Was sich liebt das raecht sich - Roman
bewusst.
Sie hatte das Gefühl, als hätte jemand einen Eimer mit eiskaltem Wasser über ihrem Kopf entleert. Sie wollte Judd nicht glauben, doch sie wusste, es war wahr. Nicht viele Menschen hegten derart lange einen Groll, aber es war durchaus vorstellbar, dass Judd in den letzten fünfundzwanzig Jahren Pläne geschmiedet hatte, um sich an ihr zu rächen und alles wieder an sich zu reißen, was ihm irgendwann einmal genommen worden war.
Bevor sie weiterdenken konnte, hatte er den Stall bereits durchquert und drückte sie gegen die Wand. Das Fohlen drängte sich in eine Ecke, riss furchtsam die Augen auf, und als die Decke auf den Boden fiel, stand es zitternd vor Angst und Kälte da.
»Wir sind noch nicht miteinander fertig«, lallte Judd nur einen Zentimeter vor ihrem Gesicht, drückte ihr einen seiner Arme auf den Hals und glitt mit seiner freien Hand über ihr Kleid.
Der Gestank des Whiskeys raubte ihr den Atem, aber trotzdem setzte Tavvy sich verzweifelt gegen die Umklammerung zur Wehr. »O doch, das sind wir. Was auch immer irgendwann einmal zwischen uns beiden war, ist längst vorbei. Warum kannst du das nicht einfach akzeptieren?« Angewidert drehte sie den Kopf zur Seite, als Judds Pranke über ihren Schenkel strich.
»Du hast mir gehört! Du hast mir gehört, und Lochlin hat dich mir gestohlen. Aber ich hasse es, etwas zu verlieren, was mir gehört.«
Tränen strömten über ihr Gesicht. »Ich habe dir nicht gehört, Judd; ich habe dir nie gehört. Du hast mich mit Drogen und Gewalt beherrscht, und Lochlin … Lochlin hat mich gerettet und ins Leben zurückgebracht.«
Judd schnaubte verächtlich auf. »Anders als Seamus, hm?«
Tavvy rang nach Luft. »Was willst du damit sagen?«
Jetzt stieß er ein leises Lachen aus. »Oh, also bitte, Tavvy! Du weißt genau, wovon ich rede. Armer kleiner Seamus«, spottete er, wobei er seine Hände lüstern über ihren Körper wandern ließ. Es machte ihm Spaß, wie sie sich wand, und er wünschte sich, der widerliche Lochlin könnte ihn jetzt sehen. »Seamus hatte sich mit den falschen Leuten eingelassen, und sie haben ihn auf den falschen Weg geführt und mit Drogen und allen möglichen anderen verbotenen Dingen bekannt gemacht. «
»Du hast ihn umgebracht, nicht wahr?«, flüsterte sie und kämpfte weiter gegen seine starken Hände an. »Seamus hatte nie etwas mit Drogen zu tun … das hat weder Lochlin noch seine Familie auch nur einen Augenblick geglaubt.« In dem verzweifelten Verlangen, diesem Irren zu entkommen, sah sich Tavvy eilig um und fragte sich, ob Lochlin sich nicht vielleicht langsam wunderte, weil sie noch nicht zurückgekommen war.
Ohne von ihr abzulassen, starrte Judd an ihr vorbei in die Vergangenheit zurück. »Es war Silvester 1984. Gott, ich kann mich noch daran erinnern, als ob es gestern gewesen wäre! Du und Lochlin hattet Weihnachten geheiratet. Es war eine romantische Zeremonie, von der mir einfach schlecht wurde. O ja, ich war dabei, Tavvy.« Er zog eine Grimasse. »Überall Schnee und Kerzenschein. Am liebsten hätte ich gekotzt .«
Tavvy rang nach Luft und wich noch weiter vor ihm zurück. Bei dem Gedanken, dass der Kerl sie bei ihrer Trauung beobachtet hatte, bekam sie eine Gänsehaut.
»In Brockett Hall stand der gewohnte Silvesterempfang bei meinen Eltern an«, fuhr Judd mit seiner Rede fort. Ihr entgeisterter Gesichtsausdruck fiel ihm anscheinend gar nicht auf. »Es war eine wilde Party, auf der irgendwann alles außer Kontrolle geriet. Und der blöde kleine Seamus
wollte unbedingt dabei sein.« Er verzog verächtlich das Gesicht. »Und als er mit den großen Jungen spielen wollte, habe ich nicht Nein gesagt.«
»Du hast ihm Drogen gegeben.« Anders hätte Seamus dieses Teufelszeug ganz sicher nie probiert. Aber die älteren Jungs, die er derart bewundert hatte, hatten bunte Pillen eingeworfen, und so hatte er es eben auch getan. Nur hatte er bis zu jenem Tag kaum jemals auch nur Alkohol getrunken und deswegen seine Grenzen nicht gekannt. »Du hast ihm Drogen gegeben, und er hat eine Überdosis eingeworfen … stimmt’s?« Sie bedachte Judd mit einem hasserfüllten Blick. »Ich habe die ganze Zeit gewusst, dass du etwas damit zu tun hattest. Und Lochlin hat es ebenfalls vermutet.«
Judd zuckte mit den Achseln. »Ist ja wohl nicht meine Schuld, wenn der dumme Junge alle Tabletten auf einmal eingeworfen hat. Oder dass er sich so sicher war, auf dem Grund des Pools einen Topf mit Gold gesehen zu haben, dass er kopfüber
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