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Was macht der Fisch in meinem Ohr

Was macht der Fisch in meinem Ohr

Titel: Was macht der Fisch in meinem Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia David u Morawetz Bellos
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(Stabsfeldwebel in den USA). Daher entstand der Eindruck, dem französischen Botschafter sei eine Depesche des deutschen Königs durch einen Boten von niederem Rang überbracht worden – eine grobe Unhöflichkeit. Die Franzosen waren entrüstet. Sechs Tage später erklärten sie Deutschland den Krieg.
    Wahrscheinlich hatte Bismarck es zu dem Zeitpunkt schon darauf angelegt, einen Krieg zu provozieren, aber es ist wenig wahrscheinlich, dass er das durch eine Erklärung mit einem eingebauten falschen Freund erreichen wollte, der zu Missverständnissen bei den Franzosen führen sollte. Es war schließlich nicht Bismarck, der das deutsche Adjutant nicht ins Französische übersetzte – sondern die Nachrichtenagentur Havas.
    Die Wirkungen, die unsere Worte und unser Handeln haben, lassen sich nur schwer vorausberechnen: Das gilt im Leben wie beim Übersetzen.
    Bei der Übersetzung eines Kriminalromans von Fred Vargas hatte ich es in einer Passage einmal mit einer ins Komische gesteigerten direkten Rede zu tun, die einen berühmten Satz von Victor Hugo aufgriff. Um mit einer Hyperbel eine entsprechende Wirkung zu erzielen, wollte ich ein leicht abgewandeltes Zitat aus einer Rede von Winston Churchill in meine englische Übersetzung einbauen. Das ging schief. Eine Kritikerin rügte die Verwendung von Churchill’scher Sprache, die im Original nicht vorkam. Kann ich ihr vorwerfen, dass sie nicht wusste, welche Wirkung ich angestrebt hatte? Natürlich nicht. »Hugo« durch »Churchill« zu ersetzen war lediglich ein unterhaltsames Gedankenspiel. Zu merken, dass eine Änderung im Text eine äquivalente Wirkung erzeugen soll, kann man Lesern nicht abverlangen, weil sich nicht feststellen lässt, ob das Angestrebte erreicht wurde oder nicht.
    Vergeblich war die Unterwerfung unter die Doktrin von der Wirkungsäquivalenz auch im Fall der Tonkonserven, die Jacques Tati für seinen oscargekrönten Film Mon oncle verwendete. Kurz vor der französischen Kinopremiere kam Tati auf die Idee, selbst eine englische Version herzustellen. Er drehte diverse Szenen nach, in denen öffentliche Beschilderung vorkam, übermalte École, Sortie und so weiter mit School, Exit und so fort. Dann wies man ihn darauf hin, dass ein Austausch der sichtbaren Sprache Verwirrung stiften würde, weil man nun nicht mehr wüsste, wo die Handlung eigentlich spielt. Tati löste das Problem, indem er die Hintergrundmusik der englischen Filmfassung gegen eine mit deutlich französischem Klang austauschte; deshalb enthält das Tati-Archiv Konserven mit der Aufschrift ambiance française pour version anglaise – »französische Stimmungsmusik für die englische Fassung«. Auch das ging schief. Aller Sorgfalt bei der Herstellung zum Trotz hatte My Uncle nie eine »äquivalente Wirkung« – Verleiher und Publikum mochten das französische Original einfach lieber. Die englische Version mit den »französischen Wirkungen« lief ein paar Wochen in einem einzigen New Yorker Kino und verschwand danach für 50 Jahre.
    Sklavisches Festhalten an der Ideologie von der Wirkungsäquivalenz kann Übersetzer ganz schön an der Nase herumführen und unvorhergesehene Folgen haben – sofern sie bemerkt werden. Der Ermittler im Zentrum eines »literarischen Thrillers« von Georges Perec mit dem Titel 53 Jours (53 Tage) untersucht das Verschwinden eines Thrillerautors namens Serval. Er findet Servals letzten, unvollendeten Roman auf dessen Schreibtisch und erfährt von der Schreibkraft, mindestens eines der Kapitel sei aus einem anderen Buch übernommen. Der Ermittler vergleicht die beiden Texte genauer – Perec gibt uns das zweiseitige Original, das er erfunden hat – und bemerkt, dass einige Wörter in der plagiierten Version verändert worden sind. Seltsamerweise handelt es sich bei allen um Wörter mit zwölf Buchstaben, und es sind zwölf. Die schreibt er sich in Großbuchstaben heraus, und sie ergeben naturgemäß zwei Wortrechtecke:

    Der Ermittler grübelt eine Weile über diesen zwei Listen, kann aber keinen Sinn darin erkennen und legt sie weg. Ende des Kapitels.
    Eines Tages, ich hatte mit der Übersetzung des Romans bereits angefangen, kam eine Studentin in mein Büro in Manchester gestürmt und fragte, ob mir schon aufgefallen sei, was für eine breite Spur der gerissene Perec in der linken der oben angeführten Säulen gelegt hatte. Liest man von oben links bis unten rechts diagonal, ergeben die Buchstaben den Namen eines Bergmassivs im Süden Frankreichs, der

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