Was habe ich getan?
werden ihnen mit verschiedenen Maßnahmen helfen, gesund zu werden, durch Therapie und Beratung. Wir wollen sie mit einem neuen Selbstwertgefühl auf den Weg schicken, damit sie gute Mitlieder der Gesellschaft werden und ein menschenwürdiges Leben führen können.«
»Therapie? Welche Therapie? Meinen Sie Aromatherapie und dergleichen?« Die Frage der Postbeamtin war eigentlich nicht lustig gemeint, aber die Leute kicherten trotzdem.
Natasha trat vor. »An diesem Punkt komme wahrscheinlich ich ins Spiel. Ich war einige Jahre lang Kunstlehrerin, und vor ein paar Jahren habe ich eine Weiterbildung zur Kunsttherapeutin absolviert. Ich werde sehr eng mit unserer Heimberaterin zusammenarbeiten.«
Rodney Morris konnte es sich nicht verkneifen, mit donnernder Stimme festzustellen: »Ach, ich verstehe. Nach der altbewährten Strategie: Wir halten sie davon ab, neue Straftaten zu begehen, indem wir sie ein schönes Bild malen lassen. Fantastisch! Aber funktioniert das auch? Warum schicken wir sie nicht einfach ins Disneyland? Zu meiner Zeit hat man an echte Bestrafung geglaubt, nicht an diese ganze linke Kuschelpädagogik.«
Er kicherte in seine Faust. Seine Freunde an der Bar hoben die Gläser in seine Richtung. Eine Geste, die besagte: Ein Punkt für dich, Mann!
»Bestrafung?« Natasha hatte gegen ihre Wut über seine dumme, überholte Einstellung anzukämpfen. »Da ist etwas dran, Rodney, aber im Fall dieser Kinder und Jugendlichen sprechen wir nicht von Bestrafung. Unsere Bewohnerinnen haben ihre Strafe bereits bekommen, wie Sie es ausdrücken würden. Unser Interesse besteht darin, ihnen zu helfen, über die Traumata hinwegzukommen, die sie in ihrem jungen Leben erfahren haben. Diese Jugendlichen sind nicht in der Lage, was ihnen widerfahren ist oder ihre Gefühle darüber in Worte zu fassen. Häufig verdrängen sie Gefühle und Gedanken, die verarbeitet werden müssen. Ich gebe ihnen in einer sicheren Umgebung ein ganz buchstäblich leeres Blatt Papier. Die Kunsttherapie bietet einen sicheren Raum ohne jede Bedrohung und lädt den Einzelnen ein, seine Probleme zu erkunden. Häufig ist es das erste Mal, dass diese Kinder in der Lage sind, mitzuteilen, was sie durchgemacht haben. Und sobald wir das verstehen, können wir herausfinden, wie wir ihnen am besten helfen können.«
»Ich finde, das klingt wunderbar, und falls Sie Hilfe brauchen oder irgendwelche Materialien, würde ich gern mitmachen.«
Natasha blickte zu der älteren Frau hinüber, die in einem Künstlerkittel an der Bar saß. Natasha hatte ihr kleines Atelier mit Galerie am Hafen gesehen.
»Danke, gern. Das wäre großartig.«
Rodney Morris missfiel die Art und Weise, wie sich die Dinge entwickelten. Er war der Meinung, dass seine Position als selbst ernannter Dorfältester untergraben wurde.
»Ich denke, wir haben genug gehört. Was kommt als Nächstes? Kostenlose Grillfeste am Strand für alle hiesigen Sozialschmarotzer? Ach, ich weiß, warum verschenke ich in meinen Restaurants nicht einfach sämtliche Gerichte an all diejenigen, die als Kinder nicht genug umarmt worden sind?« Er schnaubte und drehte sich zur Bar um. »Ich brauche was zu trinken.«
Ein paar von Rodneys Freunden lachten pflichtgemäß. Kurz herrschte verlegenes Schweigen, dann ergriff Kate wieder das Wort.
»Diese Mädchen kommen freiwillig hierher, weil sie etwas aus ihrem Leben machen wollen. Aber das wird nur richtig funktionieren, wenn sie die Unterstützung der Gemeinschaft bekommen, in der sie leben. Sie sind überall ausgestoßen und wie Dreck behandelt worden, und ich möchte, dass sie hier andere Erfahrungen machen. Ich will ihnen diese Chance geben. Ich will ihnen zeigen, dass das Leben auch schöne Seiten hat. Ich will ihnen Hoffnung vermitteln.«
Niemand hörte, wie die knarrende Eingangstür geöffnet wurde.
Mitten in der Debatte trat eine junge Frau ein, die ihre ganze Habe in einem grauen Müllsack bei sich trug und hinten im Dunklen stehen blieb. Sie hörte sich Kates Worte aufmerksam an. Ohne das geplant zu haben, trat sie vor und stellte sich in die Mitte. Ihre massige Gestalt beherrschte den Raum mit der niedrigen Holzdecke. Sie stellte ihren Müllsack auf den Boden.
»Kate hat recht. Seit ich klein war, bin ich ausgestoßen und wie Dreck behandelt worden. Und seien wir doch ehrlich, das war einfach Pech. Manche von Ihnen haben das Glück, hier geboren zu sein und Eltern zu haben, die Sie geliebt haben, und ich hatte eben das genaue Gegenteil. Aber ich
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