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Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
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flüchtige Berührung ihres Handgelenks, erfüllte sie mit unbeschreiblicher Freude. Kate las die zwei Seiten an diesem Tag mindestens zwanzigmal. Das Lesen dieses Briefes würde in Zukunft zu einem festen Bestandteil ihres Tagesablaufs werden.
    Du meine Güte, Mum,
    beinahe drei Jahre, die so schnell vergangen sind. Francesca ist immer noch total verrückt, aber fantastisch, und sie erinnert mich oft an dich. Ich kann ein paar deiner Gesichtszüge bei ihr erkennen und umgekehrt. Vermutlich habe ich zuvor nie genügend Zeit mit ihr verbracht, um diese Ähnlichkeiten zu bemerken. Sie hat die gleiche Stimme wie du, und am Anfang, als ich hierhergekommen bin, war ich jedes Mal völlig durcheinander, wenn ich sie am Telefon gehört habe oder wenn sie mich zum Essen gerufen hat. Aber inzwischen habe ich mich daran gewöhnt, und manchmal tue ich einfach so, als wärst du unten und würdest mir mein Essen kochen, und dann muss ich lächeln.
    Kate hielt inne, um sich die Tränen aus den Augen zu wischen, die ihre Sicht trübten. Sie dachte an die unzähligen Male zurück, die sie die Treppe hinauf gerufen hatte: »Kinder, das Abendessen ist fertig!« Daran, wie sie die beiden dann entweder lachend oder miteinander streitend die Treppe heruntertrampeln gehört hatte. Wie sehr sie es vermisste, ihnen ihre Mahlzeiten aufzutischen, ihr Stöhnen zu hören, zuzusehen, wie sie sich ihr Essen schmecken ließen, Getränke auf dem Tischtuch verschütteten und mit ihren Schuhen auf dem Holzfußboden herumschrammten.
    Das College ist fantastisch! Ich lerne jede Menge, und wenn sie mir neue Aufgaben zuteilen, denke ich, ja, super! Während viele meiner Freunde von der Arbeitsbelastung einfach angepisst sind. Ich denke, das bedeutet, dass ich die Kunst mehr liebe als sie. Es heißt, ich bin recht gut, vor allem mit meiner Malerei, und das macht mich glücklich!
    Ich weiß, dass ich lang nicht geschrieben habe. Ich fange immer wieder Briefe an, schreibe sie aber nicht fertig. Ich hoffe, ich beende diesen hier. Falls nicht, dann versuche ich es nach einer Weile wieder. Ich finde es schwierig, Mum, ehrlich. Ich weiß nicht, wie ich dir schreiben soll, falls das irgendwie Sinn ergibt.
    »Ich weiß, mein Liebes, ich weiß, dass es schwierig ist, aber gib nicht auf, Lyds. Es bedeutet mir alles.«
    Kate war sich gar nicht bewusst, dass sie laut gesprochen hatte.
    »Hast du etwa Besuch?«, kreischte ihre Nachbarin durch den Korridor.
    Kate ignorierte sie. Sie unterhielt sich mit ihrer Tochter.
    Ich habe viel Zeit gebraucht, bis mir klar wurde, dass das, was passiert ist, Wirklichkeit und nicht nur ein böser Traum war. So hat es sich lang angefühlt. Ich bin in York zu einer Art Beraterin gegangen, und das hat mir geholfen. (Das hatte ich nicht für möglich gehalten, aber es war so. Dom will nicht hingehen, aber ich denke, das sollte er.) Es hat mir geholfen zu verstehen, dass Dad mein Dad war, egal, was er getan hat oder nicht. Ich vermisse ihn und trauere um ihn, weil er mein Dad war, und bevor das alles passiert ist, war er ein wunderbarer Dad. Ich war so stolz darauf, dass er der Direktor war. Dadurch habe ich mich in der Schule als etwas Besonderes gefühlt.
    Ich erinnere mich nur daran, in seiner Gegenwart wirklich glücklich gewesen zu sein, an nichts anderes. Ich trauere auch um dich, Mum. Du warst immer da und immer mit irgendetwas beschäftigt, obwohl mir das nicht bewusst war. Wie mein Hintergrundgeräusch. Jetzt fühlt sich meine Welt still an, weil ich dich verloren habe. Ich habe euch beide verloren.
    »Nein, das hast du nicht, mein Schatz. Ich bin doch hier!«
    Kates Stimme war ein angestrengtes Flüstern, weil ihre Stimmbänder vor Kummer ganz angespannt waren.
    Dom und ich reden manchmal darüber. Nicht ständig, wie du vielleicht vermutest, aber manchmal. Es ist, als hätten wir ein Geheimnis, und wenn wir darüber sprechen, dann flüstern wir. Falls wir es mit den Terminen und so hinkriegen, versuchen wir, dich in den Trimesterferien zu besuchen.
    Ich vermisse dich und hab dich lieb wie eh und je,
    Lyds xx
    Kate drückte sich das Blatt an die Brust, nahm die Worte in ihrem Herzen auf. Sie wusste, dass Lydia recht hatte: Euer Dad war euer Dad, egal, was er getan hat oder nicht. Sie würde niemals versuchen, ihre wunderbaren Kinder auf die eine oder andere Weise zu beeinflussen. Sie musste sie ihr ganzes Leben lang beschützen, und das würde sie wieder tun.
    Ein Satz leuchtete heller als alle anderen: »… versuchen wir, dich

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