Was Menschen gutes tun
Pazifismus zu begreifen. Manchmal hatte man nun mal nur die Wahl zwischen Kämpfen oder Sterben. Ansonsten würde Abschaum wie diese Orioner irgendwann das Universum beherrschen.
Doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um eine philosophische Debatte vom Zaun zu brechen oder irgendwelche Schuldzuweisungen vorzunehmen. Jhamel war entführt worden – wenn ihr nicht gar Schlimmeres widerfahren war. Im besten Falle wurde sie in diesem Augenblick mit mehrfacher Lichtgeschwindigkeit von Andor weggebracht.
»Na schön«, sagte Shran. »Ich werde etwas unternehmen, und zwar sofort. Zuerst müssen wir die Verteidigungsstreitkräfte darüber informieren, was hier geschehen ist. Nur für den Fall, dass die Orioner ihre Spuren gut genug verwischt haben, um einer Entdeckung während ihres Fluges hinunter zur Oberfläche von Andor und später wieder von ihr weg vollständig zu entgehen. Vielleicht kann das Militär die Sklavenhändler aufspüren, bevor es ihnen gelingt, ihre jüngsten … Erwerbungen an den Mann zu bringen.«
Shran schloss die Augen. Die Vorstellung, dass seine süße, treuherzige Jhamel genau wie ihr verstorbener Bruder zu einem grausamen Schicksal als Sklavin brutaler Fremdweltler verdammt sein könnte, schmerzte und erzürnte ihn gleichermaßen.
»Ich bete, dass dies gelingen möge«, sagte Theras.
Shran machte einen vorsichtigen Schritt vorwärts. Er war sich der Tatsache schmerzlich bewusst, dass er genauso blind wie der Aenar war, bis sie einen Weg aus der Spalte gefunden hatten.
»Beten Sie, so viel Sie wollen«, sagte Shran. Er ballte die Faust, ohne auf den Schmerz zu achten, der auf seinem verbrannten Handrücken aufflammte. »
Nachdem
Sie mir geholfen haben, den Weg zurück zu meinem Schiff zu finden.«
»Was, wenn die Sklavenhändler Ihr Schiff entdeckt haben?«
Shran hielt einen Moment lang inne, bevor er antwortete. »Dann werde
ich
beten, Theras.«
SECHS
Sonntag, 9. Februar 2155 ShiKahr, Vulkan
Während Captain Jonathan Archer an der Seite von Ministerin T’Pau durch die Korridore des Hauptquartiers des vulkanischen Oberkommandos wanderte, musste er daran denken, wie vollkommen anders sie heute hier empfangen worden waren im Vergleich zu ihrem Eintreffen vor sechs Monaten. Das letzte Mal, als er diese Gänge durchschritten hatte, war T’Pau die flüchtige Anführerin der politischen Fraktion der Syrranniten gewesen, und das Oberkommando unter der Leitung des machthungrigen V’Las hatte kurz davor gestanden, einen interstellaren Krieg mit den Andorianern anzufangen.
Archer war damals nicht nur mit dem
Kir’Shara
im Gepäck in den Hallen der Macht aufgetaucht, einem Artefakt, in dessen Innerem sich die wahren Lehren Suraks befanden, sondern auch als Träger der tatsächlichen
Katra
von Surak selbst. Seitdem hatten sich die Dinge für Vulkan und seine Regierung dramatisch geändert. V’Las war gewaltsam seines Postens enthoben und der Rat aufgelöst worden. Die neue Anführerin von Vulkans Zivilregierung und ihren militärischen Seitenarmen ging soeben an Archers Seite.
»Da wären wir«, sagte Ministerin T’Pau, blieb stehen und deutete auf eine Kammer, die von zwei großen und schwer bewaffneten Soldaten bewacht wurde. Jeder der Männer trug eine lose, silberfarbene Tunika samt Schärpe, die einen nahezu unverhüllten Blick auf ihre bloße, muskulöse Brust erlaubte. T’Pau nickte ihnen zu, und die Haltung der Männer entspannte sich ein wenig, als sie auseinandertraten und den Weg freigaben.
Durch ein Paar Druckschleusen gelangten sie in eine große, hell erleuchtete, kreisrunde Kammer. In der Mitte stand auf einem Tisch das etwa einen Meter hohe, pyramidenförmige Artefakt, das Archer aus dem Grab unter dem T’Karath-Heiligtum geborgen hatte. Der Tisch war rund und von einem Ring aus Computerbänken umgeben. An jeder der Stationen saß ein Vulkanier in einer weißen Robe vor seinem Bildschirm. Mit konzentrierter Miene studierten sie die Symbole auf ihren Schirmen, und manchmal tippten sie etwas in die benachbarten Kontrollfelder. »Muss das
Kir’Shara
wirklich in einem sterilen Raum aufbewahrt werden, Ministerin?«, fragte Archer.
T’Pau drehte sich zu ihm um und hob leicht eine Augenbraue. »Ich war der Ansicht, dass Sie mehr als jeder andere den Wert des
Kir’Shara
kennen.«
Archer bedachte sie mit einem schwachen Lächeln. »Da haben Sie wohl recht«, sagte er schlicht. Trotz seiner lange Zeit gepflegten Abneigung gegenüber Vulkaniern und seiner Überzeugung,
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