Was ist koscher - Jüdischer Glaube
Vaterhaus, je ein Lamm für das Haus [...] Das Fleisch aber sollen sie in derselben Nacht essen, am Feuer gebraten, 201
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dazu ungesäuerte Brote; mit biĴ eren Kräutern sollen sie es essen. [...] In Hast sollt ihr es essen, als Pessah dem Ewigen.‹« (Ex. 12, 1-3, 8, 11)
Das Pessachfest fällt also in den Monat Nissan, der als erster der Monate und damit als Beginn des religiösen Jahres von GoĴ bestimmt ist. Das hat seine spirituelle Richtigkeit, wenn man bedenkt, dass Pessach den AuĠ ruch des jüdischen Volkes in die Freiheit markiert und dass fünfzig Tage später, am Feiertag Schawuot, GoĴ dem Volk Israel am Berg Sinai die Thora gab und somit das jüdische Volk zu einer Nation wurde. Das war der historische Beginn der Nation mit einer eigenen Gesetzgebung. Als solches wird Pessach bis heute in seiner Symbolik begriff en.
Dennoch ist der 1. Tischri zum Jahresbeginn geworden.
Warum das so ist, ist nicht ganz klar. Eindeutig kann man sagen, dass Rosch haSchana, der »Kopf des Jahres«, am 1. Tischri in der Thora nicht als solcher bezeichnet wird. Die SchriĞ
spricht von einem Fest an diesem Tag, aber erst im Laufe der Jahrhunderte wandelte es sich zum Neujahrsfest. Im Talmud wurde lange darüber gestriĴ en, ob Nissan oder Tischri den Anfang des Jahres, ja den Anfang der Welt markierte und den Monat, in dem die Patriarchen geboren wurden.
Tischri hat gewonnen. Immerhin: am 10. Tischri, an Jom Kippur, übergab Moses dem Volk zum zweiten Mal die stei-nernen Bundestafeln, nachdem er die ersten aus Zorn über das Goldene Kalb zerschmeĴ ert haĴ e. Man könnte daher auch Tischri als »AuĠ ruchszeit« verstehen, wenngleich der Herbst als die Zeit der Einkehr, der Refl exion über das eigene Handeln mit seiner beginnenden Düsterheit, seiner Kälte und dem einsetzenden Regen weniger geeignet scheint als der fröhlich auĠ lühende Frühling.
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Der jüdische Kalender aber hat sich nun eingebürgert, und dabei ist es geblieben. Noch eine kleine amüsante Anmerkung am Rande. Für viele Beobachter hat es durchaus etwas Belustigendes, zu sehen, wie Juden an Pessach in München oder Warschau, in Moskau oder New York das einmalige
»Tal«-Gebet, das Gebet um Tau, mit großer Inbrunst singen, während es draußen in Strömen gießt. Die spinnen, die Juden, denkt sich da nicht nur ein Gallier. Ebenso im Herbst, wenn wir die Regenzeit herbeibiĴ en, und draußen beginnt es in der einen oder anderen Gegend bereits zu schneien. Die spinnen wirklich, diese Juden!
Doch in Wirklichkeit sind solche Gebete, die seit Jahrtausenden existieren, nur ein Zeichen der intensiven, niemals auĢ ö-
renden Verbundenheit des jüdischen Volkes mit seiner alten Heimat, die ihm 2000 Jahre unerreichbar blieb. Alle Gebräuche und Gebete, die sich auf die LandwirtschaĞ oder auf das WeĴ er, auf die Natur oder bestimmte Lebewesen beziehen, meinen immer nur Israel und nichts als Israel. Und darum betet man beim letzten Schnee in Novosibirsk um Tau und ist mit der Seele und mit allen Gedanken in Zion, dort, wo man in völliger Freiheit das sein kann – und seit nun mehr als fünfzig Jahren auch ohne Angst vor Verfolgung –, was man der HerkunĞ , der Kultur, dem Glauben nach ist und immer war: ein Jude.
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Warum dürfen Juden am Schabbat
nicht arbeiten?
Wenn heutzutage GewerkschaĞ en in Deutschland und anderswo darum kämpfen, die 35-Stunden-Woche durchzusetzen oder zu bewahren, dann ist das, wenn man so will, ein Ergebnis des göĴ lichen Gebots vom Berg Sinai:
»Gedenke des SabbaĴ ages, ihn zu heiligen! Sechs Tage sollst du arbeiten und all dein Werk verrichten; aber der siebente Tag ist ein Sabbat dem Ewigen, deinem GoĴ . Da sollst du keinerlei Werk verrichten, du und dein Sohn und deine Tochter, dein Knecht und deine Magd und dein Vieh, und dein Fremdling, der in deinen Toren ist.«
(Ex. 20, 8-10)
Die Erfi ndung eines Ruhetages ist also eine rein jüdische Sache und war damals, vor rund 4000 Jahren, eine wahre Revolution! Das mag heute vielleicht merkwürdig klingen angesichts des Sonntags und der FünĞ agewoche, die für viele Menschen eine Selbstverständlichkeit ist. Doch man muss sich immer wieder bewusst machen, dass zu biblischen Zeiten und noch lange danach der Mensch tagtäglich um sein Brot kämpfen musste. Ruhetage oder gar Urlaub – das waren Worte,
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