Was ich dir noch sagen will
verabredet abzuholen. Dabei war Lisa nicht entgangen, wie aufmerksam Erik die Kundin beobachtete. Ohne dass sie es bemerkte, machte Erik hinter ihrem Rücken mit Handzeichen Scherze darüber, wie Lisa ihr sämtliches Geld aus den Taschen ziehen könnte.
Auf die Frage, was denn das Kleid im Schaufenster kostete, fing er wie wild an zu fuchteln und signalisierte Lisa, den Preis spontan in die Höhe zu treiben.
Lisa schüttelte nur grinsend den Kopf und bemühte sich, vor der Kundin einen konzentrierten Eindruck zu machen.
Nur gut, dachte Lisa, dass weder Jutta noch Katja bislang etwas von Eriks Theater mitbekamen, weil sie sonst ganz sicher einen ausgewachsenen Lachflash bekommen hätte. Doch auf einmal flüchtete sich Jutta kichernd nach nebenan in die Schneiderwerkstatt. Und so fiel es Lisa immer schwerer, sich im Gespräch mit der Kundin zusammenzureißen. Jeden Anflug eines Lachers tarnte sie als Hustenanfall, woraufhin die Frau sie leicht irritiert und ein wenig skeptisch ansah.
Als sie das Verkaufsgespräch trotzdem erfolgreich abgeschlossen hatte und mit Erik endlich auf die Straße trat, boxte Lisa ihm freundschaftlich in die Seite. Sie wollte sich mit der Höchststrafe, einer Kitzelattacke, rächen.
Erik lachte laut auf und befreite sich schnell und ohne große Mühe aus Lisas Umklammerung. Er versuchte, zu fliehen, doch Lisa hielt ihn am Pullover fest. Sie taumelten und drohten in eine Hecke zu stürzen, konnten sich aber im letzten Moment wieder auf die Straße retten. Durch das schnelle Manöver musste ein Radfahrer ausweichen. Der Mann kam ins Schlingern, drohte aufgrund der noch regennassen Straße wegzuschlittern und schimpfte sogleich drauflos.
«’tschuldigung!», rief Erik ihm daraufhin so laut und voller Ironie hinterher, dass Lisa sich augenblicklich für ihn schämte. «Wir hatten einfach Spaß. Wird nie wieder vorkommen!», fügte Erik noch hinzu und kniff Lisa schon wieder in die Seite.
«Der Mann hat recht», sagte Lisa lachend. «Wir sind unmöglich.»
«Ach, der Typ hatte doch sogar einen Helm auf», entgegnete Erik mit gespielter Empörung. «Dem wär schon nichts passiert. Sieht allerdings ganz schön scheiße aus, das Ding. Vielleicht war er deshalb so gereizt.»
«So ein Helm sieht doof aus, ist aber trotzdem wichtig», erwiderte Lisa nun schon ein wenig ernster.
«Fängst du jetzt schon wieder damit an?»
«Ja!»
«Mensch, Lisa. Dieser Vollhorst fuhr so lahmarschig, den würde sogar ein Dreiradfahrer überholen. Wozu braucht der einen Helm?»
«Weil er trotzdem von einem LKW umgenietet werden könnte.»
Lisa wusste genau, dass dies einer ihrer vielen, bislang vergeblichen Versuche war, Erik einen neuen Helm aufzuschwatzen. Denn an seinem alten Kopfschutz hatte sich der Riemen gelöst, sodass er keinen wirklichen Halt mehr bot. Und Lisa ertrug die Sorge nicht, wenn Erik mal wieder ohne Kopfschutz zu einer seiner Trainingstouren aufbrach.
«Aber da, wo ich Mountainbike fahre, gibt es keine LKW s.»
«Auf dem Weg dahin schon», gab Lisa zu bedenken. «Außerdem gibt es in den Harburger Bergen jede Menge Steine und Baumwurzeln und –»
«Und fiese kleine Kobolde, die urplötzlich und hinterlistig aus dem Gebüsch springen», unterbrach sie Erik und gab ihr einen Kuss auf die Nasenspitze.
Lisa wollte ihn erneut in die Seite boxen, doch Erik drehte den Spieß blitzschnell um. Er umarmte Lisa so fest, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte, und steckte ihr seine Zunge ins Ohr. Er wusste ganz genau, wie ekelig sie das fand.
Lisa schrie laut auf und quiekte, sodass sich weitere Passanten kopfschüttelnd nach ihnen umdrehten. Lachend liefen sie weiter.
Es tat so gut, dachte Lisa, mal wieder unbeschwert mit Erik herumzualbern.
Die verspielte Rauferei endete erst, als sie an einem Laden mit Fahrradzubehör vorbeikamen.
Einem spontanen Impuls folgend, zerrte Lisa ihren Mann hinein und triumphierte innerlich, als sie es nach monatelangem Bitten endlich schaffte, ihn dazu zu bringen, wenigstens einen neuen Helm anzuprobieren. Lisa nutzte all ihre Überzeugungskünste. Sie flüsterte Erik sogar ins Ohr, dass sie ihn später noch mit einer Massage verwöhnen würde.
Grinsend ging er auf diesen Bestechungsversuch ein und marschierte wenig später mit einem, wie Lisa zugeben musste, «hässlichen Ding» zur Kasse. Wie so oft bestand Erik allerdings darauf, die Verpackung im Laden zu belassen. Auch das Angebot einer Tragetasche lehnte er dankend ab.
Lisa ahnte schon, was sie
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