Was sich kusst das liebt sich
dem seine Brust und sein vor Lust verzerrtes Gesicht im sanften Lichtschein ihrer Stehlampe zu glühen schienen. » Zeit, aufzuhören.«
Neve wollte nicht aufhören, denn sie war high vom Sekt und der Schokolade und ihrem Scrabble -Sieg. Das war wohl auch der Grund dafür, dass sie den seltsamen Drang verspürte, sich die Kleider vom Leib zu reißen und zu beenden, was sie angefangen hatten, ganz gleich, welch grauenerregenden Anblick sie in nacktem Zustand bot.
Stattdessen versuchte sie, wieder zu Atem zu kommen, während Max den Reißverscluss seiner Kapuzenjacke zuzog, damit auch ja kein Zentimeter seiner Haut mehr sichtbar war und Neves Blut noch mehr in Wallung brachte.
» Ich gehe mit Keith raus«, verkündete er überflüssigerweise, denn das tat er immer, wenn sie an diesem Punkt angelangt waren. Es war fixer Bestandteil ihres Sonntagabend-Programms.
Bis er zurück war, saß Neve mit geputzten Zähnen und gebürsteten Haaren im Bett und war sicher, dass ihr mal wieder eine schlaflose Nacht neben Max bevorstand. Er legte die Hose ab und kroch hastig zu ihr unter die Decke. Der Kampf um das Federbett war eröffnet.
» Ist das kalt hier«, klagte er. » Ist deine Heizung kaputt?«
» Nein, ich habe sie ausgeschaltet, und die Fenster standen den ganzen Tag offen. Außerdem habe ich keine Wärmflasche im Bett und trage meinen Sommerpyjama.« Neve kuschelte sich an ihn. » Du kannst also jederzeit dein internes Heizkraftwerk anwerfen.«
» Weg mit dir!« Max schob sie von sich. » Du bist kalt wie ein Eiszapfen.«
» Ich leide viel schlimmer unter der Kälte als du.« Neve hatte sogar darauf verzichtet, ein paar Kapitel von The School at the Chalet zu lesen, wie sie es, inspiriert von dem Gespräch mit ihren Geschwistern vorhin, ursprünglich geplant hatte, weil sie ihre Hände nicht der Kälte aussetzen wollte. Tja, dann würde sie sich wohl warme Gedanken machen müssen.
Zehn Minuten später fror sie immer noch wie ein Schneider, und an Schlaf war nicht zu denken. Wann immer sie die Augen schloss, gingen sie ganz automatisch wieder auf. Sie nahm an, dass Max bereits eingeschlummert war, sich aber noch nicht in der Tiefschlafphase befand, denn er lag ganz ruhig da und gab keinen Ton von sich. Dann rutschte er plötzlich näher und schmiegte seinen herrlich warmen Körper an sie.
» Du darfst jetzt deine Füße an mir wärmen, wenn du willst.«
Sie drückte sogleich die eiskalten Fußsohlen an seine Schienbeine und seufzte selig. » Viel besser.«
Max drückte ihr einen Kuss auf die Schulter und schlang die Arme um sie; fest, aber zugleich ganz vorsichtig, als hätte er Angst, sie könnte zerbrechen. » Ich will mich ja nicht in deine Angelegenheiten einmischen, aber du solltest die Aussprache mit deinem Vater nicht unnötig hinausschieben.«
Neve war erleichtert gewesen, weil Max nichts zu der Story mit ihrem Vater gesagt hatte, nachdem Celia und Douglas gegangen waren, denn tief drin wusste sie, dass es stimmte; sie redete nicht mit ihrem Dad. Besser gesagt, sie legte ihr typisches passiv-aggressives Verhalten an den Tag und tat so, als wäre nichts gewesen. » Ich weiß«, murmelte sie in der Hoffnung, die Unterhaltung wäre damit beendet.
» Was er gesagt hat, war unfair und schmerzhaft, klar, aber wenn er irgendwann nicht mehr da ist, ist es zu spät für eine Versöhnung.« Max küsste noch einmal ihre Schulter, als würde er spüren, dass Neve bereits überlegte, wie sie diesem Gespräch am schnellsten entfliehen konnte, selbst wenn es bedeutete, das Bett zu verlassen. » Und dann ist es nicht mehr wichtig, was er gesagt hat. Dann ist nur noch wichtig, was du ihm alles nicht gesagt hast.«
Plötzlich wollte sie nicht mehr fliehen. Sie drehte sich zu ihm um, legte einen Arm um ihn und fuhr im Dunkeln die Konturen seines Gesichts mit den Fingern nach. Dann nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und flüsterte: » Was würdest du zu deiner Mutter sagen, wenn sie noch leben würde?« Sie streichelte die Sorgenfalten von seiner Stirn und wartete gespannt ab, ob er ihr genügend Vertrauen entgegenbingen würde, um ein wenig von seinem Schmerz mit ihr zu teilen.
Es dauerte eine Weile, bis er antwortete. » Keine Ahnung… Ich würde wahrscheinlich nicht sagen, dass ich sie liebe oder dass sie mir gefehlt hat, sondern ihr eine Tasse Tee machen und sie fragen, wie ihr Tag war oder wie sie die neueste Folge von Coronation Street fand.« Er gab ein leises, undeutliches Geräusch von sich, bei dem es Neve
Weitere Kostenlose Bücher