Was habe ich getan?
Herausforderung, denn sie war eine Frau, die eine Mission hatte. Trotz ihres festen Entschlusses brannten heiße Tränen in ihren Augen. Warum musste sich eigentlich immer alles als fürchterlicher Kampf erweisen? Die warme, salzhaltige Brise irritierte mehr, als dass sie beruhigte. Kate kümmerte sich wenig um den sprießenden Wiesenkerbel und das rote Leimkraut, als sie gegen die Hecken trat und die Blüten damit auf den von der Hitze verzogenen Asphalt rieseln ließ. Sie schlug die Küchentür hinter sich ins Schloss, knallte den Korb mitten auf den Küchentisch und stieß einen gutturalen, langgezogenen Schrei aus.
»Warum fluchst du nicht einfach? Das ist viel befriedigender«, meldete sich eine Stimme von der Frühstückstheke.
Kate lachte, entschloss sich jedoch, den Vorschlag nicht aufzugreifen.
»Ich wusste gar nicht, dass du schon zurück bist. Wie war es in Truro?«
»Gut, danke, aber hör auf, einfach das Thema zu wechseln. Weißt du, Kate, es stimmt nämlich, dass ein guter Fluch eine höchst therapeutische Wirkung haben kann. Weißt du, dass ich dich in all den Jahren, die wir uns inzwischen kennen, nicht ein einziges Mal richtig habe fluchen hören? Abgesehen von dem läppischen Verdammt und ein paar Mal Scheiße, was ehrlich gesagt eigentlich nicht zählt. Ich bin überzeugt, dass es dir manchmal wirklich guttun würde. Ich liebe es, ordentlich zu fluchen, vor allem im Auto, und ich weiß, dass jetzt genau ein solcher Zeitpunkt gekommen ist. Also, komm schon, Kate, sprich mir nach. Ver…«
»Ich lass es lieber sein«, fiel Kate ihrer Freundin ins Wort und hob die Hand.
»Ich habe nie gewohnheitsmäßig geflucht und werde mit über vierzig nicht damit anfangen!«
»Du bist ein solcher Tugendbold.«
»Ausgerechnet ich!«
»Wie auch immer, was ist los? Warum besteht beinahe die Notwendigkeit zu fluchen?«
Kate sah ihre Freundin an, die mit gespreizten Beinen auf einem Barhocker saß, und seufzte.
»Ach, Natasha, ich hatte einen schlechten Tag. Die Leute kriechen aus dem Unterholz und verlangen Bescheinigungen und Versicherungspolicen und weiß der Himmel was noch alles, bevor wir richtig eröffnen können. Und als wäre das noch nicht genug, haben wir ein kleines Problem, fürchte ich.«
»Huch, das klingt ja dramatisch. Erzähl mir alles.«
Natasha tauchte ihren Malpinsel in das Wasserglas und drehte ihn hin und her, bis die Flüssigkeit eine starke Blaufärbung annahm. Sie fasste ihren weiten Rock zusammen und schenkte Kate ihre ganze Aufmerksamkeit.
»Ich bin im Postamt einem jungen Kerl über den Weg gelaufen, der mir gesagt hat, dass die Einheimischen nicht glücklich darüber sind, was wir hier oben vorhaben.«
»O mein Gott! Sie wissen es, oder? Wir haben Chablis getrunken und Chips gegessen und bis in die frühen Morgenstunden Mamma Mia angeschaut. O mein Gott, was für eine Schande! Ich gestehe alles: Ich schwärme für Pierce Brosnan.«
»Die Sache ist ernst, Natasha, und schlimmer noch, ich habe eingewilligt, heute Abend ins Pub zu kommen und mich den Massen in einer Frage- und Antwortstunde zu stellen. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Ich glaube, ich war einfach wütend und habe mich für einen Moment viel mutiger gefühlt als jetzt.«
»Ich halte das für eine großartige Idee. Wir sollten offen und ehrlich sein, und uns nicht verstecken, als hätten wir ein schlimmes Geheimnis. Wenn wir die Einheimischen erst einmal kennengelernt haben, wird alles in Ordnung sein. Wahrscheinlich glauben die, wir sind ein lesbisches Paar, das ein liederliches Leben führt und sich miteinander amüsiert.«
»Du meine Güte, Natasha, nicht schon wieder die Sache mit der Lesbe, bitte.«
Beide lachten los.
Bald war es kurz vor halb acht. Leise zog Kate die Haustür ins Schloss und spürte einen Anflug von Beklemmung. Wenn sie das nächste Mal durch diese Tür trat, war sie entweder akzeptiert oder ausgegrenzt – ein ziemlich beängstigender Gedanke.
Die beiden schlenderten bei noch immer angenehm sommerlichen Temperaturen die Straße entlang. Kate hatte ihre Kleidung sorgfältig gewählt und eine gut geschnittene Jeans sowie eine Baumwollbluse mit Blumenmuster angezogen und sich nur ganz dezent geschminkt. Die Freude darüber, nach zwei Jahrzehnten der Kleidungsbeschränkungen durch Mark in der Lage zu sein, Hosen tragen zu dürfen, hatte sich noch nicht gelegt. Sie bezweifelte, dass sie jemals nachlassen würde. Mit der über die Schultern gehängten Baumwolljacke und den
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