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Was sich kusst das liebt sich

Was sich kusst das liebt sich

Titel: Was sich kusst das liebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manning Sarra
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Jahren hatte sie zugelegt statt abgenommen. Sie hatte mit ihrem Essverhalten die Göttin der Schlankheitskuren verärgert und ihren Stoffwechsel durcheinandergebracht, und jetzt nahm sie wieder zu statt ab. Sie würde nie in ein Kleid Größe38 passen. Sie war eine Versagerin. » Moment!«, rief Neve und sprang von der Waage. » Ich war heute noch nicht.«
    » Wo warst du noch nicht?«, fragte Gustav der Herzlose und holte sein Maßband aus der Schublade.
    » Ich war noch nicht…«, zischte sie und lief feuerrot an. » Auf der Toilette. Ich gehe jetzt gleich mal, und dann wiege ich mich noch mal. Außerdem bin ich total verschwitzt, das macht meine Kleider doch bestimmt auch schwerer, und…«
    » Hiergeblieben!«
    Neve rührte sich nicht von der Stelle. Sie schaffte es nicht. Wenn Gustav sie so anbellte, musste ihm jede Zelle ihres Körpers gehorchen. Er schlang das Maßband um ihre Hüften, versperrte ihr jedoch den Blick darauf. Dann maß er ihren Taillen-, Bauch- und Brustumfang ab.
    » Also, Taille und Brust sind gleich geblieben«, stellte er fest, wobei sein Tonfall unnötig überrascht klang. » An Bauch und Hüften hast du jeweils zweieinhalb Zentimeter mehr als letztes Mal.«
    Das war alles, was er sagte. Er schalt sie nicht, er brüllte nicht, er sagte ihr nicht, dass er enttäuscht war, sondern legte nur schweigend das Maßband zurück in die Schublade, mit der üblichen versteinerten Miene.
    Kein Wunder, dass sich Neve bemüßigt fühlte, das Wort zu ergreifen.
    » Okay, ich geb’s zu, ich habe einiges gegessen, das ich lieber nicht hätte essen sollen. Aber an manchen Tagen habe ich dafür gar nichts gegessen.«
    » Was passiert, wenn du Mahlzeiten auslässt?«, fragte Gustav ruhig.
    » Dann schaltet mein Körper auf Sparflamme und lagert das Fett ein, statt es abzubauen«, antwortete Neve mechanisch.
    » Und welche verbotenen Nahrungsmittel hast du gegessen?«
    Neve bereute bereits, dass ihr das herausgerutscht war, aber Gustav hätte ihr ohnehin früher oder später die Wahrheit entlockt. » Brot«, murmelte sie. » Ziemlich viel Brot. Manchmal um zwei Uhr morgens. Und Nudeln. Und… und Pizza.« Sie ließ sich auf einen Stuhl plumpsen. » Das ist so ungerecht! Andere Mädchen können essen, was sie wollen, oder Mahlzeiten auslassen, ohne zuzunehmen. Du solltest mal sehen, was Celia alles in sich hineinstopft, und sie isst prinzipiell kein Gemüse, wenn ich es ihr nicht höchstpersönlich in den Rachen stopfe.«
    » Du bist eben nicht wie andere Mädchen«, sagte Gustav ernst. » Bei deiner Vorgeschichte kannst du nicht erwarten, dass sich dein Stoffwechsel von selbst reguliert.« Er tätschelte ihr das Knie. » Schon gut, ich mache dir keine Vorwürfe.«
    » Aber ich mache mir Vorwürfe.«
    » Ich erlebe es immer wieder, dass meinen Klienten eine Beziehung in die Quere kommt, und im Nu haben sie ihre Fitnessziele vergessen«, verkündete er wie erwartet, dann beugte er sich nach vorn und fuhr (mit gesenkter Stimme, damit niemand hörte, dass er sein Schweigegelübde brach) fort: » Nehmen wir zum Beispiel Vaughn…«
    » Vaughn?«, wiederholte Neve.
    » Er trainiert montags und mittwochs vor dir«, erklärte Gustav ungeduldig. » Er war mein engagiertester Klient, mal abgesehen von dir, und dann geht er hin und verliebt sich in so eine Schickse…« Gustav schüttelte den Kopf. » Sie war zwar dünn, hat sich aber komplett ungesund ernährt. Süßkram, Kuchen, Nachtisch… und prompt hat er wieder zugelegt. Dann haben sie sich gestritten, und er hat nicht nur abgenommen, sondern auch Muskelmasse abgebaut.«
    » Max kann nichts dafür«, sagte Neve, doch dann dachte sie an die vergangene Nacht. Sie hatte zwei Scheiben Toast mit kalorienarmem Butterersatz verlangt, er hatte ihr einen Teller fetttriefendes Junkfood hingestellt. Er hatte sie dazu gebracht, Pommes und Crème brulée zu essen und jede Menge Wein zu trinken, und einmal hatte er sogar Pfannkuchen gemacht… Zugegeben, er hatte sie nicht gezwungen; hatte ihr nicht jeden Leckerbissen eigenhändig in den Mund gesteckt, aber das war bei seinen überzeugenden Argumenten auch gar nicht nötig gewesen: » Einmal ist kein Mal.« » Es ist doch schon fast Verwöhn-Sonntag.« » Bis ich mit dir fertig bin, hast du locker deinen Tagesbedarf an Kalorien verbrannt.« Er hatte sie zum Essen verführt, und das war fast so schlimm, als hätte er sie eigenhändig gestopft.
    » Willst du noch immer abnehmen?«, fragte Gustav.
    Neve starrte ihn an. »

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