Was es heißt, in den Krieg zu ziehen
ist bereit, wieder Teil der Gemeinschaft zu werden. Er setzt sich auf Conchobors Knie, nicht auf den Thron und ganz sicher nicht auf den Boden, und dort ist fortan sein Platz. [75]
Können Sie sich vorstellen, wie viel Mut eine Frau haben muss, um sich nackt und schutzlos einem wütenden, kochenden Krieger wie Cú Chulainn in den Weg zu stellen? Auf einer leeren Ebene, vom Meer weht ein kalter, nasser Wind heran, lässt die nackten Beine frieren, überzieht den Rücken mit einer Gänsehaut. Da steht sie, Mugain, nackt vor groben, hölzernen Mauern, mit den Füßen im Morast, und der König hat nichts aufzubieten, was er dem anstürmenden Krieger entgegensetzen könnte, einem Mann, der alles töten kann, was sich ihm in den Weg stellt, einem Mann, der vor Kampfeswut zittert, und selbst die Luft über ihm mit dem Flügelschlag der Schwäne ist seine Gefangene, der Hirsch hinter ihm birgt die Kraft aller Jagdopfer, die je an seinen Wagen gebunden wurden, und doch steht sie da, schlank und aufrecht, oder vielleicht auch dick und ein bisschen dumm dreinblickend, aber sie steht da, verletzlich, offen. Und betäubt ihn, so wie er die Schwäne mit einer Steinschleuder betäubt hat.
Wir verstehen diesen weiblichen Mut nicht mehr, ja, wir verleugnen ihn.
Können Sie sich Cú Chulainn vorstellen, wie er vor den Toren eines modernen amerikanischen Emain Macha wütet? Der König ist hinter den Mauern, bebt vor Angst und ruft nach der Königin. Sie ist Anwältin. »Wir erwirken eine einstweilige Anordnung gegen ihn«, sagt sie. »Er kann nicht einfach so wüten und uns beleidigen und bedrohen.«
Der König, der Angst hat, seiner Frau zu widersprechen, weil sie ihm vorwerfen könnte, gefühllos zu sein oder seine männliche Position auszunutzen, denkt sich: Gute Idee, Mugain. Aber ist Cú Chulainn nicht der Mann, den wir gerufen haben, um die Befehle des Hofes durchzusetzen?
Das Entblößen der Brüste vor den Augen des heimkehrenden Kriegers könnte heute viele Formen haben. Mir reichte es, dass mir die jungen Frauen Tee einschenkten. Nackte Brüste symbolisieren nährende Milch, Kinder, Familie, Gemeinschaft, Leben. Am Ende ist die Brust, an der wir als Baby gelegen haben, die vollkommene Verkörperung unseres Zuhauses.
Zu viele Veteranen, aus Vietnam, aber auch aus Afghanistan und dem Irak, warten immer noch darauf, nach Hause zu kommen. Nehmen Sie Raymond, der als Marine in Vietnam war und heute Immobilien verkauft. Er ist ein wirklich großer Kerl. Sie können immer nur eine Hälfte von ihm umarmen. Und doch enthält dieser Klotz ein allen Stereotypen widersprechendes Feingefühl.
Ich war während der Feiertage auf einer Party bei Raymond. Kinder tobten durch das Haus, warfen sich einen Football zu und tanzten um eine Piñata. Im Wohnzimmer steckten die Erwachsenen feierlich Neujahrskerzen an, während die Kinder rein- und rausliefen. Einige nahmen teil, andere nicht.
Ich war in der Küche, dem Auge des Sturms, und unterhielt mich mit Raymonds Frau Dee. Sie und meine erste Frau hatten beide die nicht ungewöhnliche, zutiefst verstörende Erfahrung gemacht, was es heißt, mit einem Mann mit einer posttraumatischen Belastungsstörung zusammenzuleben, ohne zu wissen, wo der Wahnsinn herkommt. Diese Frauen sind Kämpferinnen in einem anderen Krieg. Jeder Veteran, der eine Scheidung durchmacht, hat eine Frau, der es nicht anders geht. Jeder Veteran, der sich allein im Keller verkriecht, hat oben im Haus eine verwirrte, isolierte Frau, die an der dunklen Wolke verzweifelt, die über ihr und dem Familienleben hängt. Über Jahre hat die Gesellschaft dieses Problem nicht erkannt und Familien mit Veteranen, die unter PTBS litten, alleingelassen, hat ihnen ihr Verständnis versagt und sie ausgegrenzt.
Dee und Raymond waren gerade zum zehnjährigen Jubiläum des Vietnam-Memorials in Washington, D.C., gewesen. Ich fragte sie, wie es gewesen sei. Sie sah schnell zur Tür hin und kontrollierte die Flanken. »Ziemlich gut, bis zur Parade.«
»Die haben eine
Parade
veranstaltet?«
»Nun, du weißt schon, nach Bundesstaaten geordnet. Mitten durch die Stadt sind sie marschiert.«
Ich hörte zu.
»Raymond hatte damit gerechnet, dass Leute auf den Bürgersteigen stünden. Die Zeitungen waren voll gewesen mit Artikeln zum Jubiläum. Nach dem Golfkrieg hat sich die Haltung gegenüber Veteranen schließlich verändert. Und es waren sehr viele von euch da. Es schien ein großer Erfolg zu werden.« Sie stellte den Wasserhahn an und
Weitere Kostenlose Bücher