Was sich kusst das liebt sich
füllen mich mal ordentlich ab.«
Neve kicherte. Sie hatte angenommen, dass sie während der Besprechung eher einsilbig sein würde, aber nun begann sie Jacob mit Fragen zu bombardieren und konnte es kaum erwarten, Chloe und Philip brühwarm von all den pikanten Details über Mr Freemont zu erzählen. Nicht zu fassen, was Rose ihnen alles verschwiegen hatte!
Nach zehn Minuten hob Jacob abwehrend die Hände. » Genug! Ich habe Sie schließlich hergebeten, weil ich mit Ihnen über Lucy Keener sprechen möchte.«
Prompt spürte Neve Panik in sich aufsteigen, doch sie versuchte, sich zu entspannen. Sie war in erster Linie wegen Lucy hier. Alles andere war nebensächlich. Falls Jacob ihre Biografie wirklich absolut unerträglich fand, dann würde er es hoffentlich kurz und schmerzlos machen.
» Sie haben in Ihrer Mail ja bereits angedeutet, dass Ihnen Mein Tanz am Rand der Welt gefallen hat«, sagte sie nervös.
» Gefallen ist nicht ganz der richtige Ausdruck«, sagte Jacob, und Neve runzelte verwirrt die Stirn. » Es hat mich umgehauen. Und meine Sekretärin und meinen Lektor ebenfalls. Und meine Freundin, die das Buch auch in einem Rutsch gelesen hat, war bei den letzten 50Seiten völlig in Tränen aufgelöst. Ich glaube, Sie haben da einen ganz, ganz großen Roman entdeckt, Neve.«
» Tatsächlich?«, fragte Neve erleichtert. » Und was halten Sie von den Gedichten und Kurzgeschichten? Finden Sie die auch gut?«
Jacob nickte. » Ja, sehr gut sogar. Kurzgeschichten und Gedichte verkaufen sich zwar nicht so leicht wie ein Roman, aber darüber können wir uns auch später noch den Kopf zerbrechen.«
Hatte er » wir« gesagt? Nun, das musste noch nichts bedeuten. » Dann werden Sie Mein Tanz am Rand der Welt also an einige Verlage schicken?« Neve lächelte verlegen. » Ich weiß, es liegt nicht in meinen Händen, aber ich habe einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, was Lucy angeht.«
Sein gestrenger Blick, verstärkt durch die Brille, weckte erneut ihre Nervosität. » Soll ich gleich mal zum Wesentlichen kommen?«
Neve nickte ergeben.
» Die ersten zwei Kapitel, die Sie mir geschickt haben, wirkten sehr gestelzt. Nüchtern und leblos. Aber ich wollte einen Einblick in Lucys Leben erhalten, wollte wissen, welche Schule sie besucht hat, wer den Laden an der Ecke geführt hat, wie ihr Zimmer eingerichtet war. Sie müssen den Lesern einen Eindruck davon vermitteln, wer Lucy Keener war, damit sie ihnen etwas bedeutet.«
» Oh. Okay.« Neve ließ den Kopf hängen. » Nun…«
» Aber dann sind Sie allmählich in Schwung gekommen, so etwa ab der Hälfte des dritten Kapitels, als Lucys Schwester Dorothy von zu Hause auszieht, weil sie heiratet. Und ich finde es toll, wie Sie die Beziehung zwischen Lucy und ihrem Vater aufbauen.« Jacob lächelte. » Ich glaube, Sie sind auf einem guten Weg.«
» Wirklich?« Neve konnte ihre Überraschung nicht verbergen. » Ja, aber sehen Sie zu, dass Ihnen meine Worte nicht gleich zu Kopf steigen«, sagte er mit einem Lächeln, das seinen strengen Tonfall wohl etwas entschärfen sollte. » Also, ich möchte eine Art Gesamtpaket für die potenziellen Verleger schnüren: Mein Tanz am Rand der Welt, kombiniert mit dem fertiggestellten Manuskript der Biografie und einer Auswahl der schönsten Gedichte und Kurzgeschichten, die wir am besten gemeinsam zusammenstellen, weil Sie einen besseren Überblick über das vorhandene Material haben.«
» Man könnte die Gedichte und Geschichten nach Jahrzehnten aufteilen, daraus würde sich praktisch eine Autobiografie ergeben«, sagte Neve eifrig. » Die Kurzgeschichten, die sie während des Krieges geschrieben hat, sind zum Beispiel ganz anders als die Gedichte, die sie drei Jahre nach Kriegsende und nach Charles Holdens Hochzeit verfasst hat. Allerdings würde wohl eine chronologische Lücke entstehen, weil…«
» Haben Sie gehört, was ich gesagt habe, Neve?«, fragte Jacob. Allmählich gewöhnte sich Neve an seinen strengen Blick. » Ich möchte, dass Sie Lucys Biografie fertigstellen, damit ich sie an einige Verlage schicken kann.«
» Sind Sie sicher? Ich bin nämlich keine richtige Schriftstellerin. Ich meine, ich habe in Oxford ein paar Artikel für das Studentenmagazin Isis geschrieben, aber das zählt eigentlich nicht. Was ist, wenn ich irgendwann nicht mehr weiter weiß? Wenn ich eine Schreibblockade habe?« Neve wäre sich beinahe mit den Fingern durch die Haare gefahren, doch dann fiel ihr gerade noch rechtzeitig ihr
Weitere Kostenlose Bücher