Was sich kusst das liebt sich
vorgestellt. Ich bin ein guter Freund von Neve. Allerdings hat sie mir verschwiegen, dass es noch eine weitere hinreißende Slater-Schwester gibt.«
Neve zog in Erwägung, ihn die Treppe hinunterzustoßen, begnügte sich aber damit, seinen Rücken mit bösen Blicken zu durchbohren und ein paar wüste Verwünschungen in sich hineinzumurmeln.
Charlotte schnippte sich eine Haarsträhne über die Schulter und kicherte affektiert. » Ich bin bloß eine angeheiratete Slater«, sagte sie in verschwörerischem Tonfall, als wäre das ein Verbrechen. Dabei musterte sie ihn prüfend, als hätte sie einen ungeschliffenen Diamant vor sich, dessen Wert sie zu schätzen versuchte. » Ich bin Neves Schwägerin Charlotte.«
Neve zitterte vor Wut. Es war das erste Mal, dass Charlotte zugegeben hatte, mit Neve verwandt zu sein. Sie war offenbar zu dem Schluss gekommen, dass Max heterosexuell und viel zu attraktiv für Neve war, denn sie strich sich erneut das lange, glänzende Haar aus dem Gesicht und streckte die Brüste in ihrem dämlichen Jogginganzug heraus. Celia und Yuri hatten einmal versucht zu schätzen, wie viele Jogginganzüge von Juicy Couture Charlotte wohl besaß, hatten aber aufgegeben, als sie bei den zweistelligen Zahlen angekommen waren.
» Warum sind die Hübschen alle schon vergeben?« Max seufzte. » Oder ist deine Ehe schon so zerrüttet, dass die Hoffnung besteht, dass du Trost bei einem anderen Mann suchst?«
» Oh, ja, durchaus.« Charlotte hatte aufgehört zu kichern und die Brüste herauszustrecken und klang nun wieder wie die griesgrämige Schwägerin, die Neve kannte. » Ist das ein Rottweiler?«, fragte sie mit einem ängstlichen Blick auf Keith, der nun auf Neves Fußabstreifer lag und sich hinter dem Ohr kratzte.
» Nein, er ist ein Staffordshire Bullterrier«, fauchte Neve, worauf Charlotte der Grund für ihren Auftritt wieder einfiel.
» Also, seid bitte etwas leiser, ja? Manchmal habe ich echt das Gefühl, unter einem Elefantengehege zu wohnen.« Sie begab sich mit einem übertriebenen Hüftschwung zurück in ihre Wohnung.
» Du hast gar nicht erwähnt, dass deine Schwägerin so attraktiv ist«, bemerkte Max. » Wenn man sich den orangefarbenen Teint und die Extentions wegdenkt.«
Neve stand so unter Strom, dass sie fürchtete, ihre Knochen könnten gleich splittern. » Ich wüsste da noch ein paar andere Adjektive, die auf sie passen würden.« Sie knallte erbost die Tür hinter sich zu. » Ich weiß, du musst zwanghaft mit allem flirten, das dir über den Weg läuft, aber könntest du nicht manchmal etwas wählerischer sein?«
» Ach, komm schon, so bin ich eben. Du bist doch nicht etwa eifersüchtig, oder?«, feixte er. » Okay, es mag etwas dreist gewesen sein, mit deiner Schwägerin zu schäkern, aber das war doch alles nur Spaß.«
» Hast du nicht gehört, wie sie sich am Anfang aufgeführt hat? Wenn du dich mal fünf Sekunden zusammengerissen hättest, wäre dir vielleicht aufgefallen, dass sie mich auf den Tod nicht ausstehen kann, und ich sie genausowenig.«
Seiner Miene nach zu urteilen, war es ihm schlicht unmöglich, seinen Charme zurückzuhalten, unter welchen Umständen auch immer. » Okay, okay, sie hat dir gegenüber einen ziemlich rauen Ton angeschlagen. Tut sie das öfter?«
» Das tut sie schon seit einer Ewigkeit«, brummte Neve und begab sich in die Küche. » Wir waren auf der gleichen Schule, und sie hat mir fünf Jahre lang das Leben zur Hölle gemacht. Ich setze jetzt Wasser auf. Willst du etwas trinken?«
» Kaffee, bitte.« Max ließ sich am Küchentisch nieder und schnappte sich Keith. » Was hat sie getan?«
Neve löffelte schweigend frisch gemahlenen Kaffee in die Cafetière, die sie extra gekauft hatte. Sie selbst trank immer Instantkaffee, aber er sollte seinen Espresso kriegen.
» Was hat sie getan?«, wiederholte Max sanft.
» Was hat sie nicht getan?«, erwiderte Neve verbittert und dachte daran, wie oft Charlotte und ihre Clique ihr auf dem Nachhauseweg aufgelauert und ihr alle möglichen Schimpfwörter nachgerufen hatten. Sie hatten sie angespuckt und mit Steinen beworfen, und nach den Turnstunden waren sie ihr in der Dusche auf die Pelle gerückt, bis Neve ihre Mutter dazu überreden konnte, ihr eine Entschuldigung für den Sportunterricht zu schreiben. Einmal war Charlotte in der Kantine an ihren Tisch gekommen, hatte eine Dose Cola Light über ihr Essen gekippt und gesagt: » Wenn du Diätcola statt normaler Cola trinken würdest, wärst du
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