Was sie nicht weiss
Essbereich befinden, ist es wegen der herabgelassenen Markise angenehm dämmrig.
Auf der ansonsten leeren Küchenarbeitsplatte steht eine Blechdose mit Schlüsseln. Tamara nimmt einen davon und steckt ihn ins Schloss der Hintertür. Er passt – gleich beim ersten Versuch Glück gehabt!
Sie geht ins Freie, holt ihre Tasche und schließt wieder sorgfältig hinter sich ab.
Dann füllt sie den Wasserkocher und stellt ihn an. Als das Wasser kocht, gießt sie Tee auf und nimmt eine Tasse mit nach oben. Im Arbeitszimmer schaltet sie den Computer an. Während er hochfährt, durchsucht sie die Schreibtischschubladen nach einem Notizbuch, in dem das Passwort vermerkt sein könnte.
Ein leichtes Schwindelgefühl im Kopf zeigt an, dass Maaike wieder die Kontrolle übernehmen will, aber dafür ist jetzt der absolut falsche Zeitpunkt.
»Später, Maaike«, flüstert sie vor sich hin. »Du verdirbst mir das nicht!«
Mit aller Macht versucht sie, die Oberhand zu behalten – ließe sie zu, dass Maaike jetzt die Regie übernimmt, würde der Plan nicht aufgehen, der letztlich ihnen beiden nutzen soll. Ohne sie, Tamara, wäre Maaike ein seelisches Wrack. Sie und auch Stefanie haben sie all die Jahre geschützt. Wenn Maaike könnte, würde sie sich lieber heute als morgen von mir befreien, denkt Tamara, dabei mache ich das doch alles nur, um ihr zu helfen.
Sie richtet den Blick auf den Monitor und stellt erstaunt fest, dass der Computer nicht mit einem Passwort gesichert ist. Sie klickt Facebook an; auch hier ist kein Passwort nötig – anscheinend hat Helen sich beim letzten Mal nicht richtig ausgeloggt. Helen, die ihre Freundschaftsanfrage abgewiesen hat …
Sie überfliegt die neuesten Meldungen. Nichts von Belang. Wesentlich interessanter sind die Nachrichten, vor allem jene von Remco. Tamara beginnt zu lesen und lächelt siegesgewiss.
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»Tamara hat sich also auf Facebook rumgetrieben«, sagt Fred, als sie wieder im Auto sitzen. »Auf diese Weise hat sie die ganze Clique aufgespürt.«
»Und herausgefunden, was die Leute heute machen. Ich versteh nicht, dass so viele ignorieren, wie gefährlich es sein kann, buchstäblich jeden Schritt zu posten, den sie tun.«
»Du bist doch auch auf Facebook. Warum machst du eigentlich bei dem Unsinn mit?«
Lois zuckt die Schultern. »Weil es letztlich kein Unsinn ist«, antwortet sie. »Es macht Spaß, man findet Bekannte von früher wieder und kann mit Leuten Kontakt halten, die man nicht mehr sieht, weil man keine Zeit hat. Aber ich habe sämtliche Sicherheitseinstellungen aktiviert. Und poste bewusst nur bestimmte Dinge.«
»Man muss aber doch nicht mit allen, die man je gekannt hat, in Kontakt bleiben. Mir wäre das zu stressig.«
»Man muss nicht, aber man kann.« Lois schweigt kurz und fügt dann hinzu: »Auf Facebook tausche ich mich auch noch mit Brian aus.«
»Sieh an.«
»Wie meinst du das?«
»Tja, vernünftig finde ich es nicht gerade.«
»Und warum nicht?«
»Weil du so die Trennung nie überwinden wirst. Wenn es aus ist, ist es aus. Man suhlt sich eine Weile in seinem Liebeskummer, dann wendet man sich Neuem zu.«
»Vielleicht hast du recht. Aber anfangs war es mir ein Trost, dass er nicht ganz aus meinem Leben verschwunden war, dass ich auf Facebook sehen konnte, was er so macht.«
»Und mit wem«, ergänzt Fred.
Wider Willen muss Lois lachen. »Das auch«, gibt sie zu. »Und wenn ich einen Verdacht habe, schlafe ich schlecht.«
»Hör auf damit. Mit Facebook, Twitter und all dem Kram. Lass es einfach. Außer einem virtuellen Sozialleben bringt es nichts, oder?«
Wortlos holt Lois ihr Smartphone hervor.
»Was machst du da?«
»Ich folge Remco Leegwater auf Twitter, seit wir mit ihm gesprochen haben, und kontrolliere, ob er etwas schreibt, das Tamara auf seine Spur locken könnte. Bisher hat er das nicht gemacht. Und gerade eben ist mir eingefallen, dass ich ja sehen kann, ob Tamara ihm ebenfalls folgt.«
»Wie, das kann man sehen?«
»Ja, guck mal. Das hier sind seine Follower.« Lois scrollt die Liste entlang. »Sie ist nicht dabei«, stellt sie fest, »jedenfalls nicht als Maaike oder Tamara. Es kann aber sein, dass sie einen Nickname verwendet.«
»Und wie ist das bei Facebook?«
»Da kannst du auch unter einem anderen Namen ein Profil anlegen. Aber nur auf Twitter können andere sich einfach als Follower eintragen. Bei Facebook muss man erst eine Freundschaftsanfrage schicken, die entweder akzeptiert oder abgelehnt wird. Es gibt aber auch
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