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Was im Leben zählt

Was im Leben zählt

Titel: Was im Leben zählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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Honigmelonen, meine Wangen sind rosig, und zwischen Tyler und mir ist alles perfekt. Ich wache auf, als das Handy auf meinem Bauch vibriert. Ich bin gestern Abend eingeschlafen, während ich auf Tylers Anruf gewartet habe, mit den Händen auf dem Magen, das Telefon dazwischen.
    «Hey», krächze ich.
    «Es ist halb zehn. Wie geht es dir?»
    Ich drehe mich in Richtung Nachttisch zum Wecker. «Nicht so gut. Ich glaube, ich habe verschlafen. Ich muss heute nicht zur Schule.»
    «Entschuldige», sagt er. «Alles okay?»
    Der Schwangerschaftstest fällt mir ein. Nein.
    «Ja», sage ich. «Alles gut. Wie ist’s beim Angeln?»
    «Schön, super! So gut, dass wir überlegt haben, bis Sonntag zu verlängern, wenn es dir nichts ausmacht. Ich muss erst nächste Woche wieder in den Laden.»
    «Oh. Ich dachte, wir könnten das Wochenende zusammen verbringen.» Ich schließe die Augen, weil ich das Gefühl habe, es geht mir besser, wenn sie zu sind.
    «Ich weiß …» Er zögert, wartet darauf, dass ich es ihm leichtmache. «Aber weißt du, es ist gerade Hochsaison. Die Forellen springen uns praktisch aus dem See in die Arme.»
    «Okay.» Ich seufze. «Klar, sind ja nur ein paar Tage.» Ich beschatte mit der freien Hand mein Gesicht. Am liebsten würde ich das Licht ganz aussperren.
    «Toll! Ich liebe dich.» Er zögert. Seine Stimme klingt befangen. «Äh, hör mal, es gibt noch was.» Er hustet zweimal, aber es klingt nicht wie echtes Husten, eher als wollte er Zeit schinden. «Hm, also, ja. Puh. Jamie Rosato hat angerufen.»
    Ich fahre in die Höhe. Viel zu schnell. Um mich herum dreht sich alles. Jamie Rosato! Er hat zusammen mit Tyler in der College-Mannschaft gespielt, damals, ehe Tyler sich das linke Kreuzband riss, eine Verletzung, von der er sich nie ganz erholte. Seine sicher geglaubte Aussicht auf die Majors oder wenigstens einen Platz bei den Minors hatte sich in einer einzigen qualvollen Fehlgrätsche für immer in Luft aufgelöst.
    «Also, du weißt ja, dass wir einmal im Jahr telefonieren, und diesmal hat er mich gebeten, zu kommen und mich mal umzusehen. Der Trainerassistent der UW ist gerade an die Oregon State gewechselt.» Er verstummt, wartet auf meine Antwort, die ich natürlich nicht habe, weil ich zu viel damit zu tun habe, die Information zu verdauen. Weil ich versuche, mir klar zu werden, warum ich ein derartig heftiges Déjà-vu-Gefühl habe, obwohl ich weiß, ganz genau weiß , dass wir dieses Gespräch so noch nie geführt haben. Abgesehen davon, dass Jamie Rosatos jährlicher Anruf regelmäßig zu Diskussionen führt, weil er Tyler immer dazu überreden will, nach Seattle zu kommen und die Mannschaft der University of Washington zu trainieren.
    «Äh, also, es ist so», stammelt Tyler, «ich glaube, dieses Jahr denke ich ernsthaft darüber nach. Hinzufahren. Also, weißt du, nach Seattle an die UW zu fahren und mir mal anzuhören, was sie zu sagen haben.»
    «Wir können nicht nach Seattle ziehen!», quieke ich, weil ich endlich meine Sprache wiedergefunden habe.
    «Kein Mensch spricht davon, nach Seattle zu ziehen», sagt er etwas zu lässig. Ich habe plötzlich das Gefühl, als hätte er das Gespräch vorhergesehen und sich seine Antworten zurechtgelegt, seine Pfeile aus dem Köcher gezogen und den Bogen gespannt. «Ich will nur mal hören, was sie zu bieten haben.»
    Mein Mund ist trocken, zu trocken, und mein schaler Morgenatem klebt mir auf der Zunge. Ich kann nicht antworten, bringe keinen Ton heraus.
    «Tilly? Tilly? Bist du noch da?»
    «Ich bin da», sage ich. Mir ist schlecht. Ich glaube, ich muss gleich kotzen, quer über die perfekte weiße Bettdecke in meinem perfekten Schlafzimmer in meinem perfekten Haus minus meinem perfekt bescheuerten, dämlichen Ehemann. Ich will ihn gerade attackieren, mein neues Temperament kann es gar nicht erwarten, endlich ausprobiert zu werden, aber er kommt mir zuvor, schneidet mir das Wort ab, ehe ich die neue Richtung einschlagen kann.
    «Es ist überhaupt keine große Sache. Ich habe mich auf überhaupt nichts eingelassen», wiederholt er. «Hör zu, wir sind gerade auf dem Weg in die Stadt, um was zu besorgen. Ich habe gleich keinen Empfang mehr. Wir reden Sonntag darüber. Versprochen.» Seine Stimme ist kaum noch zu verstehen. «Versprochen» klingt eher wie Ve-ro-en, aber ich weiß, was er meint, auch wenn ich ihm nicht glaube. Ich glaube kein einziges Wort aus seinem stinkigen Maul.
    Die Verbindung reißt ab, und ich schleudere das Telefon auf die

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