Was sich kusst das liebt sich
sagte sie förmlich. » Normalerweise habe ich Montag-, Donnerstag- und Freitagabend Zeit. Also… Ich melde mich bei dir.«
Max nickte mit halb geschlossen Lidern. » Und sonst melde ich mich bei dir.« Er sah aus, als würde er am liebsten den Kopf auf den Tisch legen und an Ort und Stelle einschlafen.
» Gut, dann haben wir vorerst wohl alles besprochen…« Um sich eine lange, umständliche Verabschiedung zu ersparen, ging Neve in die Knie und tätschelte Keith den Kopf, dann schenkte sie Max ein gezwungenes Lächeln und machte sich auf den Weg.
TEIL ZWEI
Little By Little
Kapitel 11
Neve hatte angenommen, mit jemandem auszugehen, würde bedeuten, dass man sich abends in einem Pub traf und steife Konversation betrieb oder sich gegenseitig seine Lebensgeschichte erzählte, aber dem war nicht so; jedenfalls nicht mit Max.
Max hatte einen derart proppenvollen Terminkalender, dass im Grunde jedes ihrer Dates eine berufliche Verpflichtung seinerseits war. Im Laufe der ersten drei Wochen waren sie unter anderem bei der protzigen Vernissage einer Fotoausstellung im V & A Museum gewesen, auf der ständig Kellner mit Champagner und Kanapees vorbeigehuscht waren. Dann hatte eine Band mit Pilzkopf-Haarschnitt und Pseudo-Cockney-Akzent im Rahmen der Präsentation ihres neuen Albums zu einem Hunderennen geladen. Und ein paar Tage später hatten sie einer Geschäftseröffnung beigewohnt, bei der Burleskentänzer und ein Zauberer für Stimmung gesorgt hatten, und es für alle Gäste Goody Bags mit teuren Kosmetika, Wellnesstempelgutscheinen und einem Kaschmirpyjama gegeben hatte (über den Pyjama hatte sich Celia sehr gefreut). Sie hatten Filmpremieren, Cocktailpartys und Bandpräsentationen besucht, und jedes Mal waren neben Neve noch ungefähr zwanzig seiner engsten Freunde mit von der Partie gewesen.
Sie hatte sich noch nie derart fehl am Platz gefühlt wie in dieser fremden neuen Welt, in der man von einem PR -Event zum nächsten eilte und danach zur After-Party ging, gefolgt von der After-After-Party. Dabei fand sie es seltsam beruhigend, dass Max die meiste Zeit lässig einen Arm um ihre Schultern drapierte, wenngleich sie kaum wagte, es sich einzugestehen. Als Erstes drehten sie immer eine Runde durch den Raum, was normalerweise eine gute Stunde dauerte, denn sie begegneten auf Schritt und Tritt irgendwelchen Bekannten von Max, und dann gab es Küsschen, Umarmungen und atemlose Komplimente.
Die diversen PR -Leute, Journalisten, Models, Schauspielerinnen und Reality- TV -Stars schenkten Neve, die sich stets halb hinter Max versteckte, zunächst nur ein kurzes Lächeln, doch Max schob sie immer mit den Worten » Das ist Neve, eine enge Freundin von mir« nach vorn. Dann fügte er meist eine Bemerkung à la » Neve sagte gerade, sie will schon lange einen Burleskentanzkurs machen« oder » Neve meinte, der Film kommt nicht ganz an Tarantino hin, wie siehst du das?« hinzu, obwohl Neve nichts dergleichen gesagt hatte, aber damit war das Gespräch eröffnet– ein Gespräch, an dem sie beteiligt war. Das war neu für sie nach all den Jahren, in denen sie in einer Ecke gesessen hatte, während ihre dünneren, hübscheren, weniger schüchternen Freundinnen von Männern umschwärmt und zu Drinks eingeladen wurden.
Nachdem sie ihre Runde gedreht hatten, nahmen sie irgendwo Platz und waren binnen fünf Minuten von Menschenmassen umringt, und Neve saß lächelnd und nickend neben Max, genoss es, seinen Arm auf ihren Schultern zu spüren und murmelte gelegentlich: » Tatsächlich? Das wusste ich gar nicht.« Es war egal, dass sie selbst nichts beisteuern konnte, weil sie die Leute, um die es in diesen Gesprächen ging, nicht kannte, denn man hörte einander ohnehin nicht zu. Es ging nur darum, wer am lautesten redete, die schockierendsten Details ausplauderte oder die tollsten Werbegeschenke erhalten hatte, und im Zentrum dieses Mini-Universums strahlte Max; die Sonne, um die sich alles drehte.
Sein Charme war so direkt, eine derart offensive Mischung aus Flirt und Schmeichelei, dass Neve erst allmählich seine subtilen Nuancen bemerkte. Er schlug alle in seinen Bann, Männlein wie Weiblein jeglicher sexueller Orientierung. Er musste lediglich die Stimme senken und sein Gegenüber mit diesem festen Blick fixieren, ohne zu blinzeln, und wenn er seinem willigen Opfer dann noch eine Haarsträhne hinters Ohr strich oder einen über die gebräunte Schulter gerutschten Träger zurechtschob, hatte er es genau da, wo er es haben
Weitere Kostenlose Bücher