Was sich kusst das liebt sich
Hey, ihr zwei, nehmt euch ein Zimmer«, brummte es irgendwann hinter ihnen. » Die Treppe rauf, zweite Tür links. Ich gehe, ehe ich für den Rest meines Lebens traumatisiert bin.«
Neve lächelte Celia abwesend an, in Max’ Arme geschmiegt, während er etwas murmelte, das sowohl » Hallo« als auch » Tschüss« heißen hätte können– oder auch » Pass auf, dass dir beim Rausgehen nicht die Tür auf den Hintern knallt«.
Neve hatte leichte Gewissensbisse, weil sie ihre Schwester aus ihrem zweiten Zuhause vertrieben hatte, aber die verflüchtigten sich bald wieder. Celia konnte sie den Rest ihres Lebens tagtäglich sehen, aber die Zeit mit Max, vor allem die Zeit, die sie nackt verbringen konnten, war begrenzt.
Aus Mai wurde Juni, und Neve hatte das Gefühl, als würde ihr die Zeit durch die Finger rinnen. Ihnen blieb jetzt nur noch etwas mehr als ein Monat. Nur noch ein paar Wochen, falls William tatsächlich zum angegebenen Zeitpunkt zurückkam. Doch William war zu einer sehr verschwommenen Figur geworden, auf die sich Neve nicht konzentrieren konnte. Sie konnte nur noch an Max denken. William hatte ihr zwei Briefe und zahlreiche Mails geschickt, und sie hatte sie zwar alle sofort gelesen, aber eher aus Gewohnheit und nicht unbedingt, weil sie dieses Kribbeln spüren wollte, das sich bei der Lektüre seiner Briefe und Mails für gewöhnlich einstellte. Sie schrieb ihm mit sehr schlechtem Gewissen eine kurze Mail: Habe furchtbar viel im Archiv zu tun. Melde mich ausführlicher, wenn ich wieder mehr Zeit habe.
Manche Themen hatte sie bei ihrer Korrespondenz mit William ausgeklammert, etwa ihr neues Körpergewicht oder ihre Abenteuer in puncto Dating, aber sie hatte ihn noch nie angelogen. Doch es musste sein, auch wenn sie nicht stolz darauf war. William war ihre goldene Zukunft, und Max war das Hier und Jetzt.
Dann wurde Max spontan nach LA geschickt, um ein Cover-Shooting für Skirt zu retten, das ein Riesenfiasko zu werden drohte. Die Starstylistin, der Starfotograf und der Star selbst hatten sich total in die Haare gekriegt, weshalb dessen PR -Managerin jede Nacht gegen drei Uhr früh anrief, um Max anzubrüllen. Er musste binnen 24Stunden aufbrechen, und es fühlte sich an wie ein Weltuntergang, auch wenn Neve für den Rest der Woche auf Keith aufpassen durfte.
Max musste sie nicht lange überreden, am Montag etwas früher Feierabend zu machen und ihn zum Flughafen zu begleiten, damit sie vor der Passkontrolle eng umschlungen Abschied nehmen konnten, als würde er in den Krieg ziehen.
» Am Wochenende bin ich zurück«, sagte Max, nachdem seine Gate-Nummer aufgerufen worden war, was bedeutete, dass sie ihre Knutscherei beenden mussten.
Neve machte ein langes Gesicht. Der Samstag schien Lichtjahre entfernt. » Versprochen?«
» Versprochen. Und wenn ich das Fotoshooting mit meiner Handykamera erledigen muss.« Er legte ihr eine Hand auf die Wange. » Du hast doch selbst gesagt, dass du diese Woche jede Menge zu erledigen hast.«
» Ja, lauter Sachen, die ich vor mir hergeschoben habe, weil ich keine Lust darauf habe.« Neve nestelte am Kragen seines schwarzen Hemds herum. » Es fühlt sich seltsam an, dich zu küssen, wenn…«
» Wenn wir angezogen sind?«
» Das auch, aber eigentlich wollte ich sagen, wenn so viele Leute um uns herum sind.« Neve wusste, sie sollte endlich aufhören, an Max herumzufummeln, aber sie konnte nicht anders. Sie fuhr ihm ein letztes Mal durch die Haare. Die nächsten fünf T age würden die Hölle werden. » Was hältst du eigentlich von Telefonsex?«
» Ich bin sehr dafür«, sagte er nachdrücklich. » Und auch für E-Mail-Sex und SMS -Sex. Zu schade, dass dein Laptop im Gegensatz zu meinem keine Webcam hat.«
Neve spähte auf die Anzeigetafel mit den Abflügen. » Dein Flug geht in einer halben Stunde. Du musst los.«
Max zog sie an sich, um sie noch einmal zu küssen, und Neve war gerade zu dem Schluss gekommen, dass es auf weitere fünf Minuten wohl auch nicht ankam, da schob er sie wieder von sich. » Du gehst zuerst.«
» Nein, du zuerst.«
» Ich kann nicht gehen, wenn du mit deinem einladenden Kussmund hier rumstehst.«
» Wenn du zuerst gehst, kann ich dir wenigstens noch zwei Minuten nachschauen, ehe du aus meinem Blickfeld verschwindest.«
» Pff! Du willst dich doch bloß an meinem Hintern aufgeilen.« Er rümpfte die Nase, dann musterte er sie sanft. » Im Ernst, geh du zuerst.«
» Nein, du.« Neve hatte keine Ahnung, wann sie sich in eines
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