Was habe ich getan?
weiter, sorgte dafür, dass sie sich selbst ohrfeigte.
»Hör auf! Hör auf damit! Kathryn! Du dummes Mädchen!«
Sie weinte und schluckte vor Entsetzen Luft. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er abrupt aufhörte.
»Ach, mein Schatz! Warum weinst du denn?«
Sie sah ihm in die schönen blassblauen Augen, während in ihren eigenen Tränen standen.
»Weil du mir wehgetan hast, Mark.«
Er zog sie mit Wucht an sich, legte seinen Dufflecoat um sie und sprach ihr sanft ins Haar.
»Baby, Baby, das war doch nur ein Spaß. Ich liebe dich und würde dir nie absichtlich wehtun. Lieber würde ich sterben, als dir wehzutun.«
Sie war erschrocken gewesen, als sie im Spiegel einen quer über ihre Wange verlaufenden knallroten Fleck bemerkt hatte.
Während Kathryn die Tischsets an die richtige Stelle legte, die Untersetzer, die Salz- und Pfefferstreuer mitten auf den Tisch stellte, überlegte sie, dass dies wie vieles andere, was Mark tat und sagte, eine Lüge war. Er würde nicht lieber sterben, als ihr wehzutun. Das wusste sie wirklich ganz genau.
Um acht Uhr, als das Abendessen beendet war, begannen die Lehrer einzutreffen und es sich in der Küche bequem zu machen. Kathryn ging im Raum umher, schenkte Wein und Mineralwasser in blitzsaubere Gläser, während sie nickte, lächelte und, wo notwendig oder angebracht, eine Bemerkung machte.
»Ja, es ist ungewöhnlich mild.«
»Danke, ja, mir geht es gut, sehr gut sogar.«
»Dominic? Ach, du weißt ja, er lernt eifrig.«
»Die Startelf? Ach, ich glaube, es geht wieder gegen Taunton.«
»Gegen Blattläuse nehme ich immer eine Essig-Wasser-Mischung und versprühe sie großzügig.«
Kathryn betrachtete die bunt zusammengewürfelte Gruppe alter Männer in ihren abgetragenen Kordanzügen. Gemeinsam verströmten sie einen ganz leichten Hauch von Verfall. Dichte Haarbüschel sprossen aus Ohren und Nasen – Dinge, um die eine aufmerksame Frau sich gekümmert hätte. Auch ihre Zähne waren vernachlässigt. Kathryn stellte sich die Gruppe als eine Schar alternder Pinguine vor, die krächzten und um ihre Positionen rangelten, obwohl sich sonst kein Mensch auf der Welt im Geringsten dafür interessierte, was sie taten oder sagten.
Gegen zehn nach acht Uhr legte Mark seinen großen Auftritt hin.
»Guten Abend, alle miteinander.«
Er stand in der offenen Tür, und Kathryn bemerkte ein kurzes Zögern und vermutete richtig, dass er sich überlegte, ob er sich verneigen sollte. Er entschied sich dann jedoch dagegen.
Die versammelte Lehrerschaft nickte und murmelte etwas Unverständliches, weil sie sich durch die Anwesenheit ihres geschätzten Direktors geehrt fühlte und darauf wartete, welche Weisheit wohl auf dieses strahlende Lächeln und dem Aufblitzen der frisch gebleichten, perfekt ausgerichteten Zähne folgen mochte.
»Gut, meine Herren, sollen wir anfangen?«
Mark rieb sich mit einer Begeisterung die Hände, die an den Hehler Fagin in Dickens Oliver Twist erinnerte.
Die Lehrer nahmen ihre Plätze um den Küchentisch ein, wobei der Status eines jeden daran ersichtlich war, wie nahe er bei Mark saß.
»Tagesordnungspunkt Nummer eins: Verleihung der Excellence in Education Awards. Ich habe heute möglicherweise einen Wink bekommen, dass …«
Bevor er seinen Satz beenden konnte, erhob sich um den Tisch eine Welle der Zustimmung.
»Gut gemacht, Direktor.«
»Das sind ja wunderbare Nachrichten, Mark.«
»Hochverdient, altes Haus, wirklich hochverdient.«
Kathryn, die bereits genug gehört hatte, schlüpfte ins Wohnzimmer und schloss hinter sich die Tür. Leise stieg sie über das Telefonkabel, zog die Schublade auf und holte vorsichtig die Ausgabe von Tom Jones heraus, die sie für solche Gelegenheiten ganz hinten versteckt hatte. Sie nahm den Roman zur Hand und fuhr mit den Fingern über den Einband, verspürte das leichte, aber vertraute Gefühl der Freude, weil sie wusste, dass sie ein paar Minuten lesen konnte, bis ihre Dienste wieder gefragt waren. Sie kannte den Ablauf: Fünfzehn Minuten durfte sie sich gönnen und die Sitzung laufen lassen, dann musste sie in die Küche zurückkehren, um die Häppchen und Dips zu servieren.
Kathryn setzte sich in den Lehnstuhl vor dem Fenster und begann zu lesen.
Dem Leser wird es angenehm sein, glaube ich, mit mir zu Fräulein Sophie zurückzukehren. Sie brachte die Nacht, nachdem wir sie zuletzt gesehen, gar nicht angenehm hin. Der Schlaf erwies ihr wenig Freundschaft, und die Träume noch weniger. Des Morgens, als Honoria,
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