Was ist koscher - Jüdischer Glaube
erfüllbaren Versprechen für ungültig zu erklären, um auch dem schlimmsten Sünder reinen Gewissens die Beteiligung am GoĴ esdienst von Jom Kippur zu ermöglichen. Er bekommt an diesem Tag von GoĴ eine allerletzte Chance zur Umkehr. Der »GoĴ der Rache«, wie man den jüdischen GoĴ
aus christlicher Sicht gerne bezeichnet, erweist sich in Wirklichkeit einmal mehr als ein GoĴ des Erbarmens!
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Jom Kippur
Mit großer Ehrfurcht, in einer einzigartigen Atmosphäre beginnt am Abend der höchste Feiertag des jüdischen Kalenders. Da dies aber eigentlich der Schabbat ist, wird Jom Kippur auch Schabbat Schabbaton genannt, der Schabbat aller Schabbate. Selbst wenn er nicht auf einen Schabbat fällt, ist er als solcher zu verstehen.
Jom Kippur ist also nach Rosch haSchana der zehnte Tag der Tage der Umkehr, und man wünscht sich ein »Gmar Cha-tima Tova«, ein gutes Urteil und Siegel. An Jom Kippur wird das Schicksal des Einzelnen, des »MiĴ elmäßigen« endgültig besiegelt, am Ende des Feiertags werden die Tore des himmlischen Gerichtes endgültig geschlossen. Wer bis dahin nicht Tschuwa, Umkehr, geleistet hat, der braucht sich über das, was ihn dann im neuen Jahr erwartet, nicht zu wundern.
Nach Rosch haSchana sind die Tage bis Jom Kippur als mehr oder weniger normale Werktage abgelaufen. Man geht zwar wieder seiner Arbeit nach, wie sonst auch, doch in der Liturgie des normalen GoĴ esdienstes am Morgen, Nachmit-tag und Abend gibt es zahlreiche Zusätze, die den Betenden daran erinnern, dass auch diese »normalen« Werktage zur Umkehr genutzt werden sollen.
Jom Kippur beginnt, wie alle Feiertage im Judentum, am Abend. Zurückzuführen ist das auf die Schöpfungsgeschich-te im Buch Genesis, das jeden Tag mit dem Abend beginnt:
»Und es ward Abend und es ward Morgen: 1. Tag« und so weiter.
Der Tag vor Beginn von Jom Kippur ist ein Tag der Vorbereitung, denn der Versöhnungstag verlangt sehr viel seelische und mentale Vorarbeit. Es ist ja der Tag der Versöhnung mit GoĴ . Und die ist nur möglich, wenn man sich vorher mit 234
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allen Menschen aussöhnt, mit denen man sich im Laufe des vergangenen Jahres zerstriĴ en hat. Denn nur, wenn man sich mit den Mitmenschen ausgesöhnt hat, ist GoĴ überhaupt bereit, den Gebeten der Sühnenden zuzuhören!
Gläubige Juden nehmen diese Pfl icht sehr ernst. Eigentlich beginnen sie gleich nach Rosch haSchana damit, sich mit ihren Feinden auszusöhnen. Sie verzeihen und entschuldigen sich, sie bemühen sich, ihre Fehler wieder gutzumachen, sie gehen auf genau die Menschen zu, mit denen sie den größten Streit haĴ en. In Gegenden, wo orthodoxe Juden noch nahe beieinander leben, sieht man am Tag vor Jom Kippur häufi g kleine Grüppchen beisammen stehen, sich die Hände reichen oder auch umarmen.
So geht der Vortag dahin. Gleichzeitig bereitet man ein festliches letztes Mahl vor, das man am NachmiĴ ag einnimmt.
Denn am Schabbat aller Schabbate gelten neben allen Schabbat-Geboten und -Verboten fünf weitere Gebote: 1. Jom Kippur ist ein radikaler FasĴ ag, man darf weder essen noch trinken. Der FasĴ ag dauert jedoch nicht nur 24
Stunden, sondern etwas länger. Das Fasten beginnt am SpätnachmiĴ ag, nach der letzten Mahlzeit vor Beginn des Abendgebetes, und geht bis zum nächsten Abend nach dem Ende des Jom Kippur. Meistens fastet man also 26
Stunden.
2. An Jom Kippur ist es verboten, sich zu waschen. Das heißt, man darf zwar eine Waschprozedur vornehmen, die hygienischen Zwecken dient, doch nichts darüber hinaus.
Das führt zu Gebot:
3. Alles, was ein »kosmetisches« Ansinnen wäre, also was der zusätzlichen Verschönerung der eigenen Person dient, ist zu unterlassen. Männer rasieren sich also nicht an diesem 235
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Tag, Frauen legen keine Schminke auf, man parfümiert sich nicht und so weiter. Am Tag des Gerichtsurteils soll der Mensch frei von allen Eitelkeiten vor seinem Richter stehen.
4. Man trägt an Jom Kippur keine Lederschuhe. Diese gelten als bequem, und bequem darf man es sich nun wahrlich nicht machen an diesem wichtigen Tag. Wer zufälligerwei-se an Jom Kippur schon mal an einer Synagoge vorbeige-kommen ist, wird sich vielleicht gewundert haben, wieso Juden zwar einen Anzug anhaben, aber dazu Turnschuhe oder Leinenschuhe tragen. Dass heutzutage Turnschuhe meistens bequemer sind als
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