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Was sich kusst das liebt sich

Was sich kusst das liebt sich

Titel: Was sich kusst das liebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manning Sarra
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ist ein Designerkleid in Größe 38«, beharrte Celia nachdrücklich. » Wie fühlt es sich an?«
    Neve drehte sich langsam einmal im Kreis. » Hm. Hätte nicht gedacht, dass Größe40 an mir schlottern würde.« Sie kniff sich in die Speckröllchen am Bauch. » Dabei trage ich eigentlich gar nicht Größe 40; ich hab geschummelt mit dieser Kur.«
    » Herrgott noch mal, Neve, kannst du dich nicht einmal freuen und diesen Augenblick genießen?«
    Neve gab sich größte Mühe, und sie verspürte gerade den ersten Funken von Euphorie, da fielen ihr wieder Max’ Worte ein. Im Kopf wirst du immer das fette Mädchen sein. Du kennst es doch gar nicht anders.
    » Ich versuch’s ja, aber ich war mein ganzes Leben lang fett, und jetzt trage ich seit ungefähr fünf Minuten Größe 40. Ich muss mich erst daran gewöhnen.«
    » Also, weißt du, vor ein paar Wochen, als du ständig mit Max rumgeturtelt hast, da hast du dich ungefähr einen Monat lang weder über dein Gewicht oder dein Aussehen beschwert noch hast du ständig davon gefaselt, wie toll dein Leben sein wird, wenn du erst Kleidergröße38 tragen kannst«, bellte Celia. » Das war mit Abstand der glücklichste Monat meines Lebens!«
    » Das ist unfair, Celia.«
    » Unfair ist, dass ich zig Kleider und Termine für dich organisiert habe, obwohl ich drei Fotoshootings vorbereiten sollte, und du hast dich noch kein einziges Mal bedankt!«
    Neve ließ den Kopf hängen. » Stimmt. Entschuldige.« Tja, Max hatte ihr ja auch vorgeworfen, sie sei egozentrisch. » Ich werde mich erkenntlich zeigen, versprochen.«
    Celia wirkte nicht überzeugt. » Das musst du nicht, aber du könntest wenigstens mal lächeln.«
    Neve verzog artig die Mundwinkel. » Wie ist das?«
    » Sieht aus, als hätte man dir gerade die Weisheitszähne rausoperiert«, brummelte Celia, aber es klang schon nicht mehr ganz so verschnupft, und als Neve ihr die Zunge zeigt, grinste sie. » Nur gut, dass du meine Schwester bist, sonst hätte ich dich längst gekillt.«
    » Ich weiß das hier wirklich zu schätzen, Celia, und jetzt, wo William wieder da ist und wir zusammen sein können, werde ich bestimmt glücklich sein«, versicherte ihr Neve. Hm. Sollte sie nicht von sich aus glücklich sein können, unabhängig von anderen Menschen?
    Celia schien jedenfalls dieser Auffassung zu sein. » Also, mich macht es schon glücklich, wenn ich mich auf net-a-porter.com einlogge und teure Kleider auf meine Wunschliste setze. Oder wenn ich bei Gloria Gayner ganz laut aufdrehe. Oder wenn ich in der U-Bahn einem ekelhaften Typen schöne Augen mache, bis er ganz unruhig wird, weil er glaubt, er hätte Chancen bei mir. Es ist doch gar nicht so schwer, glücklich zu sein.«
    » Du bist da wohl schon etwas weiter als ich.« Neve wedelte mit dem Rock ihres Wickelkleids. » Das Kleid ist echt hübsch. Was für Schuhe soll ich dazu anziehen?« Das war die ideale Ablenkung von der Tatsache, dass sie so ein Versager in puncto Glücklichsein war.
    » Oh, ich habe da an diese tollen Alaia-Sandalen gedacht.« Celia ließ sich kurz auf die Knie fallen, um mit einem Paar gefährlich hochhackiger Sandalen mit zarten taupefarbenen Lederriemchen wieder aufzutauchen. » Ich musste die Sohlen mit Klebband überziehen, also geh nassen Böden lieber aus dem Weg, ja?«
    Neve wagte nicht einzuwenden, dass es nicht besonders klug war, sie in Schuhe mit zwölf Zentimeter hohen Stöckeln zu stecken. Stattdessen saß sie still und artig auf dem Hocker, während ihr zwei junge Frauen aus der Kosmetikredaktion Schicht um Schicht ins mittlerweile wieder einigermaßen pickelfreie Gesicht schmierten. Bei dieser Gelegenheit erfuhr Neve, dass Smokey Eyes noch viel hoffnungsloser out waren als Pferdeschwänze mit Duttkissen und dass neuerdings wieder der » frische Naturlook« angesagt war.
    Es dauerte eine geschlagene Stunde, bis die beiden eben diesen erzielt hatten, aber als sie schließlich von ihr abließen, musste Neve zugeben, dass sich der Aufwand gelohnt hatte.
    Ihre Haut sah genauso makellos aus wie vor ihrer Entschlackungskur, wenn nicht noch besser. Sie sah aus, als würde sie von innen heraus strahlen; ihre Lippen wirkten voller, ihre Augen riesengroß.
    Sie sah aus wie eine Frau, der die Männer hinterhergucken würden, wenn sie in ihren schicken Klamotten und mit ihrer braunen Ledertasche (Celia hatte Neves ramponierte Umhängetasche konfisziert) durch die Metropole spazierte, auf dem Weg zu ihrem Date mit… Huch! Neve sah auf die Uhr.

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