Was sich kusst das liebt sich
Drang verspürst, mit schönen Frauen zu schlafen. Du bist hier der Oberflächliche von uns beiden, nicht ich.«
» Ich sag dir mal was über diese Frauen, und da waren so einige Schauspielerinnen und Models darunter: Keine Einzige von ihnen war so von ihrem Aussehen besessen wie du! Du hast gar keinen Minderwertigkeitskomplex, meine Liebe. Du bist sowas von egozentrisch und narzisstisch, das geht auf keine Kuhhaut.« Er sprach jetzt leiser, aber umso bissiger.
» Du weißt doch gar nicht, was das Wort narzisstisch bedeutet«, schrie Neve in unveränderter Lautstärke. » William bewegt sich wenigstens auf demselben intellektuellen Niveau wie ich.«
» Dir ist doch klar, dass das niemals klappen wird mit euch beiden, oder?« Max hatte das Gestikulieren eingestellt. Er stand bewegungslos da, die Hände in den Hosentaschen.
Neve war, als hätte er ihr ein Glas eiskaltes Wasser ins Gesicht gekippt. » Natürlich wird es klappen.« Jetzt drehte auch sie ein paar Dezibel zurück.
Max kam auf sie zu, mit derart ernster, entschlossener Miene, dass Neve einen Schritt zurückwich. Dann änderte er die Richtung, steuerte auf ihre Korkpinnwand zu und schnalzte mit dem Finger verächtlich gegen eines der Fotos, die dort hingen. Es war das einzige Bild aus ihrer Zeit in Oxford, bei dem sie sich nicht innerlich wand, wenn sie es betrachtete. Es zeigte sie neben William auf einer Bank sitzend; sie lächelte verlegen in die Kamera, während William sie mit einem zärtlichen Blick betrachtete.
» Nein, wird es nicht.« Max bedeckte das Foto mit der Hand, und es fühlte sich an, als würde er damit ihre glücklichen Erinnerungen an William auslöschen. » Das ist doch genauso wenig real wie das, was wir hatten.«
» Du hast doch keine Ahnung, wovon du redest«, zischte Neve und durchbohrte seinen Rücken mit Blicken, als er näher ranging, um das Foto genauer unter die Lupe zu nehmen. » Das zwischen William und mir… Nun, ich erwarte nicht, dass jemand wie du das versteht.«
Es kam selten vor, dass Neve ihre Worte absichtlich so wählte, dass sie ihren Gesprächspartner verletzten, aber sie verspürte einen Anflug von Genugtuung, als sie sah, wie Max die Schultern anspannte. Er drehte sich um und betrachtete sie nachdenklich, mit schief gelegtem Kopf.
» Da gibt es nichts zu verstehen. Ein Haufen langer Worte und viel heiße Luft, das ist alles, was euch verbindet. Ihr werdet nie mehr tun als Händchenhalten. Zu schade, dass du etwas mehr Action brauchst, um zum Orgasmus zu kommen.«
Neve wurde heiß, dann kalt, dann wieder heiß. » Raus!« Sie bückte sich nach seinem T-Shirt, um es ihm in Ermangelung eines scharfen, spitzen Gegenstandes an den Kopf zu werfen.
Er fing es mit einer Hand auf, wie um sie zu ärgern. » Tja, hier ist ohnehin nichts, wofür es sich zu bleiben lohnt.«
Neve wollte ihn nie wiedersehen, und sie war ziemlich sicher, dass es ihm genauso ging, aber leider musste er erst noch die Socken und die Schuhe anziehen. Sie stand daneben, die Hände in die Seiten gestemmt, und verfolgte es mit schmalen Augen, kochend vor Wut, und konnte nur mit Mühe den Drang unterdrücken, ihm an die Gurgel zu gehen.
Dann marschierte sie zur Tür und riss sie auf. Zwei Freundinnen ihrer Schwester, die ganz offensichtlich gelauscht hatten, saßen mit einem Joint auf dem Treppenabsatz und stießen sich kichernd gegenseitig mit dem Ellbogen an, bis sie Neves Miene sahen. » Verzieht euch«, fauchte sie gepresst, dann wich sie zur Seite, weil Max an ihr vorbeistürmte. Neve schickte sich an, die Tür hinter ihm zuzuknallen, mit einer solchen Wucht, dass Charlotte ihr bestimmt wegen Urheberrechtsverletzung die Hölle heißgemacht hätte, da kam er noch einmal zurück. » Eins noch…«
Was wollte er denn noch? Ach so. » Ich gebe Celia deinen Schlüs…«
» Selbst wenn du dich auf Kleidergröße32 runterhungerst, im Kopf wirst du immer das fette Mädchen sein, Neve«, raunte er ihr ins Ohr, und sie schrumpfte geschockt in sich zusammen. » Du kennst es doch gar nicht anders.«
Neve presste sich eine Hand auf den Bauch, denn jedes seiner Worte verletzte sie wie ein Messerstich– noch einer, und noch einer, bis Haut und Fleisch in Fetzen herunterhingen.
Er marschierte hoch erhobenen Hauptes an ihr vorbei, doch dann warf er einen letzten Blick über die Schulter und sah ihr in die Augen, die sich bereits mit Tränen füllten, und erst da erkannte er, dass er mit dieser Bemerkung, nach all den furchtbaren Dingen, die sie
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