Was habe ich getan?
worden. Im Sommer wurden bequeme gestreifte Polster darauf gelegt, die die Schaukel zum idealen Platz für laue Abende machten.
Kate stellte sich vor, ein Glas Wein in der Hand zu halten und sich mit den Zehen auf dem Holzdeck abzustoßen. Das würde sie zu jenen heißen karibischen Abenden zurückführen, und das Geräusch der Wellen und das Zirpen der Grillen würden bestätigen, dass sie sich im Paradies befand. Einzig und allein die wohlklingende Stimme eines gewissen Geistlichen würde fehlen, für den sie gern Platz gemacht hätte.
Die Hausfront bestand aus Fachwerk, und eine von Kates erste Aufgabe war es gewesen, das Holz zu restaurieren und in blassem Enteneierblau neu zu streichen. Das stellte sicher, dass das Haus zur Aussicht perfekt zum Meer und zum Himmel passte, vor dem es sich abhob.
Das Telefon auf dem Schreibtisch im Arbeitszimmer läutete. Es thronte auf einem Stapel Papiere, die mit unterschiedlicher Dringlichkeit ihrer Aufmerksamkeit harrten. Kate war nicht klar gewesen, dass so viele Verwaltungshindernisse zu überwinden sein würden, bevor sie ihre Träume in die Realität umsetzen konnte. Sie baute darauf, dass die wirklich wichtigen Dinge sich rechtzeitig bei ihr bemerkbar machen und in dem Stapel nach oben wandern würden.
Haus zur Aussicht. Kate verspürte noch immer einen gewissen Kick, wenn sie den Namen aussprach. Sie hielt den Hörer zwischen Kinn und Schulter geklemmt.
Kate liebte das Haus, in dem sie jetzt wohnte. Als sie vor fünf Monaten mit heruntergekurbeltem Fenster auf dem Parkplatz am Hafen gesessen und der gnadenlose Wind Cornwalls durch ihr Auto geweht hatte, war es der Name gewesen, der sie zunächst anlockte. Sie hatte über die Hafenmauer hinweg geblickt und an Simon gedacht, so wie sie es manchmal tat, und sich gefragt, wie sein Bauprojekt wohl vorankam. Häufig war er nicht mehr als eine leise, ferne Mahnung.
Die Unterlagen des Maklers hatten in ihrer Hand geflattert, das dritte oder vierte Exposé, das sie durchgeblättert hatte. Der Name des Anwesens ließ sie ein zweites Mal hinschauen, und sie setzte es auf ihrer Liste sofort weiter nach oben, jedenfalls über Jasmine Cottage und The Lodge. Ihr Puls hatte sich beschleunigt. »Die kaufe ich ganz bestimmt nicht.«
Aber da stand schwarz auf weiß Haus zur Aussicht, es wurde zum Kauf angeboten und lag preislich wundersamer- und aufregenderweise innerhalb ihres Budgets.
Der Tag war ein denkwürdiger geworden: Das Anwesen entsprach nicht nur den Vorstellungen, die sie seit geraumer Zeit im Kopf hatte. Ihr war auch sofort klar gewesen, dass es nicht nur als Ferienhaus erbaut wurde. Aus Penmarin konnte sie wahrscheinlich wirklich ihr Zuhause machen.
Das Haus hatte seinen Namen wegen des fantastischen Meerblicks von seiner exponierten Lage auf dem Kliff. Kate wurde jedoch vor allem durch die Lexikondefinition von Aussicht inspiriert: Möglichkeit, dass bald etwas geschieht, eine Chance oder die Wahrscheinlichkeit, dass sich in naher Zukunft etwas ereignet, insbesondere etwas Wünschenswertes.
Das war die Definition, die sie bei allen Neuankömmlingen in der Hoffnung zitierte, die ja an die Möglichkeit einer besseren Zukunft glauben sollten. Beim Haus zur Aussicht ging es ausschließlich um Hoffnung.
Kate versuchte, sich auf die Stimme am Ende der Leitung zu konzentrieren, während sie mit ihrem Stift auf den Papierstapel klopfte und hoffte, er würde in den Papierkorb kippen und für immer darin verschwinden. Aber dieses Glück blieb ihr verwehrt.
Der Bohrer eines Handwerkers kam in den ehemaligen Stallungen stotternd in Gang. Sie hielt sich ein Ohr zu und versuchte, sich gegen das Dröhnen abzuschotten.
Die Angestellten würden in den umgebauten Nebengebäuden auf der anderen Seite des Innenhofs ihre eigenen Unterkünfte beziehen. Weit genug entfernt, um den Mädchen ihre Unabhängigkeit zu garantieren, aber nahe genug, um innerhalb von Sekunden an Ort und Stelle zu sein. Doch bisher hatte sie noch niemanden eingestellt. Kate war sich nicht sicher, wie ihr das gelingen sollte, die richtigen Leute zu finden. Das war ein weiterer Punkt auf ihrer stetig wachsenden Liste der Dinge, die erledigt werden mussten.
Sie wandte die Aufmerksamkeit wieder der Stimme am Ende der Leitung zu.
»Ja, ich verstehe durchaus. Ich denke, wir haben alle Auflagen hundertprozentig erfüllt: Brandtüren, zusätzliche Notausgänge und so weiter. Alle Arbeiten sind von der kornischen Feuerwehr empfohlen und abgenommen worden … Meine
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