits ausgeschlossen werden kann, bedarf es darüber hinaus der Berücksichtigung folgender Paragrafen …«
Mit spielerischer Leichtigkeit begann er mit den Paragrafen zu jonglieren, als seien sie nur für ihn gemacht. Fast eine Viertelstunde lang zwang er Jane Waterhouse, seinen Wortkaskaden stumm zuzuhören. Wie immer, wenn etwas nicht nach ihrem Willen ging, wirkte sie eisig. Aber das störte ihn nicht.
Nachdem er sie endlich aus seinen Klauen gelassen hatte, verzog sie sich kommentarlos in einen Nebenraum, wo sie endlos lange telefonierte.
Als sie zurückkehrte, hatte Willingham auch seine zweite Schlacht gewonnen.
»Die Staatsanwaltschaft hat der Akteneinsicht zugestimmt«, sagte sie seltsam müde. Sie wirkte wie ein Fisch an der Angel, der aufgehört hatte zu kämpfen. »Wenn Sie gleich hier warten wollen, ich lasse Ihnen die Ordner herunterbringen.«
»Vielen Dank.«
»Mich müssen Sie allerdings entschuldigen. Ich habe gleich einen wichtigen Termin.«
»Selbstverständlich. Und grüßen Sie bitte Ihren Bruder, wenn Sie mal wieder mit ihm telefonieren.«
Es war nur ein Waffenstillstand, das wussten beide. Doch Willingham war nicht wählerisch. Solange er ihm half, war ihm selbst ein brüchiger Frieden willkommen.
Schon eine Viertelstunde später wühlte er sich durch den Aktenberg. Die Luft im fensterlosen Raum war so stickig, dass er seine Krawatte lockern musste, um durchatmen zu können. Mit sicherem Blick erkannte er sofort, was wichtig und was unwichtig war. Anerkennend stellte er fest, dass Detective Inspector Waterhouse alles in allem sorgfältig ermittelt hatte.
Im zweiten Ordner fand er schließlich, was er suchte. Die Vernehmungsprotokolle der beiden Zeugen waren aneinandergeheftet.
Als er ihre Namen las, war er mehr als überrascht.
Es war nahezu unglaublich.
Schon vier Stunden nach der hässlichen Szene mit Harold Conway war Constance wieder auf freiem Fuß. Sie meldete sich umgehend bei Emily. Alle ihre Angaben waren überprüft worden. Jedes Detail hatte gestimmt. Jetzt wünschte sie sich nur noch ein heißes Bad und viel Schlaf.
Emily bot ihr wieder das Gästezimmer in ihrem Cottage an, doch Constance wollte in Debbies Wohnung bleiben. Sie hatte das dringende Bedürfnis, allein zu sein und ein bisschen zur Ruhe zu kommen, was Emily gut verstand. Also verabredeten sie sich für den nächsten Abend.
Voller Dankbarkeit darüber, dass ihr Vertrauen in Constance nicht enttäuscht worden war, beschloss Emily, wieder einen Schritt auf Harold zuzugehen. Sie hatten beide falsch reagiert.
Sie schaltete ihren Computer ein, suchte seine E-Mail-Adresse heraus und schrieb ihm:
Lieber Harold,
warum lässt uns der normannische Stursinn bloß so impulsiv sein? Hast Du eine Antwort?
Sorry!
Deine Emily
Schon zehn Minuten später war seine Antwort da.
Liebe Emily,
Dein Glück ist, dass Du wegen Constance Farrow recht hattest. Und über Deine Frage muss ich erst noch nachdenken. Du bist mir zu schnell.
Ebenfalls sorry!
Dein Harold
Emily dachte gerade noch darüber nach, ob diese Zeilen wirklich so friedfertig waren, wie sie sich auf den ersten Blick lasen, da klingelte ihr Telefon.
Es war wieder einmal Helen. Sie klang hochdramatisch. Ihre Stimme schien aus einem hallenden Keller zu kommen. »Emily? Ich weiß einfach nicht mehr weiter! Du musst mir helfen.«
Emily ließ sich nicht nervös machen. »Wo bist du denn?«
»Im Keller.«
Dann wusste sie schon, worum es ging. Helen suchte wieder mal irgendwas. Das hatte jedoch weniger mit dem zunehmenden Alter zu tun, wie Helen immer besorgt meinte, sondern allein mit der Tatsache, dass sie ihren Lavendelpark allein betrieb und sich viel zu viel zumutete.
»Was ist denn los?«
»Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist: Alfred und ich fahren doch nicht nach Sark, sondern nach Paris!«
»Glückwunsch!«, sagte Emily. »Und die schlechte?«
»Ich suche meinen Pass
Weitere Kostenlose Bücher