Was sie nicht weiss
mit ihm …«
»So was sieht man doch«, unterbricht Lois, »und man hört es auch!«
Unbehaglich wendet Maaike den Blick ab.
»Sie wussten es also«, folgert Lois, »und haben nichts dagegen getan. Warum haben Sie dem Mädchen denn nicht geholfen?«
Es dauert ein wenig, bis Maaike sie wieder ansieht, jetzt mit feuchten Augen.
»Weil ich Angst hatte«, flüstert sie. »David war nämlich nicht der einzige Vergewaltiger, da waren noch zwei andere. Und ein Mädchen, das zuguckte.«
»Wer?«
»Ich glaube, sie war die Freundin von einem der Jungs. Jedenfalls hat sie gelacht und die drei angefeuert.«
»Wer die zwei anderen Jungen waren, will ich wissen!«
»Freunde von David. Ich hab nur kurz hingesehen und bin dann schnell nach Hause gegangen.«
»Auf die Idee, Hilfe zu holen, sind Sie gar nicht gekommen, wie?«
Lois’ vorwurfsvoller Blick ist Maaike deutlich unangenehm. Sie blinzelt mehrmals, läuft rot an und beißt sich wieder auf die Lippe. »Nein«, kommt es zaghaft. »Ich hab nichts unternommen, und das hat mir hinterher ganz furchtbar leidgetan.«
»War einer der Jungen zufällig Julian van Schaik?«, erkundigt sich Claudien.
»Keine Ahnung, ich hab sie nur von hinten gesehen.«
»Aber dass David Hoogland dabei war, steht fest?«
»Klar, den kannte ich ja. Und das Mädchen, das dabeistand, hat gelacht und ›Besorg’s ihr, David!‹ oder so was Ähnliches gerufen.«
»Warum haben Sie uns das alles nicht gleich erzählt?«, fragt Lois.
Als Antwort senkt Maaike den Blick und zuckt hilflos die Schultern.
Lois und Claudien stehen beide gleichzeitig auf.
»Wir müssen Sie bitten, uns aufs Revier zu begleiten und dort eine offizielle Zeugenaussage zu machen«, sagt Lois.
Ängstlich sieht Maaike auf. »Werde ich jetzt verhaftet? Ich hab doch nichts getan!«
»Sie werden nicht verhaftet, wir wollen lediglich Ihre Aussage protokollieren. Anschließend können Sie wieder gehen«, beruhigt Claudien sie.
20
»Tamara wohnte früher in Alkmaar und hat David Hoogland gekannt, das wissen wir jetzt sicher«, sagt Lois, als sie und Claudien mit den Kollegen zusammensitzen und die Lage besprechen.
Nachdem Maaike Scholten ihre Aussage zu Protokoll gegeben hat, haben sie recherchiert, ob irgendwann von einer Tamara Anzeige gegen Hoogland erstattet wurde, was jedoch nicht der Fall war. Maaikes Geschichte lässt sich daher nicht verifizieren, doch sie klingt durchaus glaubhaft.
»Zu dumm, dass niemand den Nachnamen dieser Tamara kennt«, bemerkt Nick. »Nicht nur dumm ist das, sondern auch reichlich seltsam.«
»Weißt du von jedem, den du irgendwann mal gekannt hast, den Nachnamen? Ich bin schon froh, wenn mir die Vornamen einfallen«, erwidert Claudien.
»Stimmt, aber seltsam ist es trotzdem.«
»Finde ich auch«, pflichtet Ramon bei. »Ich denke, der nächste Schritt ist, dass wir mit sämtlichen Alkmaarer Schu len Kontakt aufnehmen und eine Liste aller Mädchen namens Tamara erstellen, die vor etwa zwölf Jahren dort verzeichnet waren.«
»Ich habe vorhin bereits mit den Schulen telefoniert«, berichtet Claudien. »Leider werden die Daten nur fünf Jahre gespeichert und danach gelöscht.«
Ramon stößt einen tiefen Seufzer aus. »Wäre ja auch zu schön gewesen. Wenn wir wenigstens ein Foto von ihr hätten! Im Internet müsste doch was zu finden sein, bei Facebook oder was weiß ich.«
»Im Allgemeinen gehen die Leute mit ihren persönlichen Daten im Netz sehr sorglos um, das stimmt«, sagt Silvan. »Viele geben ohne Bedenken ihre Adresse und Bankverbindung an, wenn es einen halbwegs plausiblen Grund dafür gibt, stellen private Fotos ein und teilen mit, was sie so alles machen, ob sie zu Hause sind oder nicht. Und dann wundern sie sich, wenn ihre Wohnung ausgeräumt wird, während sie ein paar Tage nicht da sind. Andere Leute wiederum sind äußerst vorsichtig, was ihre Privatsphäre angeht. Natürlich auch jene, die etwas zu verbergen haben. Ich wette, unsere Tamara ist so klug, dass sie zu letzterer Kategorie gehört.«
»Aber irgendwas über sie muss doch zu finden sein. Zumal es ja Zeiten gab, in denen sie sich noch nichts hat zuschulden kommen lassen, beispielsweise, als sie noch zur Schule ging«, sagt Ramon. »Habt ihr denn schon überprüft, ob sie auf Klassenfotos zu sehen ist?«
»Solange nicht bekannt ist, an welcher Schule sie war, werden wir da kaum fündig. Wahrscheinlich war sie insgesamt ein unscheinbarer Typ und tat sich nicht groß hervor, solche Leute werden schnell
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