Was sich liebt, das trennt sich: Roman (German Edition)
auftauchen?
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und blinzelte die Tränen in ihren Augen weg. Sie würde nicht weinen. Sie würde stark sein, genau wie Miss Abigail es gewesen wäre.
»Peggy Adams!« Wieder rief sie jemand, und es war Padma, die da gerufen hatte - um Peggy darauf aufmerksam zu machen, dass Brock auf dem Bürgersteig auf sie zukam, ein strahlendes Grinsen auf seinem kantigen, attraktiven Gesicht.
»Du kommst zu spät«, sagte sie Luke und wandte sich hastig zu ihrem Verlobten um, der noch einen halben Block entfernt war und keine Ahnung von dem hatte, was da gerade passierte, und dass die Tränen, die über Peggys Wangen flossen, jemand anderem galten als ihm.
»Das war's«, hörte Peggy Luke hinter sich sagen. »Wenn du jetzt gehst, dann laufe ich dir nicht nach. Ich werde nicht in die Kirche stürmen und ›Aufhören!‹ schreien.«
Sie wandte sich um. »Ich weiß«, sagte sie. »Du magst keine dramatischen Szenen.«
Und dann lief sie Brock entgegen und ließ Luke mit seinem Gedicht stehen, und ihr Herz schmerzte wie nie zuvor, und sie fragte sich, ob sie, wenn sie jetzt zurückblickte, Luke genauso leiden sehen würde. Schmerzen formen den Charakter. Es war ein Motto der Sedgwick-Familie, und Peggy verstand, dass sie, falls sie das hier überleben sollte, stärker sein würde. Das musste sie sein.
»Hey, Pegs!« Brock schloss die Arme um sie und zog sie an seine breite Brust. Als er sie losließ, sah Peggy ein letztes Mal über ihre Schulter zurück.
Luke war nicht mehr da. Innerhalb weniger Sekunden war es so, als wäre er gar nicht da gewesen.
Das war es also.
Es hatte einen Moment auf der Fahrt hierher gegeben, während Luke den Volvo durch den dichten Verkehr in Manhattan manövrierte, in dem er gedacht hatte: Wir werden hier leben. Ein Bild war dabei vor seinem inneren Auge aufgetaucht: Peggy und er, glücklich in einem kleinen, aber gemütlichen Apartment voller Bücher und Sonnenlicht; eine Babywiege; Ausflüge in den Park und ins Museum; die Geräusche der Stadt das Schlaflied, das sie durch die Nacht begleitete. Er war ganz sicher gewesen, dass die Dinge so enden würden und dass er Peggy nur noch davon überzeugen musste. Hatte er sein Werben um Peggy nicht genau geplant, seit Tagen an nichts anderes mehr gedacht? Hatte er nicht sein Investment-Portfolio vernachlässigt, die Nachrichten von Ver Planck ignoriert und während der Reparaturen, die er mit Angelo angegangen war, von nichts anderem geträumt? Hatte er nicht wieder und wieder an seiner großen Geste geschrieben, dem Gedicht, durch das er Peggy für sich gewinnen würde und mit ihr das Leben, von dem er erst vor Kurzem gemerkt hatte, dass es genau das war, was er führen wollte? Dass sie ihn abweisen könnte, war in seinen Überlegungen nicht vorgekommen.
Peggy hatte sich für ihre Zukunft entschieden, und er kam darin nicht vor. Versteckt in einem Ladeneingang hatte er sie beobachtet, wie sie sich umgewandt und in die Arme dieses muskelbepackten Schranks gelaufen war. Er hatte überlegt, ihr nachzulaufen und ... und was hätte er tun können? Den Kerl zu einem Duell herausfordern? Ihn mit seiner Schlagfertigkeit treffen, WASP gegen Goliath? Der Kampf war vorbei, das Spiel verloren. Vielleicht hatte Peggy nie mehr als Freundschaft für ihn empfunden. Und jetzt war auch das vorbei.
Luke warf sein wertloses Gedicht in den nächsten Abfalleimer. Er wünschte sich nur eins: dass er in dem Lagerraum tiefer jenen Duft eingeatmet hätte, den er inzwischen mit Peggy verband, und ihn möglichst lange in seinen Lungen gehalten hätte.
Er fuhr wie betäubt nach Hause. Der Hudson River war voller Segelboote, die Bäume an den Schnellstraßen trugen üppiges Grün, über die Weiden in Litchfield County sprangen Kälber und Fohlen auf spindeldürren Beinen. Luke sah all das und nahm doch nichts davon wahr. Er dachte an das Haus seiner Ahnen, das ihm bald versperrt sein würde. Er fuhr am Pilgrim Plaza vorbei, dessen Parkplatzasphalt glänzte, und dachte an die Witwe im Wald. Er kam am Sedgwick-Land vorbei, dem letzten Rest seines Erbes. Die Bauarbeiten hatten in der letzten Woche begonnen. Luke hatte schweigend zugesehen, wie ein Bagger die erste Schaufel voll Erde mit seinem gierigen Stahlmaul aus dem Boden gerissen hatte. In wenigen Tagen hatte diese eine Maschine die mit Gras überwachsene Wiese in Dreck verwandelt. Jetzt parkte Luke am Straßenrand und sah dem Bagger bei der Arbeit zu, und während er das tat, riss
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