Was sich kusst das liebt sich
Cadbury’s zu schicken?
Herzliche Grüße
von William
Neve seufzte und öffnete den zweiten Umschlag. Früher hatten Williams Worte gewirkt wie ein Allheilmittel; jetzt war ihr, als würde sich jedes einzelne wie ein Dolch in ihr Herz bohren, a ls wü rde er ahnen, dass nun ein Teil davon für Max reserviert war.
Liebe Neve,
hast du mich vergessen? Sonst erhalte ich – den Launen der Royal Mail zum Trotz – immer blitzschnell eine Antwort, doch jetzt sind bereits zwei Wochen ohne einen Brief von dir vergangen.
Ich habe deine E-Mail erhalten, in der du schreibst, dass du viel zu tun hast, und ich frage mich erneut, ob du deine akademischen Fähigkeiten inmitten all dieser staubigen Bücher und Akten voll ausschöpfen kannst, aber darüber können wir uns unterhalten, wenn ich wieder im Lande bin. Ich verzehre mich nach wie vor nach einer ordentlichen Tasse Tee und einer guten Schokolade und wäre dir ewig dankbar, wenn du mir beides zukommen lassen könntest.
Eine sehr liebe Freundin aus LA hat mich übrigens auf den Geschmack von » Frozen Yogurt« (oder » Froyo«, wie ich es bestimmt niemals nennen werde) gebracht, ein recht erfrischender Genuss.
Nun dauert es nicht mehr lange, bis wir wieder gemeinsam eine Kanne Tee trinken können.
Alles Liebe einstweilen
William
Neve las beide Briefe zweimal, dann piepste ihr iPhone. Eine SMS von Max. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, genau wie früher, wenn sie einen Brief von William erhalten hatte.
Telefondate heute 23 Uhr (deine Zeit). Passt das? Möchte dich via Orange bewusstlos vögeln.
X Max
Ein Dutzend Wörter von Max reichte aus, um ihre Brüste anschwellen und tief in ihrem Inneren das Verlangen pulsieren zu lassen. Das schafften Williams Briefe nicht.
Die Gefühle, die Max bei ihr hervorrief, waren aufregend, aber sie hatten nichts mit Romantik zu tun und definitiv nichts mit Liebe, sondern ausschließlich mit Sex. Kein Grund also, ein schlechtes Gewissen zu haben. Neve tippte Das lässt sich einrichten! X N, dann machte sie sich für ihre Besprechung mit Jacob Morrison fertig.
Kapitel 31
Es war nicht einfach, ein Outfit zu wählen, das nicht nur für den Nachmittagstee mit einem renommierten Literaturagenten und die damit verbundene Demütigung geeignet war, sondern auch für die darauffolgende Kinoverabredung mit ihrem Vater.
Neve wollte cool wirken und vermitteln, dass sie alles im Griff hatte. Ihr Auftritt sollte alle Erinnerungen an das verschwitzte, verunsicherte Wesen auslöschen, das sie bei der letzten Begegnung mit Jacob Morrison gewesen war, von jener unseligen Begebenheit mit ihrem Vater ganz zu schweigen. Nach einem Fehlstart mit einem schwarzen Wickelkleid entschied sie sich für ihren neuen Hosenanzug, kombiniert mit der Kirschblütenbluse. Sonst trug sie zu Hosen stets ein langes Top oder eine Tunika, aber nach einigen Verrenkungen vor dem Badezimmerspiegel kam sie zu dem Schluss, dass ihr Bauch und ihr Hintern auch so einigermaßen okay aussahen. Es war das erste Mal, dass sie zu einem wichtigen Termin ging, ohne Celia vorher Fotos von ihren Outfit-Optionen geschickt zu haben. Neve befestigte das Duttkissen an ihrem Scheitel und schaffte es in nur zwei Anläufen, einen fülligen Pferdeschwanz hinzubekommen.
Dann schlüpfte sie in ihre Turnschuhe, packte ihre neuen Stöckelschuhe ein und machte sich auf den Weg zum Postamt, um ein Paket an William aufzugeben. Es enthielt eine Packung PG -Tips-Teebeutel, zwei große Tafeln Cadbury’s Milchschokolade und ein paar rasch hingekritzelte Zeilen, um sich für die lange Sendepause und die Wartezeit und überhaupt für alles zu entschuldigen. Da sie es nicht geschafft hatte, ihm seinen Red-Label-Lieblingstee von Sainsbury’s zu besorgen, schickte sie das Paket dafür mit Priority Airmail, für eine Summe, bei der ihr wohl die Tränen gekommen wären, wenn sie nicht auf ihr Augen-Make-up hätte achten müssen. Sie schob dem Beamten hinter dem Schalter das Paket hin, und ihr war, als würde sie damit auch die Gedanken an William vorerst von sich schieben. So, nun konnte sie sich reinen Gewissens dem nächsten Programmpunkt auf der Tagesordnung widmen.
Philip erwartete sie in einem Café gegenüber dem Klub, in dem sie Jacob Morrison treffen sollte, und Neve verspürte bereits die ersten Anzeichen von Nervosität, als sie ihrem Kollegen mit einer Tasse öligem Tee gegenübersaß und den neuesten Klagen über seine Beziehung und Clives Missetaten lauschte, die sich nicht maßgeblich von
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