Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was im Leben zählt

Was im Leben zählt

Titel: Was im Leben zählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
Vom Netzwerk:
weg von hier, wo die Wahrheit sich mir auf einmal enthüllt und alles Lügen straft, was ich bis jetzt für wahr gehalten habe. «Wieso hat Ty nicht mit mir gesprochen? Wieso erfahre ich das hintenrum, über Austin und dich?»
    «Ich weiß es nicht …» Ich spüre ihren Blick auf mir. «Austin hat es wirklich ganz nebenbei erwähnt und mich gebeten, es für mich zu behalten. Ich habe auch gar nicht weiter nachgefragt. Es tut mir leid. Ich hätte nachfragen müssen. Ich hatte einfach anderes im Kopf.»
    «Er ist ein Arschloch», meldet Darcy sich zu Wort.
    «Halt’s Maul, Darcy», sage ich. Sie funkelt mich wütend an, aber sie sagt nichts mehr.
    «Ihr sprecht also wieder miteinander, du und Austin», sage ich zu Susie, in dem verzweifelten Versuch, vom Thema abzulenken, von der Bedeutung des Augenblicks, dessen Gewicht ich schlicht nicht ertragen kann. «Das ist gut», sage ich, weil ich nicht weiß, was ich sonst sagen soll.
    «Tja, wahrscheinlich.» Susanna zuckt die Achseln. Der Sicherheitsgurt bewegt sich auf ihrer Schulter. «Ich habe den Fehler gemacht, ihm gestern Abend, als er die Kinder gebracht hat, ein Glas Wein einzuschenken. Das hat er irgendwie als Einladung verstanden. Er hat versucht, mit mir rumzumachen.» Sie bricht in schallendes Gelächter aus, als wäre an der Vorstellung irgendetwas zum Lachen, dass ihr Ehemann, der sie betrog, obwohl sie ihm ihr ganzes Erwachsenenleben gewidmet hat, sie in ihrer eigenen Küche anbaggert. Aber weil ich mich so verzweifelt nach einem Fünkchen Freude sehne, und sei sie auch noch so schräg, falle ich in ihr Gelächter mit ein, die Augen starr auf die Straße geheftet, das Gesicht zu einer Maske von schmerzlichem, unerbittlichem, krankem Sarkasmus verzerrt. Susanna kann sich nicht mehr halten vor Lachen. Tränen laufen ihr übers Gesicht, und ich stelle mir Austin vor, wie er mit seinen Riesenpranken dreist und prahlerisch versucht, Susanna bei einem Glas Chardonnay zu betatschen, in der irrigen Annahme, er hätte jemals wieder eine Chance bei ihr. Sogar Darcy stimmt mit ein, denn obwohl an alldem im Grunde wirklich gar nichts komisch ist, wirkt unser Gelächter ansteckend, hochinfektiös wie eine Epidemie.
    «Mein Gott, kannst du dir vorstellen, dass es für uns auf der ganzen Welt nichts Wichtigeres gab, als bei diesen Typen zu landen?» Ich muss schlucken. Ich erinnere mich daran, wie ich mit Tyler runter zum See gefahren bin und mich in seinem alten Auto an ihn gepresst habe, wie ich mit ihm bei uns auf der Veranda saß, die allerletzte Minute bis zum Schluss auskostend, seine salzigen Lippen auf meinen, ehe ich endgültig ins Haus musste. Und jetzt? Jetzt sitze ich plötzlich hier in meinem alten Geländewagen, mit meiner todtraurigen besten Freundin und meiner verlorenen, verletzten kleinen Schwester, und auf einmal ist an der ganzen Sache überhaupt nichts mehr komisch. Wie aufs Kommando erstirbt unser Gelächter, als hätte jemand mit einem Saugnapf sämtliche Fröhlichkeit aus unseren Kehlen entfernt. «Trotzdem, Susie. Versuch, dich an damals zu erinnern. Vielleicht kannst du ihm ja doch irgendwann verzeihen.» Wenn die beiden es schaffen, dann schaffen wir es vielleicht auch, wir alle, wir vier , denke ich, doch dann ertönt Ashley Simmons’ Stimme in meinem Ohr, lästig wie eine Mücke: «Silly Tilly Everett! Als wären Ehemänner und Kinder die Lösung für alles!»
    «Hör mal, ihr zwei kriegt das schon irgendwie hin. Aber wir? Keine Ahnung.» Susie schaltet das Radio wieder an, und ich biege auf den Schulparkplatz ein. «So weit weg ist Seattle schließlich auch wieder nicht. Ihr könnt euch an den Wochenenden sehen, und die Zeit außerhalb der Saison kann er auch hier verbringen.»
    Ich antworte nicht. Denn wenn ich auch nicht weiß, was genau sich hier im Augenblick entfaltet, eines weiß ich ganz sicher: Ich bin nicht an einer Ehe interessiert, die sich auf die Spielpausen beschränkt. Die Frage, die sich hier stellt, grüble ich, während wir uns zu Rektor Andersons Büro auf den Weg machen und Darcy in Richtung Musiksaal verschwindet: Weshalb weiß mein Ehemann das nicht? Oder falls doch – und dessen bin ich mir eigentlich sicher –, warum geht er diesen Schritt trotzdem?

    Anderson stimmt Grease zu – er verdreht die Augen, und es ist offensichtlich, dass er lieber sonst wo wäre, als sich mit den Vorschlägen für ein Highschool-Musical zu beschäftigen, und als Darcy und ich wieder nach Hause kommen, hat Dad es sich auf der

Weitere Kostenlose Bücher