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Was Menschen gutes tun

Was Menschen gutes tun

Titel: Was Menschen gutes tun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Mangels
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überrascht um, als sich ausgerechnet Botschafterin Avaranthi sh’Rothress von Andor erhob. Nicht der ihr vorgesetzte andorianische Botschafter Thoris oder der stets streitsüchtige Gral von Tellar. Sie unterbrach die schockierte, nur von leisem Gemurmel durchsetzte Stille. Doch Lekev nahm an, dass diese Stille nun sehr schnell einer Kakophonie erhobener und streitlustiger Stimmen weichen würde.
    »Warum hat sich Ihre Regierung ausgerechnet
jetzt
entschieden, einen Rückzieher zu machen?«, wollte sh’Rothress wissen. Ihre beinahe schrille Stimme hallte in der Kammer nach. »Niemals hat Ihre Heimatwelt die Hilfe und Unterstützung seiner Verbündeten dringender benötigt als heute.«
    Unvermittelt brach Lekev der Schweiß aus, was dafür sorgte, dass sich sein schlichter, figurbetonter Overall eng und unangenehm auf seiner Haut anfühlte. Ein schwaches, resigniertes Seufzen entfuhr ihm hinter seiner traditionellen coridanischen Diplomatenmaske. Lekev selbst hatte den Punkt, den sh’Rothress auf den Tisch brachte, gegenüber Kanzlerin Kalev wie auch gegenüber den einflussreichsten Mitgliedern ihres Kabinetts angesprochen – aber ohne Erfolg. Da es ihm nicht gelungen war, die kompromisslose Führungsriege seiner Regierung zu überzeugen, hatte er vor der schwierigen Wahl gestanden, entweder sein Amt niederzulegen oder klein beizugeben. Auch wenn Letzteres das Risiko bedeutete, den fortwährenden und zunehmenden Unruhen auf Coridan Prime so weit Vorschub zu leisten, dass der scheinbar unvermeidliche Zusammenbruch von Kalevs Regierung eher früher als später eintreten würde.
    Mit hinter der Maske gerunzelter Stirn ließ Lekev den Blick über den Rest der versammelten Diplomaten schweifen, die gespannt wirkten, seine Antwort zu hören. Ministerin T’Pau und die Botschafter Solkar, L’Nel und Soval von Vulkan erwiderten seinen Blick in grimmigem Schweigen, während die Tellariten und Andorianer vor mühsam unterdrückter Aufregung beinahe zu zittern schienen. Selbst die menschlichen Vertreter – Premierminister Nathan Samuels und Innenminister Haroun al-Rashid, die für gewöhnlich deutlich ausgeglichener waren als die Tellariten oder die Andorianer – sahen Lekev mit flehender Unruhe in ihren eigentümlich coridanitenähnlichen Augen an.
    Wenn ich nur den Mut hätte, diese Maske abzunehmen, hier und jetzt
, dachte Lekev. Er fragte sich, ob die Menschen sein wahres Gesicht wohl vertrauter und weniger abweisend finden würden als die Maske, die er, seiner Pflicht und der Tradition der Coridaniten folgend, niemals in der Anwesenheit von Nichtcoridaniten ablegen durfte. Doch ihm war klar, dass ihn solch ein blasphemischer Akt des Widerstands auf seiner Heimatwelt seinen Beruf und seine Freiheit kosten würde – wenn nicht gar sein Leben. Er würde auch ganz sicher nicht die eigensinnige Anführerin seiner Regierung dazu bewegen, ihre Entscheidung zu revidieren, der neuen interstellaren Allianz den Rücken zu kehren. Dennoch erschien ihm der Gedanke, die rituelle Maske abzulegen, die Lekev in den Augen einstmals hoch geschätzter Bündnispartner so fremd erscheinen ließ, einen Moment lang verlockend. Es mochte zumindest
ein paar
Leute in Coridan Primes Führungsriege daran erinnern, dass das Volk der Coridaniten mit diesen Terranern, Vulkaniern, Tellariten und Andorianern mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede teilte.
    Aus dem Augenwinkel nahm Lekev eine Bewegung am Rand der Kammer wahr. Er richtete den Blick auf diese Stelle. Auf der Treppe, die den Rand der Ratskammer mit der Galerie im ersten Stock verband, tauchte leise eine kleine Gruppe blau uniformierter Gestalten auf, nur um still am Geländer stehen zu bleiben, von dem aus man die angespannte Lage überblicken konnte. Niemand sonst im Raum schien ihr Eintreffen zu bemerken.
    Die starken, gemeißelten Züge und der entschlossene Blick des ersten der blau gekleideten Menschen zog Lekevs Aufmerksamkeit auf sich.
Nun, dort steht ein Mann, der womöglich genug Mut hätte, all die Masken abzulegen, die ihm den Blick auf die Zukunft versperren
, dachte er, während er sich an die inspirierenden Worte erinnerte, die Captain Jonathan Archer erst vor wenigen Erdwochen in diesem Rund gesprochen hatte – Worte, die dafür gesorgt hatten, dass die damals noch unglaublich junge und fragile Koalition der Planeten nicht an den Folgen der Terra-Prime-Krise zerbrochen war.
    Doch seitdem hatten sich die Umstände gewaltig geändert, vor allem für jene, die noch immer

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