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Was ich dir schon immer sagen wollte

Was ich dir schon immer sagen wollte

Titel: Was ich dir schon immer sagen wollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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Loretta Bird. »Ich hab gehört, wie sie sich im Hotelcafé, wo ich gerade eine Cola trank, erkundigte, und da habe ich sie hergebracht.«
    »Entschuldigen Sie die Störung«, sagte die Dame. »Ich bin Alice Kelling, die Verlobte von Mr. Watters.«
    Diese Alice Kelling trug eine braunweiß karierte Freizeithose und ein gelbes Oberteil. Für meine Begriffe hatte sie einen üppigen Hängebusen. Ihr Gesicht war besorgt. Ihre Haare hatten mal eine Dauerwelle gehabt, aber die war herausgewachsen, und sie trug ein gelbes Band, damit sie ihr nicht ins Gesicht fielen. Nichts an ihr, was irgend hübsch oder auch nur jung aussah. Aber an ihrer Redeweise merkte man, dass sie aus der Stadt kam oder gebildet war oder beides.
    Dr. Peebles stand auf, stellte sich, seine Frau und mich vor und bat sie, Platz zu nehmen.
    »Der ist jetzt gerade in der Luft, aber wenn Sie möchten, können Sie gerne auf ihn warten. Er holt sich hier immer Wasser, und er war heute noch nicht da. Er macht wahrscheinlich so gegen fünf Pause.«
    »Das ist er also?«, sagte Alice Kelling und spähte blinzelnd in den Himmel.
    »Er hat doch wohl nicht die Angewohnheit, Sie sitzen zu lassen und einen anderen Namen anzunehmen?« Dr. Peebles lachte. Er war es, nicht seine Frau, der Eistee anbot. Sie schickte mich dann in die Küche, welchen machen. Sie lächelte. Auch sie trug eine Sonnenbrille.
    »Er hat nie was von einer Verlobten erwähnt«, sagte sie.
    Ich machte gerne Eistee in hohen Gläsern mit vielen Eiswürfeln und Zitronenscheiben drin. Ich sollte noch erwähnen, dass Dr. Peebles Abstinenzler war, zumindest zu Hause, sonst hätte ich die Stelle gar nicht annehmen dürfen. Ich musste für Loretta Bird auch ein Glas machen, obwohl mich das wurmte, und als ich herauskam, hatte sie sich in meinem Liegestuhl breitgemacht, mir blieben nur die Treppenstufen.
    »Als ich Sie im Café gehört habe, wusste ich gleich, dass Sie Krankenschwester sind.«
    »Wie können Sie so etwas wissen?«
    »Ich habe so meine Ahnungen. So haben Sie ihn kennengelernt, im Lazarett?«
    »Chris? Ja. Ja, das stimmt.«
    »Ach, Sie waren in Übersee?«, fragte Mrs. Peebles.
    »Nein, das war, bevor er nach Übersee ging. Ich habe ihn gepflegt, als er in Centralia stationiert war und einen geplatzten Blinddarm hatte. Wir haben uns verlobt, und dann ging er nach Übersee. Mein Gott, ist das erfrischend, nach der langen Fahrt.«
    »Er wird sich freuen, Sie zu sehen«, sagte Dr. Peebles. »Bei seinem turbulenten Leben, an keinem Ort lange genug, um Freundschaften zu schließen.«
    »Das ist aber eine lange Verlobung«, sagte Loretta Bird.
    Alice Kelling ging darüber hinweg. »Ich wollte mir ein Zimmer im Hotel nehmen, aber als mir angeboten wurde, den Weg gezeigt zu kriegen, bin ich erst einmal herausgekommen. Könnte ich vielleicht dort anrufen?«
    »Nicht nötig«, sagte Dr. Peebles. »Sie sind fünf Meilen weit von ihm weg, wenn Sie im Hotel übernachten. Hier brauchen Sie nur über die Straße zu gehen. Bleiben Sie bei uns. Wir haben Zimmer über Zimmer, schauen Sie sich dieses große Haus an.«
    Leute zum Bleiben aufzufordern, einfach so, ist sicherlich auf dem Land Sitte, und vielleicht hielt er es inzwischen für selbstverständlich, aber nicht Mrs. Peebles, nach der Art zu urteilen, wie sie sagte, oh ja, wir haben viel Platz. Auch nicht Alice Kelling, die immer wieder protestierte, schließlich aber den Widerstand aufgab. Ich hatte das Gefühl, es war verlockend für sie, so nah zu sein. Ich versuchte, ihren Ring zu erspähen. Ihre Nägel waren rot lackiert, ihre Finger sommersprossig und faltig. Es war ein winziger Stein. Muriel Lowes Kusine hatte einen doppelt so großen.
    Chris kam Wasser holen, am späten Nachmittag, wie Dr. Peebles vorausgesagt hatte. Er hatte das Auto bestimmt schon von Weitem erkannt. Er kam lächelnd.
    »Hier bin ich und jage dir nach, um zu sehen, was du so treibst«, rief Alice Kelling. Sie stand auf und ging ihm entgegen, und sie küssten sich vor uns, berührten sich nur ganz kurz.
    »Auf die Weise wirst du viel Geld für Benzin ausgeben«, sagte Chris.
    Dr. Peebles lud Chris ein, zum Abendessen zu bleiben, da er schon sein Schild aufgestellt hatte, auf dem stand: KEINE FLÜGE MEHR BIS 19.00. Mrs. Peebles wollte, dass im Hof angerichtet wurde, trotz der Insekten. Für alle vom Land ist dieses Draußen-im-Freien-Essen etwas Sonderbares. Ich hatte schon Kartoffelsalat zubereitet, und sie hatte Gemüsesülze gemacht, etwas, was sie konnte, also ging

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