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Was man so Liebe nennt

Was man so Liebe nennt

Titel: Was man so Liebe nennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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fragte Tess sanft. Ein Lachen befreite sich von Joes zitternden Lippen; er nickte, wieder und wieder, und es war, als locke das Auf und Ab seines Kopfs noch mehr Tränenströme hervor.
    »O Joe«, sagte Tess, streckte die Hand aus und streichelte seine Wange, »irgendwann wirst du wieder eine Frau finden, die dich leitet und führt.«

    Joe wollte schon die Tür des Panda zuwerfen, da fragte Tess: »Wie hast du mich überhaupt aufgespürt?«
    Sie stand im verschnörkelten Torbogen des Castillo-Portals, in dessen Steine das Santo Domingo-Wappen gehauen war, zwei über ein Feuer springende Einhörner. Joe sah zu Tess auf: Obwohl sie so groß war, konnte er über ihrer Schulter die Sonne sehen, die, schon rotgolden, am Himmel versank.
    »Es war gar nicht so leicht«, sagte er und faltete die Straßenkarte von Nordspanien zusammen, zumindest versuchte er es, denn einmal aufgeklappt, scheinen die Dinger nie wieder in die alten Knicke zu fallen. »Da du ja niemandem eine Kontaktadresse hinterlassen hast.«
    »Nein.« Sie lächelte. »Ich gehöre zu der Sorte Frauen, die gern einen sauberen Schnitt machen.«
    »Genau. Durch eine Organisation namens Weinhändler-Gilde habe ich herausgefunden, wo du bist.« Natürlich, dachte Tess und lachte. »Ich habe erzählt, daß ich mindestens zwanzig Kisten Rioja kaufen wollte.«
    »Wir machen keinen Rioja hier. Der wird hundert Kilometer weiter im Landesinneren angebaut.«
    »Das schienen sie bei der Weinhändler-Gilde nicht zu wissen. Und glücklicherweise bist du die einzige Tessa Carroll in ihrem Verzeichnis.«
    »Eigentlich verwunderlich«, sagte Tess mit einem leichten Aufblitzen in den Augen, »wo es doch offenbar ein so verbreiteter Name ist.«
    Joe rückte auf seinem Sitz hin und her und nickte; er hatte den Seitenhieb verstanden und nahm ihn hin. Zusammen hatten sie einen Punkt erreicht, der Vertrautheit sehr nahe kam.
    »Wobei mir einfällt...«, fuhr sie fort. »Die Tessa Carroll, die den Hirntumor hatte...«
    »Ja?«
    »Hast du je herausgefunden, wer sie war?«
    Er runzelte die Stirn. »Nein...« Sie nickte, als wolle sie »Hat weiter keine Bedeutung« sagen. »Warum fragst du?«
    »Ach, nur so. Kurz bevor ich London verließ, passierte eine komische Sache. Ich bekam ein Bündel Briefe, die für sie waren, von irgendwoher nachgeschickt — wahrscheinlich von einer alten Adresse von ihr.«
    Joe hob die Brauen. »Wirklich? Das ist sonderbar.«
    »Jaah...«
    »Woher wußtest du, daß die Briefe für sie waren? — Ich meine, für die Frau mit dem Hirntumor?«
    »Weil sie alle vom Royal Brompton-Hospital kamen. Ich habe sie aufgemacht — warum nicht? Ich dachte ja zuerst, sie wären für mich. Und als ich sie las, war ich wie versteinert... weil sie alle ziemlich beängstigend waren. Einer bedrohlicher als der andere — die Krankenhausleute forderten eine Erklärung, warum sie zu keinem einzigen Termin erschienen sei, und schrieben, wie wichtig die Behandlung wäre, die sie versäume — alle kamen von irgendeinem Neurologen, und deshalb dachte ich mir, es mußte eine Tessa Carroll sein, die Hirntumor hat.« Sie schwieg. »Und wie viele davon wird es in London wohl geben?«
    Joe hustete, ziemlich heftig diesmal.
    »Soll ich dir ein Glas Wasser holen?«
    »Nein, ist schon in Ordnung.« Er fing sich, atmete tief ein und füllte seine Lungen mit der sonnenversengten Luft. »Das ist wirklich mehr als merkwürdig. Selbst wenn sie umgezogen ist, warum hätten die Briefe von ihrer alten Adresse an dich weitergeleitet werden sollen? Das verstehe ich nicht.«
    »Ich genausowenig.« Sie zuckte die Achseln und vergrub die Hände in ihren Hosentaschen. Über das Autodach hinweg sah sie Jesus mit zweien seiner Arbeiter lachend von den tiefer gelegenen Weinbergen heraufkommen. Als sie auf ihrer Höhe waren, verstummte das Gelächter, aber immerhin nickte Jesus ihr zu.
    »Was hast du mit den Briefen gemacht?«
    »Sie mit dem Vermerk >Unter dieser Adresse unbekannt< an das Krankenhaus zurückgeschickt.«
    Joe nickte, lehnte sich im Sitz zurück und dachte nach. »Hör zu«, sagte er dann eindringlich, »kannst du dich an den Namen des Neurologen erinnern?«
    Sie legte die Hand an den Mund. »Hhmm... kaum. Ist es wichtig?«
    »Na ja, es ist halt so, daß diese besondere Biopsie — die Gewebeprobe — wirklich interessant war. Von meinem Standpunkt aus. Und in dem Stadium, in dem ich gerade mit meiner Forschung bin, wäre es sehr nützlich, mehr über die Patientin zu wissen.«
    »Vielleicht

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