Was sich liebt, das trennt sich: Roman (German Edition)
alten Eisenkanone, mehreren Kriegsdenkmälern und einigen Bänken, auf denen Peggy bis jetzt noch niemanden hatte sitzen sehen. Eine Flagge flatterte rot-weiß-blau an ihrem Mast; eine struppige Kiefer zeigte wie ein Pfeil zum Himmel. An diesem kühlen Morgen war alles verlassen, und es gingen nur ein paar Leute von der Kirche nach Hause: aus dem Gemeindehaus aus weißem Holz, aus dem sie gerade gekommen war, aus der Victorian Methodist Church mit dem roten Dach auf der Südseite der Wiese und aus dem neogotischen Steingebäude der Episcopal Church im Osten. Die Leute unterhielten sich auf den laubbedeckten Gehwegen und gingen zu ihren Wagen zurück. Während sie über den Rasen lief, verstand Peggy, warum niemand blieb. Die Stadt war hübsch; sie wäre die perfekte Umgebung für einen Laden wie Peggys gewesen. Aber man konnte hier nur wenig tun. Drei Viertel der Häuser waren entweder Immobilienbüros oder teure Antiquitätenhändler - es gab einfach nichts, was man sich zwanglos hätte ansehen können. Die wenigen anderen Geschäfte, die es gab, lockten auch nicht die Massen an: Seymour's Haushaltswaren, der Käseladen, ein kleines italienisches Restaurant namens Luigi's und Toggery, wo zwei WASP-Schaufensterpuppen mit zwei Kamelhaarmänteln für sie und ihn über den Schultern posierten. Es gab auch leerstehende Läden - ein altes Café, eine Zahnarztpraxis und einen Laden, auf dessen Schaufenster in verwitterten goldenen Buchstaben stand: »Star Jewelers, seit 1909«. Direkt darüber klebte ein Schild: »Besuchen Sie uns in unseren neuen Geschäftsräumen im Pilgrim Plaza!«
Obwohl sie bei Toggery lange Unterhosen fand, kehrte Peggy entmutigt über den Zustand der Stadt ins Sedgwick House zurück.
Annette Fiorentio stand in ihrem Vorgarten nebenan und harkte Laub. Sie grüßte Peggy. »Was machen Sie eigentlich die ganze Woche? Ernestine sagt, Sie arbeiten in der Stadt.«
»Ich habe einen kleinen Laden für Kosmetikprodukte«, antwortete Peggy. »Wogegen demonstrieren Sie?«
»Sie haben einen kleinen Laden!« Annette trug einen Baja-Pullover - eine mexikanische Kapuzenjacke. Peggy hatte keinen mehr gesehen, seit sie elf war und acht Monate lang in der Nähe des Strands von Ventura gewohnt hatte. Das Nicht-Yankee-Kleidungsstück machte ihr Annette gleich sehr viel sympathischer. »Ich würde Sie gerne für unsere Demonstrationen gewinnen«, fuhr die Nachbarin fort. »Wir demonstrieren samstags, wenn das Wetter gut ist, und öfter, wenn es eine besondere Bedrohung gibt.«
»Eine Bedrohung?«
»Für die Stadt. Für ihren ländlichen Charakter, ihre Geschichte. Für den Fortbestand unserer kleinen heimischen Läden - ich bin sicher, dass Sie das verstehen können.« Annette zupfte ein paar Blätter von den Zacken ihres Rechens. »Wir haben mit den Demonstrationen angefangen, als der Bauausschuss das Pilgrim Plaza an der Route 202 genehmigte. Wir wollen die Leute daran erinnern, dass man, wenn der Ort erst zubetoniert ist und man Starbucks und Gap und McDonalds hergeholt hat, nicht mehr zurück kann. Bitte, machen Sie doch mit. Bis jetzt besteht unsere Gruppe hauptsächlich aus den Wochenendgästen aus New York und Leuten wie Angelo und mir, die von woanders nach New Nineveh gezogen sind. Eine Einheimische an Bord zu haben, wäre ein großer Coup.«
Peggy hätte Annette gern geholfen. »Miss Abigail würde einen Anfall bekommen«, sagte sie der Nachbarin traurig und kehrte ins Sedgwick House zurück.
Sie zog sich eine Jeans an, räumte ihr Zimmer auf, stellte ihre Handtasche und eine Tasche an den Treppenabsatz und klopfte an den Ballsaal. Wie sie erwartet hatte, saß Luke an seinem Schreibtisch, den Kopf konzentriert darübergeneigt. Wahrscheinlich schrieb er ein Gedicht für die Rothaarige. Für jemanden, der behauptete, noch nie wirklich geliebt zu haben, schrieb Luke ziemlich überzeugende Verse. Vielleicht begehrt er sie nur und liebt sie nicht, sagte Peggy sich, fühlte sich jedoch nicht besser.
»Ich koche Miss Abigail etwas zu Mittag«, sagte sie.
»Sie schläft«, antwortete Luke.
»Wenn das so ist, dann fahre ich jetzt zurück in die Stadt.«
Luke hob den Kopf. »Warum?«
»Ich habe das Gefühl, dass ich, na ja« - sie wusste nicht, wie sie es erklären sollte - »dass ich dir im Weg bin.«
»Das bist du nicht.«
Er nahm seine Brille ab und rieb die Gläser an seinem Hemd sauber. Ohne die Brille hatten seine Augen eine Direktheit, die Peggy an den strengen Blick von Silas Sedgwick auf dem
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