Was sie nicht weiss
Profile, bei denen man auf Facebook relativ viel sehen kann, selbst wenn man nicht mit den Leuten befreundet ist.«
»Mit Freundschaften hat Tamara wohl eher nichts am Hut«, meint Fred trocken.
Lois lacht. »Unter einem anderen Namen vielleicht schon. Ich rufe Silvan an, der soll sich alle Follower von David, Julian und Remco vornehmen und die Listen auf Übereinstimmungen prüfen.« Mit flinken Fingern sucht sie seine Nummer und führt ein kurzes Telefongespräch.
Sie sind gerade auf die A9 gefahren, als ein Rückruf kommt.
»Hier Silvan. Ich bin noch nicht ganz durch, habe aber einen Namen gefunden, der euch interessieren wird. Leegwater hat sowohl auf Facebook als auch auf Twitter Kontakt mit Helen Groenenwoud. Die war doch früher seine Freundin.«
»Sei so nett und vergleiche Helens Follower und Freunde mit denen der drei Männer, ja?«
»Wird gemacht. Sie hat nicht besonders viele Twitter-Follower, nur neunundsechzig. Dafür aber jede Menge Facebook-Freunde.«
»Kannst du bitte auch prüfen, ob jemand sich bei ihr nach Remco erkundigt hat? Vielleicht haben wir Glück, und sie hat ihr Profil so eingestellt, dass viel freigegeben ist. Er ist bei einem Freund untergekrochen, nachdem wir ihn gewarnt haben. Womöglich hat er Helen anvertraut, wo er jetzt ist.«
»In Ordnung, ich kümmere mich drum. Bis später.«
Lois steckt das Telefon weg und wirft Fred, der mit gerunzelter Stirn am Steuer sitzt, einen Seitenblick zu. »Helen Groenenwoud ist doch verreist, oder?«
»Ja, sie arbeitet als Stewardess. Wir wollten mit ihr Kontakt aufnehmen, sobald sie wieder im Lande ist.«
»Vermutlich will Tamara das auch, um zu erfahren, wo ihr letztes Opfer sich aufhält.«
Sie sehen einander an.
»Das ist es«, sagt Lois langsam. »So kommen wir an sie heran! Falls Helen weiß, wo ihr Exfreund sich versteckt hält, wird sie das keinesfalls auf Facebook preisgeben, also muss Tamara versuchen, sie persönlich zu sprechen.«
»Wir müssen diese Helen unbedingt vor ihrer Rückkehr erreichen, egal wo sie gerade ist. Nach ihrer Landung soll sie wie üblich nach Hause gehen. Ich bin sicher, dass Tamara dann nicht lange auf sich warten lässt.« Mit grimmiger Miene tritt Fred das Gaspedal durch und wechselt auf die Überholspur. »Und wir sorgen dafür, dass ein Empfangskomitee bereitsteht.«
46
Sie befindet sich in einem ihr fremden Zimmer. Die Hände auf der Platte des Esstischs, sitzt sie regungslos da und sieht sich um. Nichts in dem großen Raum kommt ihr auch nur entfernt bekannt vor.
Nervös spielt sie an ihrem silbernen Ring herum, ihre Finger zittern.
Ein Blick auf die Armbanduhr verrät, dass später Nachmittag ist. Wieder fehlt ihr ein ganzes Stück Zeit.
Sekundenlang schließt sie die Augen, weil die Müdigkeit sie übermannt. Es ist so anstrengend, immer wieder herausfinden zu müssen, was in der Zwischenzeit geschehen ist.
Jeder Mensch hat seine dunkle Seite. Ihre heißt Tamara, und sie hat keinerlei Kontrolle über sie. Aber heißt das auch, dass sie für Tamaras Taten nicht verantwortlich ist? Nein, und deshalb ist sie gezwungen, mit ihr zu fliehen.
Es könnte ja sein, dass Tamara sich bei Bekannten eingenistet hat, überlegt Maaike. Sie wüsste zwar nicht, wer das sein sollte, aber was weiß sie letztlich von Tamaras Leben?
Nach einer Weile überwiegt die Neugier das ungute Gefühl. Sie steht auf.
Plötzlich denkt sie an Daniela. Ob sie sich in der Zwischenzeit gemeldet hat? Vielleicht hat sie angerufen und Tamara erreicht. Wenn das der Fall ist, schickt sie in Zeitabständen mehrere SMS , bis Maaike die Nachrichten wieder lesen kann.
Maaike sucht ihr Handy, findet es aber nirgends, nicht in den Jeans und auch nicht in der Innentasche der Jacke. Wo ist es bloß hingekommen?
Mit wachsendem Unbehagen sieht sie sich genauer um. Weil die Jalousien herabgelassen sind, ist es ziemlich dunkel im Zimmer. Kurz ist Maaike versucht, sie zu öffnen, lässt es aber sein. Bestimmt sind sie nicht ohne Grund geschlossen. Ihr fällt auf, dass die Luft etwas muffig ist, so als wäre längere Zeit nicht gelüftet worden.
Sind die Hausbewohner verreist? Maaike zieht eine Kommodenschublade auf, um nach etwas zu suchen, das Aufschluss über ihre Identität gibt. In dem Moment hört sie ein Klappern, der Schreck fährt ihr in die Glieder. Doch dann ist es wieder still.
Als sie sich einigermaßen gefasst hat, geht sie auf Zehenspitzen zur Tür und lugt in den Flur. Vor der Haustür häufen sich Prospekte und Briefe.
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