Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
Vom Netzwerk:
die Leute in der Schule merken das, meine Freunde merken das. Du schwebst im Haus herum, als wärst du dir nur halb bewusst, was du eigentlich machst. Es ist, als wärst du völlig durchgeknallt oder auf Drogen oder so. Du lächelst, obwohl du eindeutig unglücklich bist. Es ist, als würde man mit jemandem zusammenleben, der ein Geheimnis hat. Mir kommt es vor, als wüsstest du etwas, was sonst niemand weiß, und das hebt dich von uns ab, von mir, von Dad und Lyds. Manchmal habe ich den Eindruck, du bist gar nicht Mitglied dieser Familie. Alle meine Kumpel machen sich darüber lustig, wie verdammt komisch du bist mit deiner zwanghaften Wascherei der Leintücher, und das ist beschissen, weil es stimmt, und was das Allerschlimmste ist, es macht mich verrückt, weil es Assoziationen heraufbeschwört. Es ist einfach absolut Scheiße.«
    Sie blickte ihren Sohn an.
    »Ich verstehe, Dominic. Es ist Scheiße.«
    »Nein. Nein, Mum, du verstehst es nicht, und das ist genau der Punkt.«
    Er drehte sich um und verließ die Küche. Wieder war sie allein mit ihrem Geschirrtuch.
    Der Geist seiner Worte wirbelte und kreiste um ihre Gestalt und setzte sich wie feiner Nebel auf ihr ab. Es ist, als würde man mit jemandem zusammenleben, der ein Geheimnis hat. Mir kommt vor, als wüsstest du etwas, was sonst niemand weiß, und das hebt dich von uns ab …
    Kluger, kluger Dominic.
    Mein kluger, schöner Junge.
    Er hatte recht, genauso war es.
    Kathryn sammelte ihre Gedanken und versuchte, sich auf etwas zu konzentrieren, auf irgendetwas anderes als den Schmerz, den ihr die Worte ihres Sohnes zugefügt hatten und die Art und Weise, mit der er es für angemessen gehalten hatte, sie auszusprechen. Sie ging das Gespräch in Gedanken noch einmal durch und versuchte, jeden kleinen positiven Punkt herauszupicken, als Lydia mit einem riesigen Zeichenblock unter dem Arm hereinkam.
    »Was gibt’s zum Abendessen?«
    »Hallo, Lydia, ja mir geht es gut, danke, mein Tag war recht schön, und wie geht es dir?«
    »Was?«
    »Vergiss es. Es gibt Hühnchen.«
    »Nur Hühnchen? Igitt! Das ist ja absolut langweilig.«
    »Na ja, es gibt eigentlich Coq au vin mit gedünsteten grünen Bohnen und jungen roten Brokkolisprossen.«
    »Ach gut, warum sagst du das nicht gleich? Mein Gott, Mum, du kannst manchmal so …«
    Kathryn hob die Hand und unterbrach den Wortschwall ihrer Tochter, bevor diese eine Chance hatte, ihrer Niedergeschlagenheit noch einen weiteren Dämpfer zu versetzen.
    »Ja, Lydia, ich weiß. Ich bin unfähig, das Abendessen korrekt zu beschreiben. Verzeih mir. Ich bin unglaublich seltsam. Ich bin euch peinlich, das Leben ist Scheiße, und das ist allein meine Schuld. Ich bin für alles verantwortlich, vom Hunger in der Welt bis zum Krieg im Nahen Osten, von der Erderwärmung bis zur aktuellen Wirtschaftskrise und natürlich der Tatsache, dass Luca Petronatti nicht mit dir ausgehen will. Das ist alles allein meine Schuld, nur meine. Du kannst mich ganz zu Recht für alles verantwortlich machen.«
    Lydias Antwort kam schlagfertig.
    »Bist du in den Wechseljahren? Kommt das daher?«
    »Wahrscheinlich, Lydia.«
    »Ich esse in meinem Zimmer.«
    Lydia ging wieder in den Flur hinaus und stieg die Treppe hinauf. Das war es dann, Ende der Diskussion.
    Kathryn versuchte, sich ein ähnliches Gespräch mit ihrer eigenen Mutter auszumalen. Zuallererst versuchte sie sich vorzustellen, wie sie ihre Mutter nach dem Stand in ihrem biologischen Zyklus fragt, Kommentare dazu abgibt und sie dann praktisch auffordert, ihr das Abendessen aufs Zimmer zu servieren. Selbstverständlich konnte sie sich nichts davon vorstellen, weil sie es weder gewagt noch gewollt hätte. Die Dinge waren damals anders gewesen.
    Sie öffnete den Küchenschrank und drehte die Erbsendose so, dass die richtige Seite nach vorn schaute. In den ersten Jahren ihrer Ehe waren die Aufgaben, die Kathryn zu erfüllen hatte und die eine detaillierte und gründliche Anweisung erforderten, vielfältig und zahlreich gewesen. Bis dahin hatte sie viele Aufgaben versehentlich falsch ausgeführt. Wer konnte so etwas schon wissen? Sie jedenfalls nicht. Sie war völlig nichtsahnend gewesen, dass es eine richtige Art und Weise gab, Honig auf den Toast zu streichen, eine richtige Art und Weise, in einem Kaffeebereiter Kaffee zu machen. Zum Glück war Mark zur Stelle, der ihr half, sich ihrer Irrtümer bewusst zu werden.
    Die Liste war umfangreich und peinlich genau. Es durften -immer nur drei Dosen

Weitere Kostenlose Bücher