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Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Titel: Was ist koscher - Jüdischer Glaube Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Spiegel
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Schneider zum Beispiel.
    Mischnah: Gesetzestexte
    Während des allerletzten Aufstandes des jüdischen Volkes in ihrer Heimat, 132-135 d.Z., musste die Akademie aus Sicher-heitsgründen umziehen: nach Galiläa. Die Führung übernahm inzwischen Judah haNassi, Juda, der Fürst (ein Ehrentitel!).
    Die gesamte mündliche Diskussion darüber, wie die Gesetze ausgelegt werden müssten, war inzwischen sehr komplex und umfangreich geworden, und allmählich haĴ en die Gelehrten Mühe, sich das alles zu merken. Vor allem: Sie haĴ en 98
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    Angst, dass diese wichtigen Diskussionen, die den Juden für die ZukunĞ als Leitfaden dienen sollten, in Vergessenheit geraten könnten.
    Judah haNassi entschied, die DebaĴ en und Entscheidungen über jedes einzelne Thema, über jedes Gesetz niederzuschreiben und damit für immer festzuhalten. Da er in Gelehr-tenkreisen über unglaubliches Ansehen verfügte, wurden die Bücher, die er darauĢ in verfasste, offi
    ziell als verbind-
    lich angenommen. Diese Texte heißen »Mischnah« (hebr.: die Wiederholung, die Lehre). Es handelt sich dabei um sechs Bücher mit jeweils einem übergeordneten Thema: Das Buch
    »Seraim« beschäĞ igt sich mit den göĴ lichen Geboten für die LandwirtschaĞ , das Buch »Moed« behandelt die Gesetze für Schabbat, für Fast- und FesĴ age. »Naschim« setzt sich mit den Bestimmungen für die Heirat und die Scheidung auseinander, »Nesikin« ist dem Zivil- und Strafrecht gewidmet,
    »Kodaschin« behandelt die Gesetze des Tempel- und des Opferdienstes und »Tohorot« ist den Regeln der rituellen Reinheit gewidmet.
    Man mag sich nun fragen, wozu das Buch »Kodaschin« gut war – schließlich gab es keinen Tempel mehr. Doch gerade an diesem Buch kann man zwei wesentliche Merkmale des Judentums, vor allem aber der Arbeit der Gelehrten von damals festmachen. Da ist zum einen der Aspekt der Erinnerung. Das Judentum ist eine Lebensweise, die stark der Erinnerung verpfl ichtet ist, denn nach jüdischer Überzeugung ist die Erinnerung ein entscheidendes Moment für die Vergewisserung der eigenen Identität. Inzwischen weiß das jeder Historiker – die GeschichtswissenschaĞ basiert auf dieser Erkenntnis, und jede Nation steckt viel Energie in die eigene Geschichtsauf-arbeitung, damit man sich immer wieder klar machen kann, wer man eigentlich ist, woher man kommt, wohin man geht.
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    Doch damals war das nicht so selbstverständlich. Und das lag an der Auff assung von Geschichte bei den anderen Völkern. In sehr vielen Kulturen wurde Geschichte als eine Art Kreislauf angesehen: Alles wiederholt sich, alles beginnt immer wieder von vorn, ein ewiger Kreislauf der Natur, des Kosmos. Insofern waren Ereignisse der Vergangenheit aus-tauschbar, keine »unwiederbringlichen Momente« – sie waren ja nur eine Variante des Immergleichen.
    Das Judentum dagegen entwickelte seit seinen frühesten Anfängen eine zielgerichtete Geschichtsvorstellung, die man heute ideologisch nennt und die allen abrahamitischen Religionen (also auch Christentum und Islam) eigen ist: Die Schöpfung beginnt – und von da ab bewegt sich die Zeit wie auf einer Linie einem unbekannten Ziel (Griechisch: Telos) zu. Wenn Geschichte aber einem Ziel entgegenstrebt, dann ist jedes Ereignis wichtig, denn es führt zu diesem Ziel, hat also eine Ursache aus der Vorgeschichte und eine Auswirkung auf die ZukunĞ . Die Geschichte als GoĴ es Plan, den die Juden zu erfüllen haben – in solch einem Weltbild wird Erinnerung wesentlich und unverzichtbar.
    Doch es gibt noch einen weiteren Grund dafür, ein Buch wie »Kodaschin« niederzuschreiben, obwohl der Tempel zu diesem Zeitpunkt bereits in SchuĴ und Asche lag. An die Stelle des Tempeldienstes kam jetzt das Lernen über den Tempeldienst. Dieses Lernen nahm quasi die Stelle des eigentlichen Rituals ein. Es war der Beginn der Abstraktion im Judentum, wie es Jochanan ben Sakkai, Gamaliel II., Judah haNassi und all die anderen Weisen vorgesehen haĴ en. Der Tempel, Jerusalem, Zion – all das war nur noch Staub. Alternativen mussten geschaff en werden, die metaphorisch, abstrakt oder sonst wie die Stelle der einstigen Rituale übernehmen sollten. Das Lernen der Regeln für den Tempeldienst (und damit die Er-100
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    innerung daran) war nun das Äquivalent für die eigentlichen Handlungen im Tempel. So verfuhr man

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