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Was sich kusst das liebt sich

Was sich kusst das liebt sich

Titel: Was sich kusst das liebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manning Sarra
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Overknee-Stiefel ausgab, die » gerade total in« waren. Aber sie hatte auch noch nie in einer derart ausgeprägten Mode- und Schönheitskrise gesteckt, und Celia, die gute Seele, lief in dieser prekären Lage zu absoluter Höchstform auf.
    Sie brachte aus der Kosmetikredaktion von Skirt eine ganze Tüte voller Tuben, Salben und Cremes mit nach Hause und schmierte Neve eine Paste ins Gesicht, die wie Pferdemist stank, dafür aber über Nacht garantiert 98 Prozent aller Hautunreinheiten im Gesicht beseitigte. Außerdem hatte sie für Neve einen Termin beim Friseur (Waschen-Schneiden-Föhnen) und bei der Kosmetikerin (Maniküre/Pediküre, Achselhöhlen-, Bein- und Bikinizonenenthaarung) vereinbart, und um 15Uhr wollte sie für Neve aus dem Kleiderfundus von Skirt ein passendes Outfit heraussuchen.
    » Ich werde ein paar Sachen für dich kommen lassen«, sagte sie, denn auf dem Planeten Mode kamen die Kleider zu den Trägerinnen und nicht umgekehrt. » Was hattest du dir denn vorgestellt?«
    » Ein Kleid«, murmelte Neve, die wegen der Maske im Gesicht den Mund kaum aufbrachte. » Ein langes. Wie heißen die noch gleich?«
    » Ein Maxi-Dress? Vergiss es. Dafür hast du zu kurze Beine. Du würdest aussehen wie ein Geist.«
    Neve schnaubte belustigt.
    » Nicht lachen! Von dieser Maske kostet ein Töpfchen hundertfünfzig Pfund«, wies Celia sie zurecht. » Und nein, ich werde dir keine wallende Burka besorgen. Was für eine Kleidergröße trägst du jetzt?«
    Neve zuckte die Achseln. » Vor der Kur hatte ich Größe 42.«
    » Hm. In diesem Zelt kann man überhaupt nichts erkennen.« Celia zupfte an Neves riesigem Bademantel. Dann setzte sie eine ernste Miene auf. » Hör mal, Neve, du weißt, dass ich dich liebe, oder? Sehr sogar, und ich will, dass du glücklich bist, und wenn du glaubst, dass Willy McWordy dich glücklich machen wird, dann meinetwegen…«
    » Aber?«
    » Aber versprich mir, dass du mit dieser Kur aufhörst. Angeblich ist schon jemand daran gestorben, und außerdem bist du gar nicht mehr du selbst, und du fehlst mir.« Celia schniefte, den Tränen nah.
    » Ich weiß«, sagte Neve leise. Sie war gegen Ende ihrer fünftägigen Bett-Session zu demselben Schluss gekommen. Im Übrigen war morgen, wenn sie William gegenüberstand, der Augenblick der Wahrheit. Sie trug nicht mehr Kleidergröße 58, und sie konnte nur hoffen, dass das als Entschädigung dafür reichen würde, dass sie noch immer nicht in ein Kleid Größe38 passte. » Ich trinke morgen die letzten Säfte, und dann höre ich auf.«
    » Versprochen?«
    » Versprochen.«
    » Schwörst du es beim Leben unserer Eltern? Nein, warte– schwörst du es bei Jane Austens Grab?«
    » Ja, ja, ja. Ab übermorgen esse ich wieder feste Nahrung.«
    » Gut. Aber deine Kleidergröße muss ich trotzdem wissen. Geh und stell dich auf die Waage, und dann messe ich dich ab.«
    » Können wir nicht einfach raten?«, flehte Neve.
    » Bist du nicht wenigstens ein kleines bisschen neugierig, wie viel du abgenommen hast?«, fragte Celia. » Dein Gesicht ist richtig schmal geworden, und das, was ich von deiner Brust sehen kann, wirkt regelrecht knochig.«
    Neve starb fast vor Neugier, aber sie hatte auch eine Heidenangst, und je länger sie den Moment der Wahrheit hinausschob, desto mehr hatte sie bis dorthin abgenommen. Am besten wog sie sich gleich frühmorgens, nach einer ausgiebigen Runde Jogging durch den Park.
    » Du kannst selbstverständlich davon ausgehen, dass ich es keiner Menschenseele verraten werde. Nicht einmal Mum«, gelobte Celia und erhob sich von der Couch.
    » Vor allem nicht Mum!« Neve stand ebenfalls auf und zurrte auf dem Weg nach draußen den Bademantelgürtel etwas fester.
    Celia legte eine geradezu verdächtige Geduld an den Tag und verfolgte, auf dem Badewannenrand sitzend, wie Neve umständlich die Waage hin und her schob, bis sie ganz gerade stand, weit genug entfernt von der Stelle, an der sich der Boden etwas absenkte. Es war eine teure Multifunktionswaage, die das Gewicht in Pfund und Kilogramm anzeigte und so schwer war, dass sich Neve auf dem Nachhauseweg vom Kaufhaus damit beinahe einen Bruch gehoben hatte. » Okay, es ist so weit«, verkündete sie unnötigerweise. Sie holte tief Luft und streifte den Bademantel ab. Jetzt stand sie da, in der Unterwäsche.
    Celia starrte angestrengt auf eine Stelle an der Wand hinter ihrem linken Ellbogen. » Ähm, je eher du dich draufstellst, desto schneller hast du’s hinter dir.«
    Neve schloss

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