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Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
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letzte Mal gesehen hatte, war er neun Jahre alt gewesen. Es erstaunte sie nicht, dass er einen Nobelpreisträger erkannte, wenn er einen sah, der kluge Junge.
    Sie holte tief Luft und kam zu dem Schluss, dass sie nichts zu verlieren hatte.
    »Ich habe es gerade erst angefangen, Guido, aber es ist in jedem Fall vielversprechend. Er schreibt wunderbare Gedichte. Liest du immer noch so viel?«
    Kate erinnerte sich an den jungen Bücherwurm mit Brille, der nichts lieber getan hatte, als sich mit dem neuesten Harry Potter in eine stille Ecke der Bibliothek zu verkriechen. Das war eine Ewigkeit her. Der Junge zog verwirrt die Augenbrauen hoch, bis sie ganz schräg standen.
    »Ja, das mache ich. Bin ich …? Wie haben Sie …? Oh, Scheiße! Tut mir leid, Mrs Brooker, ich meine nicht Scheiße, ich meine …«
    »Ist schon in Ordnung, Guido. Das verstehe ich.«
    »Wow. Ich hatte nicht erwartet, Sie jemals wiederzusehen. Sind Sie etwa …? Haben Sie …? Scheiße. Tut mir leid.«
    »Wie geht es Luca?«
    Sie tat ihr Bestes, um den Jungen zu beruhigen, der offensichtlich dadurch, dass er der berüchtigten Mrs Bedmaker gegenüberstand, ganz aus der Fassung geraten war. Kate hatte Guidos älteren Bruder, der mit Dom befreundet war, immer sehr gemocht.
    »Er studiert am King’s College Medizin. Mir tun die Menschen allerdings leid, die es mit ihm als Arzt zu tun bekommen, er ist ein solcher Schwachkopf. Ich weiß, dass er und Dom in London häufig miteinander ausgegangen sind. Mein Dad hat Luca, dem Glückspilz, eine Wohnung gekauft.«
    »Ach?«
    Nachdem der Name ihres Sohnes gefallen war, lehnte Kate sich zurück und rang nach Luft. Von London war es nur ein Katzensprung zum Marlham Gefängnis. Dom hatte die Reise für Luca auf sich genommen, nicht aber für sie. Das war eine neue Information, ein neues Bild für sie, mit dem sie sich in den kommenden Tagen gedanklich beschäftigen würde. Dominic, ihr erwachsener Sohn, mit Luca in London, der schon immer das Zeug zum Playboy hatte. Beim Gedanken an die beiden musste sie schmunzeln. Sie war glücklich – tief getroffen von der neuesten Erkenntnis, aber trotzdem glücklich.
    Gut für dich, Dom, mein schöner Junge.
    »Geht es Ihnen gut, Mrs Brooker? Kann ich irgendetwas tun?«
    Kate war sich nicht bewusst, dass sie inzwischen hemmungslos weinte und die meisten der Jungs sie anstarrten. Wie sie ihre Kinder vermisste, wie sie sich wünschte, sie an ihrer Seite zu haben! Ihre Flugtickets steckten in ihrer Tasche, nur für den Fall, dass sie es sich in letzter Minute anders überlegt hatten.
    »Ach, Guido, ja. Tut mir leid. Mir geht es gut. Ich habe Dom nur seit einer ganzen Weile nicht mehr gesehen. Ich vermisse ihn und Lydia.«
    Der Junge schrammte mit der Spitze seines Sportschuhs über den glänzend polierten Linoleumboden und starrte auf seine Füße hinab.
    »Es war nichts mehr wie vorher, nachdem Sie, Sie wissen schon …«
    Er wand sich, weil er unsicher war, ob seine Worte angebracht waren, beschloss aber dennoch fortzufahren.
    »In der Nacht … nachdem Mr Brooker … ist Mountbriers härter geworden, ein bisschen brutaler. Ich denke, das hat daran gelegen, dass Sie nicht mehr da waren. Ich habe Sie immer für die Ersatzmutter gehalten, meine war ja immer so weit weg. Obwohl, wenn ich es mir recht überlege, war sie eine ziemlich schlechte Mutter, wenn sie dann mal da war. Sie aber haben mir vor dem Gottesdienst immer die Haare gekämmt, das hat sonst niemand gemacht, weil es den anderen egal war. Mich hat es gestört, dass meine Haare so durcheinander waren, aber ich wusste nicht, wie ich sie selbst in Ordnung bringen konnte.«
    Kate weinte nur noch mehr.
    »Gut, Jungs! Beeilt euch – wir wollen doch keinen zurücklassen, oder?«
    Die Stimme des jungen Sportlehrers dröhnte durch die Halle. Zum Glück hatte Kate ihn noch nie gesehen. Sie wäre nicht in der Lage gewesen, die Begegnung mit einem Bekannten zu verkraften. Die Jungen setzten sich bei seinem Befehl in Bewegung.
    Kate beobachtete, wie Guido sich zu seinen Freunden gesellte. Sie flüsterte in sich hinein: »Danke, Guido. Vielen Dank.«
    Die Erde schien seit Kates letzter Reise geschrumpft zu sein. Ein ausgedehnter Schlaf, eine Mahlzeit und zwei Filme, und schon war sie in einer anderen Welt.
    Nachdem ihr Gepäck vorsichtig im Gepäckraum verstaut war, rumpelte und holperte der kleine rotgelbe Bus den etwas großartig benannten Millennium Highway entlang. Dieser Name beschwor das Bild einer mehrspurigen

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