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Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
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würde.«
    Kate fand seine langsame Sprechweise und den herzlichen Tonfall geradezu hypnotisierend. »Sind Sie wegen Ihres Vaters nach Hause gekommen?«
    Wieder lachte Simon laut und mit offenem Mund. »Ja, ja, das bin ich, Kate. Das ist genau der Grund, warum ich nach Hause gekommen bin – wegen meines Vaters, aber nicht in dem Sinne, wie Sie es gemeint haben. Ich bin von Gott gerufen worden. Sie können mich Simon nennen, aber auf der Insel bin ich allgemein als Reverend Dubois bekannt.«
    »O mein Gott!«
    »Genau. Amen.«
    »Nein, ich meine, das hätte ich niemals für möglich gehalten. Sie sehen wirklich nicht wie ein Gottesmann aus.«
    Sein lautes Lachen dröhnte in die Brandung.
    »Ich verstehe. Und wie müssten wir aussehen?«
    »Ich weiß nicht.«
    Kate hatte den kahlköpfigen, nüchternen Kaplan von Mountbriers und den uralten, gebrechlichen Pfarrer aus ihrer Jugendzeit vor Augen, der leicht nach Formaldehyd roch, dessen Hand mit der besten Porzellanteetasse ihrer Mutter zitterte und bei dem sich immer Spucke im Mundwinkel sammelte. Er hatte stets, ob bei der Predigt und auch sonst, jedes Wort so ausgesprochen, als verströme er die Gabe der Erkenntnis. Seine Stimme und sein Tonfall waren immer gleich gewesen. Egal, ob er sagte: »Ja, Mrs Gavier, ich hätte gern noch einen Keks«, oder: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.«
    Kate überlegte, was sie antworten sollte. »Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Geistliche meist stiller, nachdenklicher sind, keine schönen Halsketten tragen und nicht barfuß am Strand entlanglaufen.«
    »Auf dieser Insel machen wir das eben ein bisschen anders.«
    »Das sehe ich.«
    Matilda taumelte ein paar Schritte rückwärts, blieb stehen und platschte mit dem Hintern ins Meer. Sie brüllte los. Das Wasser war doch etwas kälter, als sie nach ihrem Zehentest gedacht hatte.
    »Es ist Zeit, sie zurückzubringen. Sie braucht ihren Mittagsschlaf.«
    Simon, dieser Koloss von einem Mann, nahm das kleine Mädchen auf die Arme.
    »Ich sage Ihnen was, Kate, Sie sollten uns besuchen kommen. Nehmen Sie sich ein Taxi und fahren Sie nach Dennery, dort finden Sie uns ohne Probleme.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, machte er kehrt und trug das Kleinkind auf einem Arm davon, als wäre es leicht wie eine Feder.
    Kate konnte nicht sagen, ob das warme Glühen, das ihren Körper durchflutete, auf die Kombination von Sonne und Bier oder auf etwas ganz anderes zurückzuführen war.
    Es dauerte zwei weitere Tage, in denen sie Begegnungen am Pool aus dem Wege ging, Däumchen drehte und sich gedanklich mit der Frage beschäftigte, ob Simon nicht nur höflich gewesen war, sondern seine Einladung wirklich ernst gemeint hatte. Es gab nur eine Möglichkeit, das mit Sicherheit herauszufinden.
    Das Taxi schlängelte sich steile Bergstraßen hinauf, neben denen oft genug senkrechte Abgründe lauerten. Kate vermied es, sich auszumalen, wie das Fahrzeug den Abhang hinunterstürzte und in die Riesenfarne fiel, die den Aufprall kaum dämpfen würden. Aus dem tiefen Dschungel zu beiden Seiten leuchteten die hellen Blau- und feurigen Rottöne der tropischen Pflanzen. Die Luft war ohne die vom Meer heranwehende kühle Brise stickig, die Hitze drückend. In dieser Umgebung kam Kate Saint Lucia besonders fremd vor. Ihr gefiel es.
    Der Taxifahrer setzte sie, wie gewünscht, in Dennery ab, denn sie hatte für den Fall, dass sie es sich doch anders überlegen sollte, ihr genaues Ziel nicht angeben wollen. Sie dachte, dass eine solche Neuigkeit auf dieser kleinen Insel Reverend Dubois innerhalb von wenigen Stunden zu Ohren kommen würde.
    Soweit Kate ausmachen konnte, besaß Dennery kein erkennbares Ortszentrum. Es war eine weitläufige Siedlung, in der Häuser, Farmen und Geschäfte mit schrägen Dächern an schmalen Sträßchen standen, die wie Nebenflüsse der kurvenreichen Hauptstraße wirkten, auf der sie jetzt stand.
    Erst als das Taxi verschwunden war, wurde Kate klar, dass sie womöglich ein ganzes Stück von ihrem Ziel entfernt sein könnte. Sie ging die Straße entlang und hielt nach einem Hinweis Ausschau, ohne jedoch genau zu wissen, wonach sie eigentlich suchte. Eine kleine Menschenansammlung hatte unter einem kunstvollen pyramidenförmigen Wartehäuschen mit gelben Wänden und einem meerblauen Dach Schutz gesucht. Weil die stündlich niedergehenden Regengüsse ziemlich heftig ausfallen konnten und der Bus

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