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Was ist Gott?: Das Buch der 24 Philosophen (German Edition)

Was ist Gott?: Das Buch der 24 Philosophen (German Edition)

Titel: Was ist Gott?: Das Buch der 24 Philosophen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Flasch
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Spruch V nicht ausdrücklich Hermes zuschrieb und der dessen weiten Weg von der pseudo-aristotelischen Schrift Über die Welt zu Boethius und Anselm kannte, erklärte gleich im zweiten Satz, dieses Prinzip könne evidenter bewiesen werden. Er dachte dabei nicht an die Bibel, berief sich auf Hermogenes, der auch Hermes heiße, Vater der Philosophen, der dreimal größte Philosoph, König von Ägypten.[ 83 ]
    Bradwardine fand, er stehe allein bei der Verteidigung des strengen Augustinismus mit seiner Erbsünden- und Gnadenlehre, Prädestination und der Hölle für alle Ungetauften. Alle Welt führe den Namen Augustins im Munde, aber er habe die Entdeckung gemacht: Das Christentum Augustins war gar nicht mehr da. Mit De causa Dei forderte Bradwardine sein Jahrhundert in die Schranken; er machte ihm den Prozess – diese forensische Metapher hat er intendiert: Er wollte die Rechtssache Gottes gegen die Pelagianer vertreten, und er sah die Welt voll von Pelagianern. Er erzählt, er sei beim Studium der Philosophie Pelagianer geworden. Wenn bei theologischen Vorlesungen die Sprache auf diesen Gegenstand gekommen sei, «da schien mir die Wahrheit auf der Seite des Pelagius zu liegen. In den Schulen der Philosophen hörte ich so gut wie nie etwas über Gnade, höchstens vielleicht dieses Wort in übertragener Bedeutung, aber den ganzen Tag lang hörte ich, wir seien Herren unserer freien Akte und dass es in unserer Macht liegt, gut oder böse zu handeln, Tugenden oder Laster zu haben. Und wenn ich in der Kirche zuweilen die Lesungen des Apostels hörte, die die Gnade hochpreisen und den freien Willen herabdrücken – wie z.B. das 9. Kapitel des Römerbriefs: Nicht auf das Wollen und Laufen komme es an, sondern auf die Barmherzigkeit Gottes – so missfiel mir dies in meiner Undankbarkeit gegen die Gnade.»[ 84 ]
    Dies ist das seltene Bekenntnis eines jungen Philosophen aus dem Anfang des 14. Jahrhunderts, der in der Kirche Worte des Römerbriefs hörte, die im Gegensatz standen zu den philosophischen Vorlesungen. Es klingt, als wolle Bradwardine diesen Zwiespalt radikal beenden und als intendiere er eine theologische Reaktion auf die Überschwemmung des Christentums durch Philosophie. So hat Gordon Leff das Buch als «die Antwort des Glaubens auf den Skeptizismus»[ 85 ] (Ockhams) gedeutet.
    Bradwardine wusste, dass seine Kritik an der philosophischen Tradition als Anti-Philosophie gedeutet werden konnte. Deshalb wandte er sich wenige Zeilen nach der soeben zitierten Stelle gegen antiphilosophische Theologen: Viele ‹moderne› Philosophen seien Pelagianer, sagt er; die Ansicht des Pelagius komme vielen als die vernünftigere vor, wenn sie aber wahrhaft philosophieren wollten, dann kämen sie dahin, diese Ansicht philosophisch zu widerlegen.[ 86 ]
    Die Originalität Bradwardines bestand nicht in der Repetition des dogmatischen Standpunktes Augustins, sondern in seiner philosophischen Rekonstruktion und polemischen Aktualisierung. Was die philosophische Rekonstruktion anging, so sollte sie – völlig unaugustinisch – methodisch streng erfolgen; sie sollte die Allursächlichkeit Gottes aus einer einzigen philosophischen Prämisse einsichtig machen. Bradwardine hat nicht die «Autorität des Dogmas» (Leff), sondern die mathematisch geschulte, methodisch vorgehende Vernunft den zeitgenössischen Irrtümern entgegengesetzt. Er begann sein Werk mit der Lehre vom ersten Grund. Von ihm sollten alle Prädikate gelten, die ihn als das höchste Gut denken ließen, als das, worüber hinaus Besseres nicht gedacht werden kann. Bradwardine zitierte dafür gleich auf der ersten Seite nach Hermes und Boethius auch Anselm von Canterbury. Anselm, nicht Thomas von Aquino, war sein methodisches Vorbild; so wurde De causa Dei zu einem Monologion des 14. Jahrhunderts – eine streng philosophische Analyse des Gottesgedankens. Wie wenig dies als ‹Theologie› im heutigen, engeren Sinne gemeint war, beweist der Text als Ganzes; es ergibt sich schon aus den Autoritäten, die Bradwardine noch vor Anselm auf der ersten Seite zitiert. Wie gesagt, war das zuerst «Hermes, der Vater der Philosophen», «Philosoph und Prophet».
    Ferner zitiert Bradwardine, immer noch vor Anselm, Aristoteles und Boethius. Er hatte – wie die Vierundzwanzig – eine philosophische Konzeption, auch wenn er von der augustinisch-christlichen Gnadentheorie sprach. Im Anschluss an Anselms Monologion c. 15 formulierte er die methodische Regel: Alle jene Prädikate sind

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