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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
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zur leichten Wölbung seiner vornehmen Nase. Und noch eine Seite weiter vorn schauten mir seine Augen reserviert und unnahbar entgegen.
    Ich hatte Angst weiterzublättern. Ich brauchte wirklich dringend Hilfe.
    Ich schob das Skizzenbuch in meine Tasche, sah verstohlen über die Schulter und hoffte, dass niemand etwas gesehen hatte. Auf halbem Weg zum Matheunterricht tippte mir irgendwer leicht auf den Rücken. Doch als ich mich umdrehte, war keiner da. Ich schüttelte den Kopf. Plötzlich hatte ich das merkwürdige Gefühl, durch den Traum eines anderen zu schweben.
    Alsich im Unterrichtsraum von Mr Walsh ankam, begannen alle um mich herum zu lachen. Einige Jungs pfiffen sogar. Lag es daran, dass ich endlich eine Schuluniform trug? Ich wusste es nicht. Meine Hände zitterten, also ballte ich sie zu Fäusten, als ich mich neben Jamie niederließ. In diesem Moment hörte ich hinter mir Papier rascheln. Papier, das an meinem Rücken klebte.
    Dann hatte mich vorhin also tatsächlich jemand berührt. Das zumindest war nicht halluziniert. Ich griff mir auf den Rücken und riss ein Blatt ab, auf das jemand das Wort »Schlampe« gekritzelt hatte. Das leise Kichern verwandelte sich in Gelächter. Jamie sah verwirrt auf, als ich das Blatt in der Hand zerknüllte. Anna warf den Kopf in den Nacken und brüllte vor Lachen.
    Ohne nachzudenken öffnete ich die Faust und legte mir die Papierkugel auf die flache Hand.
    Dann schickte ich sie Anna ins Gesicht.
    »Sehr fantasievoll«, sagte ich, als die Kugel ins Ziel traf. Annas Wangen färbten sich rot, dann schwoll ihr auf der Stirn eine Ader an. Sie machte den Mund auf, um mir eine Beleidigung an den Kopf zu werfen, doch Mr Walsh schnitt ihr das Wort ab, ehe sie loslegen konnte. Treffer.
    Jamie schlug mir grinsend auf die Schulter, sobald der Unterricht zu Ende war. »Gut gemacht, Mara.«
    »Danke.«
    Auf dem Weg zur Tür schob sich Aiden an Jamie vorbei und stieß ihn mit der Schulter gegen den Türrahmen. Ehe er aus dem Raum ging, drehte er sich nochmals um.
    »Verpiss dich, du kleiner Wichser!«
    Jamie starrte ihm wütend nach und rieb sich die Schulter. »Dem sollte man ein Messer ins Auge rammen«, murmelte er, als Aiden verschwunden war. »Aber lassen wir die A-löcher mal beiseite, wie war deine erste Woche?«
    Ach, weißt du. Ich hab einen Toten gesehen. Den Verstand verloren. Das Übliche eben. »Gar nicht schlecht.«
    Jamie nickte. »Ziemlicher Unterschied zu deiner alten Schule, was?«
    Bei dieser Frage tauchte vor meinem inneren Auge ein Standbild von Rachel auf. »Ist das so offensichtlich?«
    »Jedenfalls ist nicht zu übersehen, dass du von einer staatlichen Schule kommst.«
    »Na, vielen Dank.«
    »Oh, das ist ein Kompliment. Ich sitze schon den Großteil meines Lebens mit diesen Dumpfbacken im Unterricht. Das ist nichts, worauf man stolz sein kann, glaub mir.«
    »Auf eine Privatschule zu gehen oder speziell auf die Croyden Academy?«, fragte ich, während wir uns seinem Schließfach näherten.
    »Nach allem, was ich von Freunden auf anderen Schulen weiß, ist diese Ansammlung von Dumpfbacken eine Besonderheit der Croyden. Anna zum Beispiel. Ihr IQ liegt knapp über dem von Knäckebrot und trotzdem darf sie mit ihrer Dummheit unseren ganzen Algebrakurs terrorisieren.«
    Ich beschloss, lieber nicht zu erwähnen, dass mich die Mathehausaufgaben wahrscheinlich genauso verwirrten wie Anna.
    »Die Höhe der Spenden, die deine Eltern der Schule zukommen lassen, verhält sich proportional zur Menge des Bockmists, den du hier verzapfen darfst«, erklärte Jamie, während er seine Bücher austauschte. Als sich ein Schatten vor die einfallenden Strahlen der Mittagssonne schob, hob ich den Kopf.
    Es war Noah. Wie immer stand der oberste Knopf seines Hemdes offen, die Ärmel waren achtlos aufgekrempelt und er hatte sich heute eine dünne Strickkrawatte umgehängt. Ich konnte gerade eben die schwarze Kordel erkennen, die er um den Hals trug und die unter seinem offenen Hemdkragen hervorlugte. Es stand ihm gut, sogar sehr gut, trotz der Schatten unter seinen Augen. Seine Frisur war so wirr wie eh und je, als er sich mit der Hand über das stoppelige Kinn strich. Ich wurde rot, als er mich dabei erwischte, wie ich ihn anstarrte. Er grinste und ging dann wortlos davon.
    »So fängt es immer an«, seufzte Jamie.
    »Halt die Klappe.« Ich drehte mich um, damit er nicht sah, dass die Röte in meinem Gesicht eine noch tiefere Färbung annahm.
    »Ich würde ja Beifall klatschen, wenn er

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