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Was sich kusst das liebt sich

Was sich kusst das liebt sich

Titel: Was sich kusst das liebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manning Sarra
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dem man von außen nicht ansah, welch ekelerregende Praktiken drinnen betrieben wurden.
    Als Neve hinaustrat in die schwüle Junihitze, musste sie sich kurz am schmiedeeisernen Geländer festhalten, weil ihr schwindelte. Sie blinzelte. Die Blätter wirkten irgendwie grüner als vorher, und über ihr kreiste ein Flugzeug am Himmel, der ihr noch nie so tiefblau vorgekommen war. Sie glaubte, über den Verkehrslärm hinweg sogar die Flugzeugmotoren ausmachen zu können, und aus einem offenen Fenster in der Nähe drang Klaviermusik.
    Morgens beim Verlassen der Wohnung hatte eine gähnende Leere in ihr geherrscht. Jetzt fühlte sie sich zwar sauber und entschlackt, aber schon etwas weniger verletzt, und die Leere konnte auch auf die Darmspülung zurückzuführen sein. Sie stieß sich energisch vom Geländer ab und marschierte los, zu ihrer eigenen Überraschung sogar einigermaßen beschwingt.
    Max war weg, wie das von Anfang an geplant gewesen war. Statt sich über die Art des Abschieds aufzuregen, sollte sie sich lieber in Erinnerung rufen, dass er gegangen war, damit sie frei für William war. Jetzt trennten sie nur noch die letzten paar Kilos. Neve tätschelte ihren Bauch, der zum allerersten Mal in ihrem Leben flach war. Vielleicht war sie ja die fünf Pfund, die sie zugelegt hatte, bereits losgeworden! Im Laufe der Entschlackungskur musste sie noch zwei weitere Darmspülungen über sich ergehen lassen, und die Therapeutin hatte erzählt, dass es Leute gab, die danach jedes Mal bis zu zehn Pfund leichter waren.
    Das wären dann ja dreißig Pfund binnen zwei Wochen! Bei dieser Aussicht ging eine Welle der Begeisterung durch ihren Körper. Neve strahlte eine tattrige alte Dame an, die ihr gerade entgegenkam, dann spurtete sie um die Ecke zu ihrem Fahrrad. Sie schloss es auf und raste nach Hause, um auf die Lieferung ihrer Entschlackungsdrinks zu warten.
    Wasser war in der nun folgenden Woche ein häufig wiederkehrendes Thema.
    Neve musste zusehen, dass sie nie länger als zehn Minuten von der nächsten Toilette entfernt war, denn die Shakes wirkten genauso, wie es auf dem edlen schwarz-weißen Etikett beschrieben war: Sie trank, sie pinkelte, sie trank, sie pinkelte. Sie verbrauchte täglich zwei Rollen dreilagiges Klopapier und konnte keinen Teich und keinen Springbrunnen passieren, ohne dass sich ihre Blase meldete.
    Aber das war noch nicht alles. Die Euphorie schlug ziemlich bald in Manie um. Zum Glück machte Mr Freemont just in diesen zwei Wochen seinen alljährlichen Urlaub in Broadstairs. Rose nutzte diese Zeit wie immer, um im Archiv mal wieder gründlich auszumisten und zu putzen, wobei sie behauptete, es habe nichts mit Mr Freemonts Körpergeruch zu tun, der sich hartnäckig hielt, vielmehr wolle sie die Gelegenheit beim Schopf packen, um mal wieder einige der vor sich hinmodernden Papierstapel zu entsorgen, die seiner Ansicht nach lebenswichtig waren.
    Normalerweise protesierte Neve recht engagiert dagegen, dass all diese Unterlagen in den Altpapiercontainer wanderten, doch diesmal verwendete sie ihre entschlackungsbedingt neu gewonnene Energie darauf, Kartons nach draußen zu verfrachten und sämtliche Fußböden und anderweitigen Oberflächen mit Seifenlauge abzuschrubben. Sobald sie allerdings die Gummihandschuhe übergestreift und die Hände ins Wasser getaucht hatte, musste sie sogleich eine Klopause einlegen.
    Sie nutzten Mr Freemonts Abwesenheit auch, um ihre Mittagspause auf drei Stunden auszudehnen und jeweils abwechselnd einen Nachmittag blauzumachen, sprich, Neve hatte jede Menge Zeit, um laufen zu gehen oder in ihrem Büro Liegestütze zu machen. Ins Fitnesscenter wagte sie sich nicht mehr, seit sie Gustav in einer ihrer manischen Phasen per Mail mitgeteilt hatte , dass sie nicht mehr mit ihm zu trainieren gedachte.
    Solange sie beschäftigt war, vermisste sie Max nicht, und sie war sicher, dass er ganz gut ohne sie zurechtkam. Sie kam ja auch ganz gut ohne ihn zurecht, während sie Böden schrubbte, im Park ihre Runden drehte, Kontakt zu Lucy Keeners alten Kollegen in Oxford aufnahm und sich ausmalte, wie William bei ihrer ersten Begegnung seit drei Jahren » Seit wann bist du so wunderschön, Neve?« murmeln würde.
    Nur nachts, wenn es dunkel war und sie nichts zu tun hatte, wenn der nächste Entschlackungsdrink noch Stunden entfernt war und sie vor Überspanntheit und Nervosität nicht schlafen konnte, da fehlte ihr Max so sehr, dass es körperlich wehtat.
    Eines Morgens googelte sie statt »

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