Was ihm fehlen wird, wenn er tot ist: Roman (German Edition)
sicher weicher war als alles, was er bis dahin kennengelernt hatte. Aber wie sollte er das anstellen? Und als Paula an ihn gedrängt lag mit dem hochgeschobenen Hemd, das war sie selbst gewesen, als er ihr nasses Haar zwischen den Beinen spürte, weil sie ihm die Hand dorthin legte, und ihn dieses Fell für einen Moment dann doch an Izy erinnerte, begehrte er sie vollkommen, ja vielleicht sogar mehr als alle weiteren Male. Als sie seinen Hosenlatz geöffnet und den harten Stoff über seinen Hintern hinabgeschoben hatte, kam er schon fast. Sie schaffte es noch, ihn zu sich zu holen. So lagen sie still. Nur für eine sehr kurze Zeit und Paula fing wieder an.
So stark und froh habe ich mich gefühlt, sagt er, als ich eine Stunde später leicht durch das Fenster der unteren Kammer stieg, damit ich den Schlüssel nicht drehen musste an der Haustüre, rüberlief zu Wiech und auf meine Pritsche, wie ich schlaflos lag und durch die Ritzen des Dachs das erste Licht fiel. Wie glücklich ich gewesen bin. Und keinen Moment daran dachte, wie gefährlich es war, was wir da taten. Wind war aufgekommen, der pfiff durch den Dachstuhl, kühlte mein Gesicht, und ich schlief, wie ein Kind schlief ich da.
Er hat lange nicht weinen müssen, drückt sich den Daumen und den Zeigefinger wie eine Klammer zwischen den Augen um die Nase, als könne er den Fluss über die Wangen hinab anhalten, aber der Damm bricht. Er überlässt sich dem Kissen, den Kopf in den Nacken gebogen, die Augen geschlossen, wartet er, lauscht dem Atem der kleinen Schwester, die sich nicht rührt, die kein Wort sagt, die ihn nicht anschaut, da war er sich sicher, denn das würde er doch spüren auf seinem Gesicht.
Jozwik? Hau ab!
Es gibt keine Geister, es gibt keine wiederkehrenden Seelen, und was einmal vorbei ist, kommt nicht zurück. Nur nachts ist das anders, andere Gesetze gelten im Dunkeln, im Traum und im Halbschlaf, und seit der Krankheit gelten sie erst recht. Es gibt keinen Jozwik, es gibt keinen Wiech mehr. Längst nicht mehr.
Janek, hör auf! Bili ń ski hört sich sprechen.
Immer fängt alles mit den pilzigen Nägeln an, mit den weißen leblosen Zehen, mit den schuhlosen schneeweißen Füßen. Schluss!
Den Blick gesenkt halten. Schaut ihn euch an! Und wie ihre Blicke den Mann hinaufwandern mussten. Wie fünfzig polnische und ukrainische und weiß der Teufel was für Männeraugen sich lieber auf die Knie hatten konzentrieren wollen.
Schaut ihn euch an! Schrie der Henker oder ein anderer, was ganz gleich war. Sie gaben sich nichts. Häme und Hass lag in ihren Stimmen und das Vergnügen, Schmerzen zu bereiten, Sieger zu sein, weil man nicht selbst litt. Eine Trophäe hing für die am Galgen. Schaut ihn euch an, so sieht man dann aus. Den Blick stillhalten. Den Kopf heben, aber den Blick gesenkt lassen, er hatte es geübt, unendlich oft geübt, dorthin zu schauen, wo es erträglich war. Die Knie drückten sich unter den speckigen Hosen ab. Bis dorthin und nicht weiter.
Schaut ihn euch an!
Zur Not halfen sie nach, rammten einem die Faust in den Nacken, so dass sich der Kopf ganz von selbst ins Genick bog. Jozwik, den er nur ganz aus der Ferne gekannt hatte, wie der am Seil hing, der baumelnde sehnige Körper, das braungebrannte Gesicht, blau.
Warum darf er nicht wenigstens die Stiefel anbehalten, hatte er Wiech gefragt. Schweine!
Damit man den Tod in die Füße laufen sieht, hatte Wiech gesagt.
Aus! Mach das Licht an, Janek. Er will es sich selbst befehlen.
Die kahlgeschorene Frau in den hässlichen Sackleinen weinte nicht; um den Hals das Schild, verkommenes Subjekt , damit man die Schuld auch lesen konnte, die Arme von einem dieser Schweine in den Rücken gebogen, hineingedrückt ins eigene Kreuz, so dass sie sich ganz sicher nicht wegdrehen konnte, hatte sie zuvorderst stehen müssen.
Du Polendirne, schau es dir noch einmal an! Dein Fickschwein. Nichts war zu hören gewesen außer der ratternden Stimme des Beamten, der das Urteil verlas, GV mit deutscher Frau und so weiter, und der brüchigen des polnischen Übersetzers, weiß er das noch richtig?, und wahrscheinlich, dazwischen, immer wieder dieser krakeelende Drecksack vom Exekutionskommando. Die Geliebte von Jozwik, er und Wiech und die anderen Arbeiter waren erst herbeigeführt worden, als er schon hing. Abschreckung nannten sie das.
Schaut ihn euch an!
Jozwik war ganz sicher lautlos in die Schlinge gestiegen.
Hör auf!
Das Licht ist an. Seit gestern steht sein Bett so, dass er aus dem
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