Was habe ich getan?
Aran-Pullovern neben ihrem Vater auf umgedrehten Milchkästen saßen, mit butterverschmiertem Kinn, verbrannter Zunge und eisigkalten Zehen … Glückliche Kindertage.
Sie ging den Weg entlang auf das Haus zu. Der schwarze Rauch wehte wild über den Garten, und sie war froh, dass sie die Wäsche bereits hereingeholt hatte.
»Ach, Kathryn, da bist du ja.«
Er lächelte sie an. Wahrscheinlich brauchte er etwas: ein kaltes Getränk, ein Sandwich, einen Stuhl, einen Boxsack, wer konnte das schon wissen.
Sie sagte nichts, sondern lächelte zurück und nickte leicht, um anzuzeigen, dass es stimmte, sie war da.
Kathryn trat näher ans Feuer und genoss trotz der sommerlichen Temperatur die Wärme, die es ausstrahlte. Schnell wurde sie von dem Feuer in Bann geschlagen. Sie war von der Farbpalette der lodernden Flammen fasziniert: Gelb und Orange züngelte in Rot und Grün hinein, und an manchen Stellen flackerte es leuchtend blau auf. Es war schön und fesselnd. Kathryn liebte nicht nur den Anblick und Geruch von Feuer, sondern auch das Geräusch. Es war unverwechselbar und beschwor gemütliche Abende, Romantik und das Kuscheln unter Decken an einem kalten Winterabend herauf. Es bedeutete ein gutes Buch im Lampenschein. Es bedeutete Linderung für schmerzende Knochen.
Sie stand ein paar Minuten schweigend da, während Mark mit einem langen Ast in die Flammen stieß. Als sie genauer hinsah, konnte sie eine leere Kleenex-Schachtel, die Vorderseite eines alten Aktenordners und ein paar Erdnussschalen ausmachen. Dann wurde ihr Blick auf einen Schriftzug gelenkt, der ihr aus dem brennenden Material entgegensprang. Es waren nur ein paar Buchstaben, die nicht sofort zu entziffern waren.
Kathryn wusste sofort, was diese fünf Buchstaben zu bedeuten hatten. Reifeprüfung! Oh, nein! Oh, nein! Ihre Atmung beschleunigte sich, während ihr Herz wie wild in ihrer Brust pochte. Sie begann zu zittern. Sie kniff die Augen zusammen, um den beißenden Qualm besser auszuhalten, dann trat sie einen Schritt näher und blickte in die Flammen.
Sie waren alle da: Tom Jones, Portrait in Sepia, Der Gott der kleinen Dinge. Alle. Sie malte sich aus, wie ihr Mann durch das Haus gefegt war, ein wilder Derwisch auf der Suche nach all ihren versteckten Schätzen. Sie sah ihn vor sich, wie er sie einsammelt und in seiner Hast, sie in die Flammen zu werfen, die Treppe hinunterrennt. Ob ihm das Wissen, dass er ihre Geheimnisse zerstörte, Freude bereitete? Ja, ja, das wusste sie mit Sicherheit.
Ihr fiel die Kinnlade herunter. Sie legte die Hand an die Stirn und sah Mark an, der ihren Blick unverwandt und ausdruckslos erwiderte.
All ihre Bücher, die sie im ganzen Haus versteckt hatte – ihre Freunde, ihre Ablenkung, ihre Freude. Er hatte sie entdeckt und verbrannte sie. Es konnte durchaus sein, dass er sie nicht erst heute gefunden hatte. Vielleicht hatte er schon eine Weile darüber Bescheid gewusst und sich einfach Zeit gelassen, hatte den richtigen Augenblick zur Umsetzung seines Plans abgewartet.
Dieser Augenblick war eindeutig gekommen, und ihre Bücher waren fast verbrannt. Das eine oder andere unberührte Wort hatte noch ein paar Sekunden zu leben. Er verbrannte ihre Bücher. Verbrannte ihre Bücher … Verbrannte ihre Bücher … Es spielte keine Rolle, wie oft sie die Worte voller Entsetzen in Gedanken wiederholte, es nahm der Sache nichts von ihrem Grauen.
Kathryn ließ den Korb fallen. Es war ihr egal, dass der Zitronenkuchen ins Gras klatschte und die Saftflasche über den Weg rollte und unter einem Busch liegen blieb. Sie sank auf die Knie, ohne zu bemerken, dass Schmutz und Erde durch ihren Rock drangen und ihre Knie verfärbten. Wieder blickte sie ihren Mann an, aber sie brachte kein Wort heraus. Es gab keine Worte, nichts, was ihre Gefühle angemessen vermittelt hätte oder ihn hätte begreifen lassen. Sie wollte Worte benutzen wie Raub, Pein, Trauer und Herzschmerz. Doch sie wusste, dass sie in seinen Ohren übertrieben, wie Hohn klingen würden. Deshalb konnte sie sie nicht aussprechen, nicht jetzt, wo nur noch ein paar Stunden blieben, bis Schlafenszeit war.
Während sie niederkauerte und über den Verlust ihrer Bücher trauerte, ihrer einzigen Fluchtmöglichkeit, erregte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit. Am Rand der Feuerstelle ragte ein runder Holzknopf hervor. Er hatte einen Durchmesser von etwa einem Zentimeter. Sobald sie ihn entdeckt hatte, erkannte sie rasch die gespaltenen Beine einer anderen Wäscheklammer, den Kopf
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