Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
Vom Netzwerk:
ihren winzigen Füßen auf dem matschigen Sand hin und her und hinterließen schmutzige Abdrücke, die vom Matsch aufgesogen wurden und innerhalb von Minuten wieder verschwanden.
    Allerdings war niemand in der Nähe, der das widerwärtige Thema ihrer Unterhaltung hätte aufschnappen können. Während die Familie auf der karierten Picknickdecke saß und Sandwiches aß, beschloss Mark, mit den noch kleinen Kindern eine Debatte zu beginnen.
    »Und, Dominic, wen hast du am meisten lieb, Mummy oder Daddy?«
    Die drei anderen schauten zu, wie Dominic das kleine Gesicht nachdenklich verzog.
    »Beide gleich«, erklärte der kleine Junge, während Lydia angesichts der klugen Entscheidung in die Hände klatschte.
    Wenn es damit nur geendet hätte. Doch Mark war keineswegs zufriedengestellt.
    »Nein, Dominic.« Dieses Mal war seine Stimme fester. »Du kannst nicht sagen, beide gleich. Du musst einen von uns lieber haben als den anderen, du musst einen von uns am allerliebsten haben. Ist es Daddy? Hast du Daddy am meisten lieb?«
    Dominic hatte die Stirn in Falten gelegt, und sein Blick war von seiner Mutter zu seinem Vater und wieder zurück gewandert. Seine Mummy schaute auf den Boden und schien sich an dem Gespräch nicht zu beteiligen. Das erleichterte ihm die Entscheidung. Er konnte die Antwort geben, die sein Dad hören wollte, wie er wohl wusste.
    »Dich, Daddy. Dich hab ich am meisten lieb.«
    Mark war beschwingt, triumphierte. Zur Belohnung wurde Dominic von seinem Daddy fest in die Arme genommen.
    »So ist es richtig, mein kluger Junge. Du hast deinen Daddy am meisten lieb, weil auch dein Daddy dich am meisten lieb hat.«
    Das alarmierte Lydia, der trotz ihres Alters nicht die geringste Kleinigkeit entging.
    »Und wer hat Lydia am liebsten?«, wollte sie wissen.
    Mark zog sie an sich und gab ihr einen Kuss. »Ich, Lyds. Dein Daddy hat dich am meisten lieb.«
    »Und wer hat Mummy am meisten lieb?« Lydia war noch nicht fertig damit, die Situation, in der sie sich befand, zu analysieren und zu begreifen.
    Mark schaute ihr direkt in die Augen. »Niemand kann Mummy am meisten lieb haben, Lydia, weil sie eine erbärmliche, dürre Kuh ist. Sie will uns den ganzen Spaß verderben und uns mit ihrer Trauermiene und ihrer Trauerstimme alle traurig machen, und das wollen wir doch nicht, oder, Lyds? Wir wollen Spaß haben. Oder wollen wir etwa traurig sein?«
    »Nein.« Dessen war sich Lydia absolut sicher. Das wollten sie auf keinen Fall.
    Kathryn hatte geweint, als sie den Kopf auf ihre angestellten Knie stützte. Sie hatte das Gesicht nach vorn gewandt und aufs Meer hinausgeblickt, um ihre Kinder nicht zu beunruhigen.
    An diesem Abend, als die Kinder tief und fest in ihrem mit Meeresmotiven gestalteten Kinderzimmer schliefen, wo Anker auf den Boden gemalt waren und sich an den Wänden Segel blähten, bereitete sich Kathryn darauf vor, die Treppe hinaufzusteigen und ihrem Schicksal ins Auge zu schauen. Sie zögerte, bevor sie all ihren Mut zusammennahm. Sie streckte die Hand aus und berührte den Arm ihres Mannes.
    »Mark?«
    »Ja, Kathryn.«
    »Ich will dich um etwas bitten.«
    »Nur zu!«
    Das sagte er mit einer solchen Heiterkeit, dass sie sich eine Sekunde lang fragte, ob sie sich den ganzen fürchterlichen Wortwechsel nur eingebildet hatte. Mark war so überschwänglich, dass für jeden, der sie belauscht hätte, sie diejenige gewesen wäre, die mit ihrem formellen Tonfall und dem nervösen, zögerlichen Auftreten unvernünftig geklungen hätte. Eine erbärmliche Kuh.
    »Mark, ich wollte dich bitten …«
    »Ja?« Er nickte leicht, um sie zum Sprechen zu ermuntern.
    »Ich … ich wollte dich bitten, die Kinder nicht gegen mich aufzuhetzen.«
    Er antwortete nicht, und es war dieses Schweigen, das sie fälschlicherweise als Zustimmung verstand. Es gab ihr einen neuerlichen Anflug von Mut, genug, um fortzufahren.
    »Ich habe mir vieles gefallen lassen, Mark, und es macht mir nichts aus, was du mir antust. Aber ich bitte dich, bitte, bitte sei vor den Kindern nicht gemein zu mir, weil sie mir alles bedeuten. Es ist ihnen und auch mir gegenüber nicht fair. Sie sind alles, was ich habe, und es ist das Einzige, was ich nicht hinnehmen kann, wirklich nicht.«
    Er bewegte sich blitzschnell und ohne Vorwarnung, schlug ihr mit dem Handrücken fest auf den Mund. Es war das erste Mal, dass er sie wirklich geschlagen hatte. Ihr Mund füllte sich mit der nach Eisen schmeckenden Flüssigkeit, die sie als ihr eigenes Blut erkannte, und

Weitere Kostenlose Bücher