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Was macht der Fisch in meinem Ohr

Was macht der Fisch in meinem Ohr

Titel: Was macht der Fisch in meinem Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia David u Morawetz Bellos
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Übersetzen literarischer Werke aller Art durch eine Besonderheit von allen anderen Arten. Gemeinhin gilt ein literarischer Text, insofern als es sich dabei tatsächlich um Literatur handelt, als einzigartig, unverwechselbar und singulär. Das schafft ein echtes Problem.
    Wer nichtfiktionale Texte übersetzt, benötigt Kenntnisse und Wissen, das literarischen Übersetzern nicht abverlangt wird (zunächst einmal Kenntnisse auf dem jeweiligen Wissensgebiet), weiß aber in der Regel recht gut, welchen Normen der Zielsprache seine Arbeit genügen muss. Ein Buch über Archäologie darf in der Zielkultur verglichen mit anderen Büchern zum gleichen Thema qualitativ nicht abfallen, wenn es beachtet werden will. Beim aufwärts -Übersetzen nichtliterarischer Texte setzt die Sprache des Fachgebiets, wie sie in der Zielsprache verwendet wird, den Maßstab für die Übersetzung.
    Schwieriger wird es, wenn das nichtliterarische Werk in ein noch neues Gebiet fällt oder in eines, dessen Gegenstand nicht leicht zu bestimmen ist. Wie schwierig die Abgrenzung zwischen literarischer und Fachübersetzung ist, zeigt sich vielleicht nirgends besser als beim Werk von Sigmund Freud.
    Freuds weltweitem Ruhm zum Trotz gibt es Übersetzungen seines Gesamtwerks nur auf Englisch, Italienisch, Spanisch und Japanisch. Die erste deutsche Ausgabe der Gesammelten Werke Freuds erschien ab 1940 in London. Sie diente James Strachey als Grundlage für seine englische Version, die viele für ein übersetzerisches Meisterwerk, andere jedoch für Verrat an Freud halten. Die lange Kontroverse darüber, wie das Englisch beschaffen sein müsste, das Freud angemessen wiedergibt, entzündet sich an der Frage, welchem Genre Freuds Schriften zuzuordnen sind. Den Sozialwissenschaften? Oder sind sie im Grunde doch Literatur?
    Für Strachey stand außer Frage, dass die Psychoanalyse eine Wissenschaft ist. Die englische Wissenschaft bildet neue Wörter für neue fachsprachliche Begriffe seit jeher durch Ableitungen von lateinischen und griechischen Wurzeln. Freud jedoch schrieb eine Sprache, die Komposita ganz gewöhnlicher Wörter aus den Natur- und den Sozialwissenschaften verwendet. Für englische Begriffe wie »hydrogen« und »oxygen« verwendet das Deutsche die »einfachen« Wörter Wasserstoff und Sauerstoff , die aber nicht weniger fachsprachlich und präzise sind als ihre auf griechischen Füßen stehenden englischen Gegenüber. Wo Freud Anlehnung (wörtlich »leaning-on«) sagt, münzt Strachey das in »anaclisis« um, und für Schaulust (wörtlich »see-pleasure«) erfindet er »scopophilia«. Viele inzwischen im Englischen geläufige Wörter – »ego«, »id«, »superego«, »empathy« und »displacement« etwa – erblickten in James Stracheys Freud-Übersetzung das Licht der anglophonen Welt und vertreten die nicht minder fachsprachlichen, aber weniger dunklen Neologismen des Originals – Ich, Es, Über-Ich, Einfühlung und Verschiebung . 4
    Stracheys Vorgehen ist nicht außergewöhnlich, wenn wir Freuds Schriften als Beitrag zu den Sozialwissenschaften oder zur Medizin ansehen. Das lässt sich überprüfen, wenn wir testhalber zurückübersetzen. Was hätte Freud schreiben können, hätte er einen deutschen Begriff für den englischen Neologismus »scopophilia« prägen wollen? Die Normen der deutschen Wissenschaftssprache seiner Zeit hätten ihn wohl zu einem zusammengesetzten Substantiv wie Schaulust greifen lassen.
    Schlägt man Werke wie Die Traumdeutung jedoch nicht der Wissenschaft, sondern der Literatur zu, könnte man Stracheys englische Version, die sich im Ton und im Stil deutlich vom Original entfernt, für eine falsche Übersetzung halten.
    In Frankreich arbeitet eine in den achtziger Jahren gebildete große Arbeitsgruppe an der Herausgabe der ersten »Gesammelten Werke« auf Französisch. Ziel des Unternehmens ist, das spezifisch Deutsche bei Freud wiederherzustellen, den man weniger als Erfinder einer neuen Wissenschaft als vielmehr als Verfasser einer ganz eigenen (und ziemlich merkwürdigen) literarischen Prosa versteht. Freud, so die Leiter der Gruppe, habe gar nicht Deutsch geschrieben, sondern »Freud’sch«, »einen deutschen Dialekt, der kein Deutsch ist, sondern eine von Freud erfundene Sprache«. Was dabei auf Französisch herausgekommen ist, gilt über weite Strecken als unverständlich – wenn »Freud’sch« allerdings nicht »Deutsch« ist, wäre die Lektüre des Originals auch ein schwerer Brocken gewesen … 5
    Die

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