Was sich liebt, das trennt sich: Roman (German Edition)
Abigail zu fragen, warum sie nicht frische Zwiebeln nahm anstatt getrockneter; sie holte die Zwiebelflocken aus dem Gewürzschrank. Es stimmte: Miss Abigail kümmerte sich genauso um Luke wie er sich um Miss Abigail. Seine Großtante gab Luke eine Richtung und einen Sinn und hielt die Verbindung zu seiner Familiengeschichte aufrecht - einer Geschichte, von der Luke vielleicht behauptete, dass er sie verachtete, aber die jede seiner Handlungen bestimmte. Lukes Vorfahren waren sicher genauso reserviert, trotzig und unnahbar gewesen wie er. Man konnte es dem Porträt von Silas Sedgwick in der Bibliothek ansehen. Doch die Sedgwick-Gene enthielten zu gleichen Teilen Freundlichkeit, Humor und Respekt. Peggy bemaß und vermischte ihren Auflauf. Sie beneidete Luke ein bisschen, weil sein ganzes Leben hier stattgefunden hatte, während ihr eigenes aufgeteilt war auf eine ganze Reihe von kalifornischen Vorort-Siedlungen.
»Luke sagt, ihr seid nicht gut füreinander«, sagte Miss Abigail.
Luke hatte mit seiner Großtante über sie gesprochen? Peggy beschäftigte sich damit, Semmelbrösel über den Auflauf zu verteilen. Verstört, ein kleines bisschen geschmeichelt - sie konnte sich nicht entscheiden, wie sie sich fühlen sollte. Sie entschied sich für verärgert. Wie meinte Luke das, sie seien nicht gut füreinander? Sie war die perfekte Ehefrau gewesen.
Miss Abigail holte ein Sherryglas aus einem Schrank. »Ich halte nichts von diesem ganzen modernen Unsinn darüber, dass Männer und Frauen sich immer verstehen müssen. Und Luke kann es einem schwer machen, ihn zu mögen, mit all seinem Grübeln und seiner Trübsal. Trotzdem, wichtig ist doch nur, dass er dich mag.«
»Ich glaube nicht.« Peggy konnte nicht fassen, dass sie dieses Gespräch führte.
»Unsinn, junge Dame. Schieb den Auflauf in den Ofen, bitte, und gieß mir ein Glas Sherry ein.«
Luke traf bei Hamburgern im Nutmeg Coffee Shop, der ein halbes Jahrhundert lang eine feste Institution in der Innenstadt gewesen war, eine inoffizielle Vereinbarung mit Grant Atherton. Das Café war erst kürzlich ins Pilgrim Plaza gezogen, in brandneue Räumlichkeiten, die so gestaltet waren, dass es wie ein Diner aus den Fünfzigern aussah, mit rautengemusterten Chromwänden und roten Kunststoff-Sitzecken. Luke vermisste das ursprüngliche, schäbige Nutmeg an der Gemeindewiese. Es war ein echtes Diner aus den Fünfzigern gewesen.
Für den offiziellen Deal zog Luke seinen dunklen Anzug an und parkte den Volvo in der Garage unter einem der vielen gläsernen, mittelhohen Bürogebäude, die der Innenstadt von Stamford, Connecticut, jenen ehrgeizigen Anstrich gaben, so als wüsste die Stadt genau, dass sie nicht mit New York konkurrieren konnte, es aber dennoch wie auf dem College versuchte. Von Athertons Büro im neunten Stock des Hauptfirmensitzes von Budget Club International aus konnte man auf die unzähligen Einkaufsstraßen und die Interstate 95 und die Bahnschienen und den windgepeitschten, von weißen Wellenkronen bedeckten Long Island Sound sehen. Luke unterschrieb einen Vertrag, kehrte nach New Nineveh zurück, ging direkt in sein Arbeitszimmer und blieb dort die nächsten drei Tage fast ununterbrochen.
Jedes Jahr um diese Zeit wurde Luke daran erinnert, wie schnell ein Winter in Neuengland seine Welt ganz klein machen konnte, wenn die arktischen Temperaturen und die dicken Schneeschichten und das Eis ihn und alle anderen zwangen, zu Hause zu bleiben. Dieses Jahr erschien sie Luke auch ohne Schnee kleiner als jemals zuvor. Seine Großtante, seine Investments, seine Gedichte - es schien nichts anderes zu geben. Abgesehen von den Fiorentinos, die zwei- oder dreimal in der Woche vorbeikamen und Abigail besuchten, sah er niemanden. Der Pokerabend war vorübergehend ausgesetzt worden, da seine Mitglieder sich im Skiurlaub oder in ihren Winterhäusern befanden. In den vergangenen Jahren war es Luke gleichgültig gewesen, aber dieses Jahr fand er, dass es ihm guttun würde, gelegentlich mal aus dem Haus zu gehen.
Er nahm an, dass er das von Peggy gelernt hatte.
Peggys Besuche am Wochenende hätten seine Stimmung heben sollen, aber er konnte ihre Anwesenheit nicht genießen. Ihr aus dem Weg zu gehen war schwierig - die Kälte bedeutete, dass auch sie im Haus blieb und es nur verließ, um seine Großtante in den Supermarkt oder in die Kirche zu begleiten. »Du brauchst nicht mehr mitzukommen«, sagte sie ihm. »Ich kann Miss Abigail selbst fahren.«
An einem Freitag
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