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Was im Leben zählt

Was im Leben zählt

Titel: Was im Leben zählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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triumphieren sollte. Vielleicht sollte sie das wirklich , denke ich. Vielleicht aber auch nicht , echot genauso laut eine völlig unerwartete Überlegung. Ich werde versuchen, so zu tun, als erinnerte ich mich nicht mehr an Tylers Versprechen, dass wir für immer in Westlake bleiben; an Tylers Schwur von damals, als sich Darcys zerbrechliche Seele mit meiner Hilfe endlich wieder so weit wie möglich stabilisiert hatte, als sie endlich nachts durchschlief und ihre Albträume abebbten; an seinen Schwur, dass wir meine Familie niemals verlassen, sie niemals aus meiner Obhut, meiner Wacht, meiner Fürsorge entlassen müssten. Weil ich in jener Nacht mit Tyler unterwegs gewesen war, in der Nacht, als Darcy, gerade zehn Jahre alt, sich in Todesangst im Schrank versteckte und die Luft anhielt, während ein Junkie ihr Zimmer durchwühlte, ihr Eigentum, ihr Leben, auf der Suche nach irgendwas, das sich zu Geld machen ließ, und sie rasend vor Angst hoffte, dass er sie nicht entdeckte, ihr Wimmern nicht hörte und ihr nicht noch viel Schlimmeres antat.
    Ich hätte bei ihr sein müssen. Ich hätte da sein müssen, aber ich war in Tylers Auto auf dem Rücksitz, bei beschlagenen Scheiben, und vögelte ihm das Hirn raus, weil wir endlich wieder zusammen waren und zwischen den Semestern nur diese paar Sommerwochen hatten. Und als Darcy mich dann endlich bei Tyler zu Hause erreichte – nachdem sie es nicht geschafft hatte, Dad zu wecken, der im Vollrausch auf dem Sofa lag –, so hysterisch, dass ich sie kaum verstehen konnte, und als ich sie endlich abgeholt hatte, wir beide am ganzen Leib zitternd, sie vollkommen gebrochen, nahm ich Tyler besagtes Versprechen ab. Und er, völlig aus der Fassung und kreidebleich, versprach, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, alles, was ich wollte. Versprach, dass wir für immer in Westlake bleiben würden. Dass ich immer hier sein könnte, um auf meine Familie aufzupassen, auf sie alle, damit niemand, vor allem meine kleine Schwester nicht, sich jemals wieder so bedroht und so unendlich verlassen fühlen musste. Dass Darcy irgendwann ging, änderte daran gar nichts, zumindest nicht für mich. Tyler weiß , dass Westlake Balsam für mich ist, der Kleister, der mich zusammenhält. Und er will trotzdem gehen.
    Tina Sacrow, die an der State drei Jahre unter mir war, will unsere Bestellung aufnehmen und reißt mich aus meinen Gedanken.
    «Gratuliere!», sagt sie, nachdem sie mein Bier und Susannas Margarita notiert hat.
    «Ich bin ganz schön stolz auf sie», sage ich. «Sie hat noch nie in Westlake gespielt.»
    «Ach so, ich meinte Tyler und seinen neuen Job», sagt sie über die Schulter, schon wieder auf dem Weg zum nächsten Tisch.
    Ich starre die Schale mit Erdnüssen an, die auf dem Tisch steht. In meinen Schläfen pocht es.
    «Warte, bis er zurück ist, ehe du mit ihm redest.» Lulu hat meine Gedanken erraten. Sie hat mir bereits gesagt, sie würde keine Sekunde lang zögern, nach Seattle zu ziehen. War ja klar, dass sie das sagen würde , dachte ich gestern, als ich ihr erzählte, wie krank mich die ganze Geschichte macht, dass ich kotzen könnte vor Ärger. Doch dann wechselte sie das Thema, redete über ihre Morgenübelkeit, über ihre empfindlichen Brüste und dass ihr die Hosen schon jetzt zu eng werden. Was mich nur wieder daran erinnerte, dass wir auf gegenüberliegenden Seiten des Abgrunds stehen, dass mein Innerstes sich in einen Tampon ergießt, während in ihr die Hormone toben. Du bist nicht ich! Du bist nicht diejenige, die versprochen hat, sich um alles zu kümmern! , dachte ich und legte auf.
    «Ja, lass gut sein!» Heute Abend stößt Susie ins gleiche Horn. «Nichts ist in Stein gemeißelt.»
    Ist es doch. Meine Vision hat mir gezeigt, was aus uns werden wird. Wie sich erweist, ist so vieles in Stein gemeißelt – nur die Versprechen nicht, die mein Ehemann mir gegeben hat.
    «Ist ja auch egal.» Ich wedle mit der Hand. «Wie hat Austin es aufgenommen?»
    «Nicht gut.» Susie schüttelt den Kopf. «Er hat geweint und geweint, und ich glaube, ich auch ein bisschen.» Sie zögert kurz. «Er hat mich angefleht, ihm zu verzeihen. Rumgeheult, wie sehr er mich liebt.» Sie trinkt einen großen Schluck Margarita. «Wie kommt er darauf, dass ich ihm einfach verzeihen kann?» Sie gibt Tina ein Zeichen, die nächste Runde zu bringen.
    «Weil er dich immer noch liebt?» Mein letzter, kläglicher Versuch, sie umzustimmen.
    «Das hat damit überhaupt nichts zu tun.» Susanna starrt

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