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Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
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Schnellstraße herauf, auf der der Verkehr geordnet zwischen Neonschildern und blinkenden Lichtern dahin saust. Kate hatte den Rollsteig aus Die Jetsons vor Augen, allerdings hier, auf der Erde. In Wahrheit war die Straße ganz anders, von riesigen Schlaglöchern, von denen einige die Größe einer Badewanne hatten, und merkwürdigen Hindernissen übersät. In England wäre sie im Höchstfall als Landstraße eingestuft worden.
    Kate erblickte ein dunkelbraunes Velourssofa, das auf einem Grasstreifen entsorgt worden war. Drei magere Hunde lagen zusammengerollt schlafend auf den dicken Polstern, einer davon ließ ein Bein herunterbaumeln und hatte ein Auge halb geöffnet, als rechnete er damit, dass der Hausherr jeden Augenblick kommen und ihn herunterscheuchen würde. Eine zusammengebundene Ziegenherde hatte beschlossen, sich mitten in einer Kurve niederzulassen. Das war für das Motorrad und den winzigen Suzuki, die daran vorbeischossen, kein Problem, für den sperrigen Bus dagegen schon. Der geschickte Fahrer pfiff und tat sein Bestes, um durch die schmale Lücke hindurchzusteuern, während die Räder der rechten Seite auf dem Kies abzurutschen und der ganze Bus den unbefestigten Hang hinabzustürzen drohte. Kate lenkte sich ab, indem sie auf der anderen Seite zum Fenster hinaussah, bis die Gefahr vorüber war.
    Sie staunte über die bunten Häuser, die zumeist auf Pfählen standen. Das war eindeutig die einzige Möglichkeit, an den Hängen der steilen Hügel billig und sicher zu bauen. Aus der Ferne sahen die kleinen Holzquadrate in gedämpftem Rot, hellem Türkis und knalligem Pink wie Häuser aus Marshmallows oder wie die Lebkuchenhäuschen in einem Märchenbuch aus. Aus der Nähe betrachtet wirkten die verblasste Farbe auf den Schindeln, die gepflegten Blumenkästen und die sich im Wind bauschenden kunstvollen Tüllgardinen noch bezaubernder.
    Mit Unterhemden bekleidete, zahnlose alte Männer, deren faltige Gesichter tausend Geschichten erzählten, und dunkelhäutige Frauen mit ausladendem Hinterteil und Lockenwicklern in den Haaren rekelten sich auf den wackeligen Balkonen. Entlang der Straße standen vereinzelte Hütten, in denen man Cola, Reis und Erbsen sowie einheimisches Bier kaufen konnte. Obwohl sie sich mitten im Nirgendwo zu befinden schienen, war jeder dieser Verkaufsstände gut frequentiert. Hühner und Hunde streunten in kleinen Gruppen umher. Sie erinnerten Kate an Figuren aus Chicken Licken, die sich zu einem Rundgang aufmachen oder losziehen, um Lebensmittel einzukaufen. Sie schaute ein zweites Mal hin, um zu sehen, ob der eine oder andere einen kleinen Korb, einen Regenschirm oder ein Kopftuch trug.
    Die Hitze war wie eine warme Decke, die ihren Gelenken guttat und die Muskelverspannungen löste. Sie verspürte einen Anflug von Nervosität und Vorfreude darauf, was ihre Reise wohl mit sich bringen mochte. Bananenstauden und Kokosnusspalmen machten sich in dem dichten Dschungel neben der Straße gegenseitig Platz und Licht streitig. Jede Biegung des kurvenreichen Fahrwegs gab einen neuen verblüffenden Blick auf Berge oder tropische Wälder frei. Das war genau das, was Kate sich von Saint Lucia erhofft hatte. Sie war glücklich.
    Die Begeisterung über die Fahrt vom Flughafen sollte nicht lange anhalten. Eine Stunde, nachdem sie ihr Gepäck in den Kofferraum des Busses gehievt hatte, betrat sie die riesige, mit Marmor ausgelegte Empfangshalle des Hotels The Landings und wollte sofort wieder nach Hause fliegen. Aber sie hatte kein Zuhause mehr.
    Das Hotel sah schön aus. Die Marmorsäulen und -böden glänzten. Die hohe, kathedralenähnliche Decke aus gebogenem Holz erinnerte sie an ein großes Schiff. Elegant, kühl, und teuer. Das waren nur drei der Gründe, wieso sie sich wie ein Fisch auf dem Trockenen vorkam. Die Frauen, zum größten Teil Amerikanerinnen, die sich auf den tiefen Polstersofas versammelt hatten, schienen auf nichts Besonderes zu warten. Sie hatten alle ein Accessoire dabei, das Kate sogleich von ihnen abhob. Einen Mann.
    Die Gruppe war elegant gekleidet. Die Frauen umklammerten Designerhandtaschen, Diamanten funkelten an ihren Handgelenken und an ihren Ohrläppchen. Sie schienen gemeinsam beschlossen zu haben, dass die angemessene Kleidung auf dieser grünen Insel in reinen, leuchtenden Pinktönen und Sandalen mit Absatz bestand, die auf den harten Böden laut klapperten. Außerdem hatte Kate den Eindruck, dass sie sich alle das Gesicht hatten aufspritzen lassen.
    Zu Kates

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