Was sich liebt, das trennt sich: Roman (German Edition)
frustriert und durcheinander. Die Frau, die niemals darum gebeten hatte, dass er sich um sie kümmerte, die bis zu ihrem Krankenhausaufenthalt im letzten Monat kaum einen Tag im Bett verbracht hatte, schwankte und zog an den Ärmeln ihres Nachthemds. »Aber du kannst mir nicht helfen, Charles! Du bist doch schon tot!«
»Abby.« Luke holte tief Luft. »Ich bin Luke, dein Großneffe. Trips Sohn, erinnerst du dich? Charles ist nicht hier, aber ich schon. Sag mir, was du suchst.«
Auf einmal hörten Abigails hektische Bewegungen auf. »Oh«, sagte sie kleinlaut. »Ich habe es schon wieder getan, nicht wahr?«
Ein Buch lag aufgeschlagen mit dem Gesicht nach unten auf einem Beistelltisch - eine verblasste Ausgabe von Die großen Denker von Will und Ariel Durant. Abigail hob es auf und drehte es wieder und wieder in ihren Händen. Luke wartete darauf, dass sie ihm die Geschichte dieses Buches erzählte: welches Familienmitglied es erworben und besessen hatte - vielleicht sein sozialistischer Großonkel William, für den die Familie sich schrecklich geschämt hatte; oder Tante Beebee, die verstorbene Schwester von Lukes verstorbenem Vater, die sich für eine Intellektuelle gehalten hatte.
Doch Abigail legte das Buch wieder weg.
»Wonach hast du gesucht?«, fragte Luke noch einmal sanft.
»Ich weiß es nicht.« Ein verlorener Gesichtsausdruck erschien auf dem faltigen Gesicht seiner Großtante. »Ich kann mich nicht mehr erinnern.«
Jeder in Brattie's Sportkneipe nannte den Barkeeper den »Commissioner«, außer den Stammgästen, die ihn den »Commish« nennen durften. Peggy konnte sich nicht dazu bewegen, den abgekürzten Namen zu verwenden. Sie war davon überzeugt, dass der Commissioner sie hasste. Das lag in jenem unglücklichen Vorfall ganz zu Anfang ihrer Beziehung zu Brock begründet, als sie in der Kneipe über die Los Angeles Dodgers gesprochen hatte. Der Commissioner hatte daraufhin nur auf das »B« auf seiner fleckigen Baseballkappe gedeutet - was wohl heißen sollte, dass die Mannschaft, die 1958 nach Kalifornien gegangen war, für ihn eigentlich noch immer nach Brooklyn gehörte - und sie seitdem nicht mehr angesehen. Von da an hatte sie Brock die Drinks von der Bar holen lassen.
Aber an diesem Mittwochabend waren Bex und Josh zu einem ihrer seltenen Paarabende mitgekommen, und Peggy wollte demonstrieren, was für ein Insider sie bei Brattie's war, um ihre Freunde damit zu beeindrucken, wie sicher sie sich in Brocks Welt bewegte. Außerdem spielte Brock am Kickertisch. Und so stand sie nun hier, winkte mit ihrem Geld, rief »Entschuldigung« und versuchte, den Commissioner auf sich aufmerksam zu machen. Es war hoffnungslos. Peggy lächelte ihrem Nachbarn an der Bar zu. »Könnten Sie mir vielleicht zwei Mineralwasser bestellen?«
»Wenn ich Sie nach Ihrer Meinung fragen darf.« Der Mann streckte sein linkes Handgelenk nach vorn. »Was meinen Sie?«
»Ich glaube, Sie tragen zwei Uhren«, sagte Peggy. Eine hatte jede Menge Ziffernblätter und Anzeigen, wie in einem Flugzeug-Cockpit. Die andere war schlicht, mit römischen Ziffern.
»Gutes Auge. Welche gefällt Ihnen besser?«
Peggy deutete auf die altmodische Uhr. Sie war nicht nur schlichter und eleganter, sie kam ihr auch bekannt vor. Sie starrte darauf und versuchte sich zu erinnern, wo sie sie schon einmal gesehen hatte.
Der Mann lachte. »Das ist meine alte, die mir nicht mehr besonders gefällt.« Er machte dem Commissioner ein Zeichen und bestellte Peggys Wasser.
Luke. Das war es. Luke trug so eine Uhr. Peggy dachte an ihn, wie er am Samstag in seinem riesigen Arbeitszimmer gestanden hatte, die Ärmel hochgekrempelt, das Schimmern von rotblondem Haar neben einem Lederarmband.
Der Mann tippte auf das Modell mit den vielen Anzeigen. »Die hier habe ich mir gerade gekauft. Sie ist aus Titan, bis dreitausend Meter wasserdicht, und, hier, ein Höhenmesser.«
Peggy ärgerte sich darüber, dass sie rot wurde - nicht, weil sie sich für die falsche Uhr entschieden hatte, sondern wegen der Erinnerung an Luke. Es war nicht so, als wenn er attraktiv wäre - also gut, er sah irgendwie gut aus, aber seine Persönlichkeit war ein Desaster, und ihr Wochenende war kaum ein Erfolg gewesen. Sie hatte am Sonntagmorgen zu lange geschlafen und wollte dann schnell duschen, nur um festzustellen, dass es in ihrem Badezimmer lediglich eine Badewanne gab. Die schien jedoch nicht zu funktionieren, wie sie bei dem Versuch, ein Bad zu nehmen, feststellen musste,
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