Was sich kusst das liebt sich
Neve immer schon gut gewesen. Ihre Mutter hatte einmal eine Schmorpfanne mit Hühnergeschnetzeltem gemacht, das schon zwei Tage abgelaufen war, und Neve war die Einzige in ihrer Familie gewesen, die davon keinen Brechdurchfall bekommen hatte.
» Es dient aber nur dazu, den Stoffwechsel wieder in Schwung zu bringen«, sagte Celia warnend. » Der Hersteller rät selbst dazu, die Kur auf maximal zwei Wochen zu beschränken und dann wieder auf feste Nahrung umzustellen.«
» Meinetwegen. Ruf deine Gesundheitsredakteurin an, jetzt gleich, und buch mir einen Termin für die Darmspülung. Heute Nachmittag, wenn möglich.«
Celia zückte ihr Handy. » Aber dafür wirst du Max sehr schonend beibringen, dass er Geschichte ist, ja?«
Neve errötete. » Ja, ja, was ich da vorhin gesagt habe, war nicht ernst gemeint. Ich musste bloß meinem Ärger Luft machen. Er war wirklich süß zu mir und ich– ich fände es schön, wenn er nicht einfach aus meinem Leben verschwinden würde. Es wird ihm schon nicht das Herz brechen; wir hatten ja keine tiefer gehenden Gefühle füreinander. Da sollte es doch möglich sein, dass wir befreundet bleiben, nicht?«
» Aber klar doch«, versicherte ihr Celia. » Schadet ja nicht, wenn man mit seinem Ex befreundet ist.«
Es fiel Neve leicht, sich an all das zu erinnern, was Max mochte. Sie zog das grüne Kleid an, von dem er gesagt hatte, es würde ihre Augenfarbe ändern. Sie machte Hühnchen, obwohl sie nichts davon essen würde, denn ab sofort durfte sie nur noch rohes Gemüse zu sich nehmen. Im Kühlschrank lagen vier Flaschen Importbier, und als Max und Keith bei der Tür hereinkamen, schob Neve gerade die Greatest Hits von The Clash in ihren CD -Player.
Sie trat in den Flur. » Da bist du ja!«
» Da bin ich, ja.« Max nickte lächelnd und beugte sich nach vorn, um ihr einen Kuss zu geben. Doch Neve wich ihm aus, sodass seine Lippen nur ihre Wangen streiften. In Anbetracht ihrer Pläne kam es ihr falsch vor, ihn zu küssen. » Ist alles in Ordnung? Du wirkst irgendwie nervös.«
Sie war nicht nur nervös, sie hatte bis auf zwei Karotten den ganzen Tag noch nichts gegessen, und beim Duft des Brathühnchens sammelte sich ihre gesamte Körperflüssigkeit in ihrem Mund. Sie konnte sich nur zu gut in Keith hineinversetzen, dem rechts und links von der Zunge zwei lange Sabberfäden aus dem Maul hingen.
» Alles okay«, versicherte sie Max mit einem verkniffenen Lächeln. Sie hatte ihre kleine Abschiedsrede noch einmal im Geiste durchgehen wollen, aber das war völlig unmöglich, wenn er hier in ihrem Flur stand, mit seinen langen, dünnen Gliedmaßen, umgeben von einer Geruchsmischung aus Pomade und Grapefruit-Duschgel, und so hinreißend zerknautscht aussah in seinem ausgeblichenen roten T-Shirt und seinen ältesten Jeans. Sie starrte auf seine Turnschuhe. » Es gibt Brathähnchen, und im Kühlschrank steht Bier.«
» Hm, daran könnte ich mich gewöhnen«, sagte Max, und als sie sich umdrehte, um in die Küche zu gehen, schlang er ihr die Arme um die Taille und knabberte an ihrem Ohr. » Wir werden also zur Abwechslung mal ein vernünftiges Essen zu einer vernünftigen Zeit zu uns nehmen?«
Von wegen. Neve würde auf ein paar Salatblättern herumkauen und versuchen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Sie wand sich in seiner Umarmung. » Lass das, Max. Ich muss nach dem Hühnchen sehen.«
» Du bist total verspannt. Ich werde dich nachher massieren«, versprach Max und schlurfte mit ihr in die Küche, ohne sie loszulassen. » Ich soll dich übrigens von Mandy grüßen, wir haben vorhin telefoniert.«
Sei nicht so nett zu mir, dachte Neve verzweifelt, als Max sie endlich losließ, damit sie die Backofentür öffnen konnte. Es hätte ihr Vorhaben bedeutend vereinfacht, wenn er schlecht gelaunt wäre, ungehalten und kurz angebunden. Oder wenn sie selbst noch immer sauer gewesen wäre wegen der fünf Pfund, die sie seinetwegen zugelegt hatte. Nein, daran wollte sie jetzt nicht denken.
Es war wohl keine so gute Idee gewesen, ihm ein Essen zu servieren, ehe sie ihre » Lass uns Freunde bleiben«-Rede vom Stapel ließ. Es hatte was von einer Henkersmahlzeit. Ach, er würde es schon locker nehmen. Nicht zu locker, hoffte Neve, denn auch wenn sich das Zusammensein mit Max anfangs seltsam und künstlich angefühlt hatte, war daraus etwas sehr Reales und sehr Schönes entstanden, zumindest für sie.
» Warum isst du nur Grünzeug?«, wollte er plötzlich wissen, nachdem er das halbe Huhn
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