Was sie nicht weiss
vergessen«, meint Claudien.
»Ich hab mir schoolbank.nl vorgenommen, eine Website zum Finden ehemaliger Mitschüler. Dort werden auch Klassenfotos eingestellt«, berichtet Silvan. »Wir haben aber schlicht zu wenig Information. Außerdem ist ja nicht gesagt, dass Tamara die Täterin ist. Wir haben uns zwar auf sie eingeschossen, trotzdem gibt es bisher keinerlei Hinweis, dass sie den Mord begangen hat.«
»Es muss eine Frau gewesen sein«, wirft Fred ein. »Und Tamara ist bis jetzt die einzige Verdächtige, neben Maaike mit der Flyeraktion, aber da kommen wir gerade nicht weiter. Ich bin wie du der Meinung, dass wir nicht nur Tamara in Betracht ziehen sollten, aber immerhin hatte sie kurz vor Hooglands Tod Kontakt mit ihm. Und falls sie nicht die Täterin ist, kann sie uns vielleicht wertvolle Hinweise geben.«
»Gut, Leute, genug geredet!« Ramon klatscht mit der flachen Hand auf den Tisch, wie immer, wenn ihm die Geduld ausgeht. »Fred und Lois, ihr beide redet noch mal mit Julian van Schaik. Als Jugendfreund von Hoogland könnte er bei der Vergewaltigung dabei gewesen sein. Bringt den Mann hierher und fühlt ihm gründlich auf den Zahn.«
Julian van Schaik gibt sich ahnungslos.
»Ein Mädchen vergewaltigt? Ich?«, entrüstet er sich. »Warum, um Himmels willen, sollte ich so etwas machen?«
»Genau das wollen wir von Ihnen wissen«, entgegnet Fred trocken.
»Da sind Sie bei mir falsch. Ich konnte früher jede haben, die ich wollte, und David genauso. Wir hatten es wahrhaftig nicht nötig, ein Mädchen zu vergewaltigen, das können Sie glauben.« Er lacht.
»Sagt Ihnen der Name Maaike Scholten etwas?«, fragt Lois, ohne eine Miene zu verziehen.
Julian lehnt sich zurück und überlegt kurz. »Der Name kommt mir bekannt vor, aber ich sehe kein Gesicht dazu«, sagt er dann. »Ist sie das Mädchen, das angeblich vergewaltigt wurde?«
»Nein, eine Zeugin. Sie hat die Vergewaltigung mit angesehen.«
Es ist zwar gegen die Regeln, Namen von Zeugen zu nennen, aber Lois hält es in diesem Fall für vertretbar. Julians Reaktion bestätigt sie, denn dieser Satz bringt ihn aus dem Konzept. Zwar gibt er sich alle Mühe, einen neutralen Gesichtsausdruck zu wahren, doch Lois ist seine Schrecksekunde nicht entgangen.
Also doch, denkt sie, er war dabei. Jetzt heißt es dranbleiben und auf keinen Fall erwähnen, dass Maaike ihn bei der Vergewaltigung gar nicht erkannt hat.
»Mit wem waren Sie früher so zusammen?«, fragt sie. »Da gab es doch bestimmt eine Clique.«
»Klar, eine größere sogar. Wollen Sie nun alle Namen wissen?«
»Erst einmal die der Jungen, mit denen Sie am besten befreundet waren.«
»Das waren David und Remco. David war schon in der Grundschule mein Freund, Remco kam in der Orientierungsstufe dazu.«
»Wie heißt dieser Remco mit Nachnamen?«
»Leegwater. Remco Leegwater.«
Lois macht sich eine Notiz und blickt Julian dann unvermittelt in die Augen. Sie flackern unruhig, doch im nächsten Moment wirkt er wieder gelassen und gleichgültig.
»Was will diese Zeugin denn genau gesehen haben?«, fragt er.
»Dass Sie und Ihre Freunde ein Mädchen vergewaltigt haben. Eine gewisse Tamara«, antwortet Fred.
Diesmal ist Julians Verwunderung nicht gespielt. »Tamara? Ich hab nie eine Tamara gekannt. Was soll das Ganze überhaupt? Diese Zeugin hat doch einen Schuss an der Waffel, die hat Ihnen was weisgemacht! Ich hab niemanden vergewaltigt und würde das auch niemals tun. Kann ich jetzt gehen?«
Sie nehmen Julian noch eine weitere Stunde in die Zange, doch er lässt sich kein Geständnis entlocken. Es bringt auch nichts, dass Lois andeutet, die Vergewaltigung könne der Grund für den Mord an David Hoogland gewesen sein und Julian selbst drohe eventuell auch Gefahr, falls er doch beteiligt war. Schließlich müssen sie ihn, wenn auch widerwillig, gehen lassen.
21
Es sieht so aus, als würde es wieder keine weißen Weihnachten geben, auch wenn in den Liedern im Radio der Schnee ununterbrochen leise rieselt. Die Schaufenster sind mit Tannengrün und Weihnachtskugeln festlich dekoriert, und Lois’ Briefkasten quillt täglich über von Werbeprospekten.
Sie selbst ist alles andere als vorweihnachtlich gestimmt. Wenn sie spätabends von der Arbeit nach Hause kommt, legt sie sich meistens gleich hin und fällt in einen fast komatösen Schlaf.
Die dunklen Tage und auch viele Abende hat sie damit verbracht, die Unterlagen zum Mordfall Hoogland immer wieder aufs Neue zu lesen. Sie und Fred haben
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